Josef VotziJosef Votzi/PULS 24

Stimmungstest für Rendi-Schutzherr Ludwig

Die Parteiführung tut alles, um den Dreikampf um die SPÖ-Spitze zu einem "Stimmungsbild" downzugraden. Die Basis-Befragung wird aber ungewollt auch zum Stimmungstest im SPÖ-Powerplay: Bundesländer-Rote gegen rotes Wien.

Harald "Harry" Kopietz ist nicht gerade jemand, der  sich als Role model ins Lehrbuch "So werde ich ein gewinnender Kommunikator" aufdrängt. Der  "Maitre de Plaisir" der Häupl-Partie im Wiener Rathaus strahlt in Wort und Bild ungeschminkt aus wofür jahrzehntelang als Schwergewicht der Wiener SPÖ stand: Als einer, der ohne Wenn und Aber sagt, wo es lang zu gehen hat. Widerspruch weder gewohnt ist noch duldet. 

Langjährige Mandatare erzählen noch heute mit einer Mischung aus Schaudern und Schwärmen, wie Kopietz’s Vorbilder in der "Löwelstraße" die SPÖ einst führten. Da agierten nicht alerte Parteimanager, sondern machtbewusste Zentralsekretäre. 

Ein Anruf genügte, um den Ausschluss eines aufmüpfigen Jusos aus seiner Bezirksorganisation zu sistieren. Ein Anruf genügte, um die Anstellung eines nicht hundertprozentigen Genossen als dritter Redakteurs-Zwerg von links in der Zeit-im-Bild-Redaktion zu verhindern.

Überkommenes Allmachtsbewusstsein

Dieser Geist weht bis heute durch die verwinkelten Gänge des SPÖ-Hauptquartiers. Auch wenn sich heute in-  und außerhalb der Parteizentrale immer weniger  darum scheren, was "die Löwelstraße" an Orders ausgibt. 

Zu einer Mitglieder-Befragung konnten Rendi-Wagner & Co freilich von Anfang an nicht Nein sagen:

a) Weil sie vor zwei Jahren dieses Instrument selber erstmals angewandt hatte, um sich - freilich nur kurzfristig -  als Parteichefin einzuzementieren.

Und b) weil die Rendi-Gegner eine solche auch per Unterschriftenaktion erzwingen hätte können und damit einen noch größeren Startvorteil gehabt hätten.

Befragung zum Chaos "niederadministrieren"

Das Kuckucksei, das ihr der Dauer-Störenfried aus dem Burgenland ins Nest gelegt hatte, versuchte die SPÖ-Zentrale aber vom ersten Tag an in finsterer Bürokraten-Manier "niederzuadministrieren".

Erst wurden seitens der Löwelstraße die Weichen so gestellt, dass sich jedes Parteimitglied als möglicher Parteichef auf die KandidatInnen-Liste setzen lassen konnte. Als diese dann auf über 70 Bewerber (inklusive Giraffe) explodierte, drohte das Chaos seine Erfinder massiv zu beschädigen. Die SPÖ-Granden zogen die Notbremse und Minimalhürden ein.

Damit ist der Spuk zwar vorbei. Das wochenlang prägende Bild des Durcheinanders und Gegeneinanders bleibt.

"Unparteiischer" SPÖ-Wahlleiter: "Bundeskanzlerin" Rendi-Wagner 

Der Manager der Befragung, Harry Kopietz, will sich nun gar besonders unparteiisch geben und auf seine Stimmabgabe verzichten. Bei der Präsentation des Stimmzettels spielte dem Granden der Wiener SPÖ, die sich offiziell auf   Rendi-Wagner eingeschworen hat, entweder  sein Unterbewusstsein einen Streich oder er provozierte bewusst. Kopietz sprach mehrmals von "Bundeskanzlerin" Rendi-Wagner, die als erste auf dem "Stimmungs-Befragungsbogens" (Kopietz) stehen wird.

Den obersten Parteibürokraten Christian Deutsch und Harry Kopietz ist es extrem wichtig, gebetsmühlenartig zu betonen: 

Die SPÖ-Basis stimmt nicht über ihren künftigen Chef oder Chefin ab, es wird lediglich ein "Stimmungsbild" erhoben.

Wunschbild: Sich kannibalisierende Gegenkandidaten 

Das befeuert allerdings inzwischen nicht nur einen, sondern gleich zwei Widersacher von Pamela Rendi-Wagner. Der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil hatte es zwar von langer Hand auf ein Duell mit der amtierenden SPÖ-Parteichefin angelegt. Mit Ende des von der Parteiführung inszenierten Spuks von  Dutzenden sich kannibalisierenden Gegen-Kandidaten von Rendi-Wagner  ist nun endgültig ein Dreikampf geworden. 

Der als Außenseiter angetretene Andreas Babler sucht sich für entwurzelte Sozialdemokraten als Seelenwärmer breit zu machen.

Gibt Wien weiter in der SPÖ den Ton an?

Im innerparteilichen Powerplay verfestigt sich zudem das Bild: Die Mitgliederbefragung  wird auch zum Stimmungstest, ob in der SPÖ weiterhin die Wiener Partei den Ton angibt. Oder ob Michael Ludwig diese Rolle künftig mit einer jüngeren Garde vom Bundesländer-Genossen teilen oder gar an diese abgeben muss.

Die Parteichefs in Ober- und Niederösterreich, Salzburg und Tirol, Michael Lindner, Sven Hergovich, David Egger & Georg Dornauer sind gerade dabei, sich als Gruppe innerhalb der SPÖ-Führungsriege zu formieren. Sie haben, als von einer Kandidatur von Andreas Babler noch keine Rede war, sich allesamt mehr oder weniger offen als Anhänger von Hans Peter Doskozil deklariert. 

Josef Votzi ist Kolumnist des Magazin "Trend" und Kommunikationsberater (www.linkedin.com/in/josef-votzi)

Seine wöchentliche Kolumne "Politik Backstage" jeden Freitag neu auf trend.at

ribbon Zusammenfassung
  • Die Parteiführung tut alles, um den Dreikampf um die SPÖ-Spitze zu einem "Stimmungsbild" downzugraden.
  • Die Basis-Befragung wird aber ungewollt auch zum Stimmungstest im SPÖ-Powerplay:
  • Bundesländer-Rote gegen rotes Wien.