Gewessler prescht ohne ÖVP vor: Energieversorger sollen mehr Gas einspeichern
Die Maßnahmen, die Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) am Freitag präsentierte, sind mit der ÖVP nicht abgesprochen. Sie bezeichnet das als Start einer Debatte.
Die Pläne der Ministerin sehen im Konkreten vor, dass österreichische Energieunternehmen die Verpflichtung übernehmen, nicht-russisches Gas in Speichern für die Stromversorgung vorzuhalten - und dafür Unterstützung vom Staat erhalten, aber keine vollkommene Kostendeckung. Schon heute müssten die Energiefirmen für ihre geschützten Kunden Gasreserven einspeichern, dies soll nun auch für das benötigte Gas für die Verstromung gelten.
Gas aus Rumänien und Norwegen
Für die Sicherung von Gas aus Rumänien und Norwegen sollten die entsprechenden Transportkapazitäten gebucht werden. Dies solle eine von der Bundesregierung beauftragte Gesellschaft übernehmen. Bei dem Gas aus Rumänien handelt es sich um das Projekt "Neptun" im Schwarzen Meer. Bis zu 2 Mrd. Euro will OMV-Vorstandschef Alfred Stern in das Vorhaben investieren, sagte er im Mai vorigen Jahres. Eine Entscheidung solle spätestens 2023 fallen, kündigte Stern damals an. Erstes Gas könnte vier Jahre später fließen.
Re-Verstaatlichung mit Stolperfallen
Bei der Übertragung des OMV-Gasgeschäftes an die ÖBAG sollen die bestehenden Verträge mit dem russischen Energiekonzern Gazprom ausgenommen sein, wobei dies nicht der einzige Haken an der Re-Verstaatlichung sein dürfte. Denn bei der OMV redet nicht nur der Staat mit, der lediglich einen Anteil von 31,5 Prozent über die ÖBAG hält. 24,9 Prozent entfallen auf die MPPH (Mubadala Petroleum and Petrochemicals Holding Company) mit Sitz in Abu Dhabi, der Rest ist Streubesitz.
Die Idee einer Verstaatlichung der OMV-Gashandelstochter OGMT ist nicht neu und wurde bereits von Ex-OMV-Boss Gerhard Roiss und dem jetzigen OMV-Chef Alfred Stern im Dezember des Vorjahres ventiliert. Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP), als Eigentümervertreter der ÖBAG, reagierte damals darauf zurückhaltend. Er werde sich in operative Angelegenheiten der OMV nicht einmischen, sagte Brunner Ende des Vorjahres.
Gewessler hat sich für ihre heute präsentierten Pläne den Rat des Energieexperten Walter Boltz und von Roiss geholt. Laut Boltz müssten die Unternehmen rund zehn Terawattstunden einlagern, unterm Stich sollte Österreich 60 Prozent des Gas-Jahresbedarfs in den Speichern haben. Allerdings könne das Gas nicht zur Gänze in Österreich gelagert werden, weil dafür die Speicherkapazitäten zu gering seien. Jedenfalls sollte der Gasvorrat für sechs Monate reichen.
Speicherstände bei 67 Prozent
Derzeit würden die Speicherfüllstände bei rund 67 Prozent liegen - nach 13 Prozent im Frühjahr des Vorjahres. Allerdings seien diese Gasmengen nicht exklusiv für Österreich bestimmt. Zwar seien die Gaspreise deutlich gesunken, allerdings sei die Situation weiter angespannt, so Gewessler vor Journalisten. Ziel sei es, entsprechend den Plänen der EU, bis 2027 vom russischen Gas unabhängig zu werden, denn die "Erpressung" mit Gas habe dramatische Auswirkungen.
Angesprochen darauf, inwieweit die heute präsentierten Maßnahmen mit dem Regierungspartner ÖVP abgesprochen seien, meinte Gewessler, dass dieser wisse, dass ihr Ministerium Vorschläge ausarbeitet. Die heute präsentierten nächsten Schritte zur Gasversorgung seien ein Start in eine Debatte, die weit über den Energiesektor hinaus gehe.
Das Bundesministerium für Finanzen (BMF) unterstütze jede Maßnahme, die zum gemeinsamen Ziel der Bundesregierung beitrage und das Bundesministerium für Klimaschutz im eigenen Wirkungsbereich unterstütze, den Ausstieg aus russischem Gas zu beschleunigen, teilte das BMF mit. Die ÖBAG habe dazu bereits im Dezember eine Studie vorgelegt. "Skeptisch ist das BMF daher nach wie vor, was den konkreten Vorschlag der Herauslösung und Verstaatlichung der OMV-Gastochter OGMT betrifft", merkte das Finanzministerium weiters an.
Zusammenfassung
- Klimaministerin Leonore Gewessler (Grüne) will die Energieversorger bei der Speicherung von nicht-russischem Gas stärker in die Pflicht nehmen und Teile des OMV-Gasgeschäftes in die Staatsholding ÖBAG übertragen.