Zweifel am EuGH an Italiens "Albanien-Modell"
Als erstes EU-Land wollte Italien gewisse Asylverfahren im sogenannten Albanien-Modell in dem Balkanland außerhalb der EU ansiedeln. Die Asylanträge von männlichen Migranten, die im Mittelmeer aufgegriffen wurden, sollten in eigens errichteten Lagern in Albanien geprüft werden. Wer Anspruch auf Asyl hat, darf nach Italien einreisen - abgelehnte Bewerber sollen zurückgeführt werden.
Um Rückführungen zu beschleunigen, hat die italienische Regierung auch eine Liste sicherer Drittstaaten erstellt. Ob sie dazu befugt ist und ob die Liste in dieser Form rechtens ist, ist Kern des Verfahrens am EuGH. Ein Gericht in Rom hatte den EuGH angerufen, weil das italienische Gesetz aus seiner Sicht nicht die Quellen erläutert, auf denen die Einstufung in sichere Länder fußt.
Das Gutachten des Generalanwalts Richard de la Tour ist für die Richterinnen und Richter nicht bindend, im Ergebnis folgen sie ihm aber häufig. Ein Urteil wird im Mai oder Juni erwartet. Einen Termin dafür gibt es noch nicht.
Italien startet wieder mit Internierung von Migranten in Albanien
Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hatte vor kurzem angekündigt, die bisher leeren Lager in Albanien für Rückführungen - quasi als Schubgefängnisse - nutzen zu wollen, obwohl die italienische Justiz die Pläne mehrfach blockiert hatte. Am Donnerstag wurde bekannt, dass am Freitag das erste Schiff Richtung Albanien starten wird. Das italienische Marineschiff "Libra" wird 40 Migranten von Brindisi nach Gjadër in Albanien überführen, bestätigte das Innenministerium.
"Mit dem Protokoll zwischen Italien und Albanien beschreiten wir neue Wege bei der Bewältigung des Migrationsphänomens. Wir werden die albanischen Einrichtungen als Auffanglager für die Rückführung bereits abgeschobener Migranten nutzen", sagte Innenminister Matteo Piantedosi laut Medienangaben vom Donnerstag. In Brindisi gab es Proteste gegen die Überführung nach Albanien.
Andere EU-Länder könnten folgen
Das Urteil des EuGH wird nicht nur in Rom mit Spannung erwartet: Sollte das Modell Grünes Licht bekommen, könnte es in Europa Schule machen. Auch die EU hatte zuletzt Pläne für Zentren in Staaten außerhalb der EU veröffentlicht. Anders als das ursprüngliche "Albanien-Modell" geht es dabei allerdings nur um Rückführungszentren für abgelehnte Asylwerber.
Zusammenfassung
- Ein Gutachten des EuGH-Generalanwalts äußert Zweifel an der Zulässigkeit von Italiens 'Albanien-Modell', das Asylverfahren außerhalb der EU in Albanien ansiedeln will.
- Italien plant, 40 Migranten mit einem Schiff nach Albanien zu überführen, um dort Asylverfahren durchzuführen, was rechtliche Bedenken aufwirft.
- Das Urteil des EuGH, das im Mai oder Juni erwartet wird, könnte wegweisend für andere EU-Länder sein, die ähnliche Modelle in Betracht ziehen.