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Angst vor Diktatur: Proteste gegen Justizreform in Israel dauern an

In Israel haben den neunten Samstag in Folge zehntausende Menschen gegen die geplante Justizreform der Regierung demonstriert. Die Polizei ging hart gegen Protestierende vor.

Die Proteste in Tel Aviv und anderen Städten begannen friedlich. Von der Polizei veröffentlichte Aufnahmen zeigten jedoch später, wie Demonstranten in Tel Aviv Absperrungen durchbrachen und bei Straßenblockaden Feuer entzündeten. Die Polizei setzte Wasserwerfer ein. Medienberichten zufolge gingen in Tel Aviv 160.000 Menschen auf die Straße.

Polizeichef Kobi Shabtai betonte am Samstag, man werde es nicht zulassen, dass die zentrale Verbindungsstraße von Tel Aviv nach Jerusalem erneut blockiert werde. Bei einem Protest in Tel Aviv am Mittwoch war es zu heftigen Konfrontationen gekommen, mehrere Demonstranten erlitten Verletzungen. Es gab Beschwerden über übertriebene Polizeigewalt.

Die Justizreform schreitet trotz heftiger Proteste großer Teile der Bevölkerung immer weiter voran. Nach Plänen der rechts-religiösen Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu soll es dem Parlament künftig möglich sein, mit einfacher Mehrheit Entscheidungen des Höchsten Gerichts aufzuheben. Außerdem sollen Politiker bei der Ernennung von Richtern mehr Einfluss erhalten.

Justizreform hilft Netanyahu  bei Korruptionsprozess

Das Gesetzesvorhaben könnte dem Regierungschef auch in einem Korruptionsprozess in die Hände spielen, der bereits seit längerer Zeit gegen Netanyahu läuft. Netanyahu hatte am Mittwoch für Empörung gesorgt, als er einen Vergleich zwischen den Demonstranten gegen die Reform und gewalttätigen Siedlern zog, die nach einem Anschlag in der palästinensischen Stadt Huwara schwere Zerstörungen angerichtet hatten.

Kritiker sehen durch die Reform die Gewaltenteilung in Gefahr und warnen, dass sich Israel in eine Diktatur verwandeln könnte. Die Regierung argumentiert dagegen, das Höchste Gericht übe derzeit zu viel politischen Einfluss aus.

"The Handmaid's Tale"

Bei den Demonstrationen gegen die Reform sind immer wieder Frauen in langen roten Mänteln und weißen Hauben zu sehen, die sich als Figuren aus der Fernsehserie "The Handmaid's Tale" verkleidet haben. Das erstmals 1985 veröffentlichte Buch "Der Report der Magd" von Margaret Atwood ist eine dystopische Geschichte über eine Diktatur, in der vor allem Frauen unterdrückt werden. Die Demonstrantinnen drücken mit der Verkleidung ihre Angst davor aus, Israel könnte im Zuge der Schwächung der Justiz politisch in eine solche Richtung gehen.

ribbon Zusammenfassung
  • In Israel haben den neunten Samstag in Folge zehntausende Menschen gegen die geplante Justizreform der Regierung demonstriert.
  • Die Proteste in Tel Aviv und anderen Städten begannen friedlich.
  • Bei einem Protest in Tel Aviv am Mittwoch war es zu heftigen Konfrontationen gekommen, mehrere Demonstranten erlitten Verletzungen.
  • Die Justizreform schreitet trotz heftiger Proteste großer Teile der Bevölkerung immer weiter voran.