Inflation und Mieten: Was Sie darüber wissen müssen
Was ist Inflation überhaupt?
Butter, Tanken, Heizen, Wohnen - das Leben wird teurer. Der Grund dafür sind steigende Preise, also die Teuerung. Das ist eine Folge der Inflation, ein Begriff, der aus dem Lateinischen kommt und so viel wie "aufblähen" bedeutet. Eine steigende Inflationsrate bedeutet, dass das Geld weniger wert wird und man um die gleiche Menge Geld weniger kaufen kann. Die Kaufkraft des Geldes sinkt.
Kurze Preisschwankungen sind noch keine Inflation. Erst wenn die Preise für eine bestimmte Anzahl von Produkten oder Dienstleistungen steigen, handelt es sich um Inflation. Der gesamte Markt muss betroffen sein.
Meist wird für die Bemessung die Inflationsrate in Prozent herangezogen. Dafür wird der Verbraucherpreisindex (VPI) verwendet. Dabei handelt es sich um einen fiktiven Warenkorb, der ausgewählte Güter und Dienstleistungen enthält, die ein durchschnittlicher Haushalt konsumiert. Die durchschnittlichen Preisentwicklungen dieser Güter und Dienstleistungen werden gemessen und mit den Entwicklungen aus dem Vorjahr verglichen. Die Differenz ist die Inflationsrate.
Wie hoch ist die Inflation in Österreich?
Spätestens mit dem Angriff Russlands auf die Ukraine stieg die Inflationsrate. Nach zwei rückläufigen Monaten ist die Inflation in Österreich nun im Jänner erneut gestiegen und lag bei 11,2 Prozent. Um diesen Wert sind also die Preise der Waren und Dienstleistungen im Warenkorb des VPI im Durchschnitt gestiegen. Das ist ein Höchststand seit dem Jahr 1952. Damit wurde auch der höchste Stand des Vorjahres von elf Prozent im Oktober leicht übertroffen. Innerhalb von zwei Jahren ist das Preisniveau sogar um 16,7 Prozent gestiegen.
Österreich liegt dabei über dem Schnitt in der Eurozone: Im Gegensatz zu Österreich ist die Inflation in der gesamten Eurozone im Jänner auf 8,5 Prozent gesunken.
Was führt zu Inflation?
Es gibt eine Reihe von Faktoren, die zu hohen Inflationsraten führen können. Höhere Rohstoffpreise werden etwa an Konsument:innen weitergegeben - der Krieg in der Ukraine und die Sanktionen gegen Russland ließen etwa die Preise für Gas und Öl steigen. Auch die Preise für Weizenm Holz oder Stahl stiegen an.
Ebenfalls inflationstreibend ist es, wenn es bei bestimmten Gütern oder Dienstleistungen eine höhere Nachfrage als Angebot gibt. Bei Lieferschwierigkeiten etwa - wie es sie ebenfalls durch Russlands Angriffskrieg oder durch die strenge Corona-Politik Chinas bei manchen Produkten gab - steigen die Preise.
Eine andere Ursache kann in der Geldmenge gefunden werden, die im Umlauf ist. Wenn die Geldmenge steigt, aber das Angebot an Gütern und Dienstleistungen nicht, wird das Geld weniger wert bzw. die Preise steigen.
Welche Produkte wurden besonders teuer?
Im Jänner war es erneut vor allem die Haushaltsenergie, die die Preise nach oben getrieben hat. Gas verteuerte sich im Jahresabstand um 98,4 Prozent, Strom um 13,7 Prozent. Aber auch Lebensmittelpreise stiegen deutlich. Der sogenannte Mikrowarenkorb, der den täglichen Einkauf widerspiegelt, stieg um 16,8 Prozent. Lebensmittelpreise stiegen um 18 Prozent.
Wer ist von der Inflation schwerer betroffen?
Haushalte mit geringem Einkommen sind von der Inflation besonders betroffen. Sie geben einen höheren Anteil des ihnen zur Verfügung stehenden Geldes für lebensnotwendige Dinge aus. Sie wohnen etwa eher in Mietwohnungen, wodurch sie steigende Mietpreise besonders treffen. Auch Menschen, die in der Stadt wohnen, sind daher eher betroffen und Frauen - sie leben eher in einkommensschwachen Haushalten. Ihre persönliche Inflationsrate können Sie sich hier berechnen lassen.
Was hat das nun alles mit den Mieten zu tun?
Wie schon erwähnt, sind Menschen, die zur Miete wohnen, eher von der Teuerung betroffen. In so gut wie allen Mietverträgen ist festgelegt, dass die Miete mit der Inflation steigt. Laut Elke Hanel-Torsch, der Vorsitzenden der Mietervereinigung, stiegen die Neubeitritte bei der Mietervereinigung seit Jahresbeginn um 30 Prozent. Die Nachfragen von besorgten Menschen steigen. "Die Menschen können sich das Wohnen nicht mehr leisten", sagt sie. Ein knappes Viertel der Bevölkerung rechnet laut Statistik Austria schon in den nächsten drei Monaten mit Zahlungsschwierigkeiten bei der Miete.
Elke Hanel-Torsch fordert maximal zwei Prozent Mieterhöhung
Mieten sind in der Regel an den Verbraucherpreisindex (VPI) gebunden. Sie sind aber gleichzeitig im Warenkorb enthalten. Die Mieten steigen bei hoher Inflation, hohe Mieten lassen aber auch die Inflation steigen. Die Mieten selbst haben mit 5,5 Prozent ein hohes Gewicht im Verbraucherpreisindex. Dieses Phänomen nennt man Mietpreis-Spirale.
Steigen alle Mieten gleich?
Das Mietrecht in Österreich ist kompliziert - es kommt auf den einzelnen Vertrag an (und ob dieser von Vermieter:innen eingehalten wird): Im Kategoriemietensystem darf die Miete erst angehoben werden, wenn die Inflationsrate fünf Prozent übersteigt. Das betrifft vor allem sehr alte Verträge - das Gesetz trat 1982 in Kraft.
1994 trat das Richtwertsystem in Kraft. Es betrifft Altbauten, die vor dem Zweiten Weltkrieg erbaut wurden und somit vor allem Städter. Alle zwei Jahre findet hier die Inflationsanpassung Anfang April statt - deswegen droht hunderttausenden Haushalten in einem Monat eine Erhöhung um 8,6 Prozent.
Bei Wohnungen in Nachkriegsbauten wiederum gilt gar kein Preisdeckel. Die Miete kann frei vereinbart werden. Für öffentlich geförderte Wohnungen wie Gemeindebauten gelten wiederum andere Regeln.
Was lässt Mietpreise sonst noch steigen?
Die Mietpreise steigen aber nicht nur mit der Inflation, sie steigen teilweise stärker als die Inflation. Wegen der Mietpreis-Spirale (siehe oben) trieben die Mieten die Inflation also sogar weiter an. Wenn Mieter:innen etwa nicht so lange in einer Wohnung bleiben und die Wohnung öfter am Markt landet, kann der Mietzins öfter erhöht werden. Dazu tragen auch befristete Mietverträge bei, wie etwa das Momentum Institut berechnete.
Was hilft gegen Inflation?
Geht es um hohe Inflation, wird oft nach der Europäischen Zentralbank (EZB) und dem Leitzinssatz gerufen. Im Juli hat hat die EZB diesen auf drei Prozent erhöht. Zinsen gelten als wichtiges Mittel, um die Wirtschaft zu steuern. Bei niedrigen Zinsen steigt die Kreditnachfrage und der Konsum, höhere Zinsen gelten als Inflationsbremse. Obwohl die Zinsrate bereits gehoben wurde, stieg die Inflationsrate aber dennoch an. Die Zinsrate wirkt sich demnach derzeit kaum auf die Ursachen der Inflation - wie etwa die Energiepreise - aus. Heizen muss man, das ist keine Konsumentscheidung. Im März könnte aber ein weiterer Schritt auf dann 3,5 Prozent folgen.
Was ansonsten helfen könnte - da gehen die Ideen weit auseinander. Spanien hatte im Jänner 5,9 Prozent die zweitniedrigste Inflationsrate in der EU. Die linke Regierung setzte etwa die Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel für sechs Monate aus. Öffis wurden teils gratis und man führte eine Miet-, eine Gas- und eine Strompreisbremse ein.
Mehr dazu:
Am niedrigsten war die Inflationsrate mit 4,8 Prozent in Luxemburg. Auch im Großherzogtum gibt es einen Gaspreisdeckel, der den Preisanstieg für Haushalte bis Ende 2023 auf 15 Prozent begrenzen soll. Ein Strompreisdeckel soll die Preise auf dem Niveau von 2022 halten. Die Mehrwertsteuersätze wurden für das Jahr 2023 vorübergehend um ein Prozent gesenkt, zudem gibt es mehrere Steuergutschriften und Hilfen fürs Heizen.
Was hat Österreichs Regierung gemacht?
Auch Österreich hat eine Strompreisbremse, setzte sonst aber vor allem auf Maßnahmen, die in die Preisentwicklungen nicht direkt eingreifen. Durch Förderungen und Einmalzahlungen sollen soziale Härtefälle und Haushalte mit geringeren Einkommen entlastet werden. Es gab einen Energiekostenzuschuss für Unternehmen, die kalten Progression wurde abgeschafft, es gab einen erhöhten Klimabonus von 500 Euro, dazu Steuervergünstigungen für Pendler und höhere Zuschüsse für Familien. Davor gab es diverse Corona-Hilfen.
Die Maßnahmen scheinen einkommensschwachen Personen zwar vorerst entlastet zu haben, doch an der Preissteigerung änderten sie wenig. Im Gegenteil: Expert:innen kritisieren, dass die Zahlungen "mit der Gießkanne" erfolgten. Auch Menschen, die sie gar nicht so dringend gebraucht hätten, profitierten teilweise davon. Laut Wifo-Chef Gabriel Felbermayr erhöhe das deren Liquidität und deren Nachfrage, was wiederum inflationstreibend wirke.
Da nun im April eine Erhöhung der Richtwertmieten ansteht (siehe oben), wurde der Ruf nach einer weiteren Maßnahme laut: Einer Mietbremse - zumindest für Altbauten. Die ÖVP ließ eine solche jedoch platzen.
Braucht es eine Mietpreisbremse?
"Ja", sagt Ökonom Oliver Picek vom Momentum Institut. Eine Mietpreisebremse wäre "sehr, sehr wichtig". Länder wie Spanien, Portugal, Frankreich oder Dänemark hätten eine solche Bremse. Dort würde man sehen, dass dadurch die Teuerung "insgesamt" gedämpft werde.
Ökonom Picek fordert eine Mietpreisbremse
Der Wifo-Wohnbauökonom Michael Klien wiederum gibt sich vorsichtiger: Eine Anpassung an die Inflation sei für die Haushalte "schwer zu verkraften", aber die Vermieter:innen könnten bei einer zu geringen Abgeltung der Inflation die Wohnungen in Eigentum umwandeln und verkaufen. Picek widerspricht: Das Mietrecht würde Mieter:innen davor schützen.
Sollte sich die Regierung nicht doch noch einig werden, könnten auch die Länder einspringen, sagt Klien. Sie könnten mit Wohnbeihilfen und über die Mindestsicherung helfen. Das wäre eine andere Möglichkeit.
Michael Klien über die Mietpreisbremse
Da die Richtwertmieten aber ohnehin nur ein Segment am Mietmarkt sind und vor allem Altbauten betreffen, fordert Elke Hanel-Torsch von der Mietervereinigung neben der Richtwertmietbremse ein umfassendes Paket: Um aus der Mietpreis-Spirale auszusteigen, brauche es ein Mietrecht, das alle Wohnungen betrifft, den Stopp des Lagezuschlags, ein Ende von befristeten Verträgen und Strafen für Vermieter:innen, die sich nicht an das Mietrecht halten.
Zusammenfassung
- Hunderttausende Mieten werden im April um 8,6 Prozent steigen.
- Schuld sind die hohe Inflation und die Regierung. ÖVP und Grüne konnten sich nicht auf eine Mietpreisbremse einigen.
- Aber warum steigt die Inflation überhaupt, was hat das wiederum mit den Mieten zu tun und würde eine Bremse helfen?