"Foul an Einwohnern": Experten kritisieren Amtsgeheimnis-Reform
Dass Gemeinden mit weniger als 5.000 Einwohnern von der proaktiven Veröffentlichungspflicht ausgenommen sind, sei "ein Foul an ihren Einwohnern", befand Mathias Huter vom "Forum Informationsfreiheit" in einer ersten Einschätzung. Verwaltungsjurist Peter Bußjäger sah die Unterscheidung als diskriminierend für Bürger in kleineren Gemeinden.
Der Teufel liegt im Detail
Grundsätzlich begrüßte das "Forum Informationsfreiheit", dass es nun einen neuen Regierungsentwurf für ein Informationsfreiheitsgesetz gibt. "Jede Bewegung ist positiv, die Politik ist uns schon seit zehn Jahren im Wort", schreibt Huter in einer Stellungnahme. Der Teufel liege aber im Detail. Besonders stört Huter, dass jedes Bundesland verhindern könne, dass das Gesetz in Zukunft geändert werden könne - eine "Ewigkeitsklausel", kritisiert er. Die Reformierbarkeit müsse aber unbedingt gewahrt bleiben.
Außerdem macht Huter auf Paragraf 10 zu von Anfragen betroffenen Personen aufmerksam. Greift demnach die Erteilung der Information in die Rechte eines anderen ein, "hat das zuständige Organ diesen davor nach Möglichkeit zu verständigen und zu hören", heißt es dort. Nachdem die Regelung nicht vorsehe, dass Behörden die Identität des Anfragestellers schützen, "ist dies eine Gefahr für die Medienarbeit und würde Interventionen bei laufenden Recherchen begünstigen", befürchtet Huter.
Bürger müssen sich "mit ihrem Bürgermeister anlegen"
Informationen von allgemeinem Interesse müssen von staatlichen Organen künftig auch proaktiv veröffentlicht werden. Diese sollen auf einer Website öffentlich zugänglich gemacht werden. Gemeinden und Gemeindeverbände bis zu einer Grenze von 5.000 Einwohnern sind von der proaktiven Veröffentlichungspflicht allerdings ausgenommen. Huter kritisiert, dass Bürger kleiner Gemeinden sich also "mit ihrem Bürgermeister anlegen" müssten für Informationen, zu deren Herausgabe andere Bürgermeister von sich aus verpflichtet sind.
Über 1.800 Gemeinden mit insgesamt mehr als 3,4 Millionen Einwohnern seien von der proaktiven Veröffentlichungspflicht ausgenommen, erklärte auch Verwaltungsjurist Bußjäger. "Ich sehe auch nicht unbedingt die große Entlastung für diese Gemeinden, wenn sie eben die Informationen von allgemeinen Interesse nicht auf die Plattform hochladen müssen.
Es sind doch auch relativ viele Bürgerinnen und Bürger davon betroffen", meinte er im Ö1-"Morgenjournal". Es komme so "zu der kritischen Differenzierung, dass die Leute am Land weniger Anrecht auf Informationen haben als solche in der Stadt oder in einer größeren Gemeinde", bemängelte er in der "Tiroler Tageszeitung" (Freitag-Ausgabe).
"Eine große Enttäuschung"
Auch Verfassungsjurist Heinz Mayer bewertete den Entwurf im "Morgenjournal" kritisch: "Es ist eine große Enttäuschung." Das Amtsgeheimnis werde damit zwar aus dem Gesetz gestrichen, alle Geheimhaltungsgründe blieben aber aufrecht. "Und es bleibt vor allem, und das ist das Schlimmste, der Behörde überlassen, die über die Informationen verfügt, darüber zu entscheiden, ob eine Verschwiegenheitsverpflichtung vorliegt oder nicht. Das haben wir jetzt schon und das ist natürlich auch übel."
Zusammenfassung
- Kritik am Entwurf zum Informationsfreiheitsgesetz, mit dem das Amtsgeheimnis reformiert werden soll, kommt von Experten.
- Dass Gemeinden mit weniger als 5.000 Einwohnern von der proaktiven Veröffentlichungspflicht ausgenommen sind, sei "ein Foul an ihren Einwohnern", befand Mathias Huter vom "Forum Informationsfreiheit" in einer ersten Einschätzung.
- Verwaltungsjurist Peter Bußjäger sah die Unterscheidung als diskriminierend für Bürger in kleineren Gemeinden.