APA/APA/Heidi Horten Collection

In der Heidi Horten Collection trifft Schiele auf Nosferatu

10. Apr. 2025 · Lesedauer 3 min

Expressive Farben, übersteigerte Gesten, radikale Kompositionen: Kunstschaffende des frühen 20. Jahrhunderts suchten neue Ausdrucksformen für innere Zustände. Die Wiener Heidi Horten Collection widmet sich mit "Experiment Expressionismus" nun der titelgebenden Strömung - mit dem Ansatz, "die gegenseitigen Einflüsse zwischen Malerei, Film und Fotografie" aufzuzeigen, sagte Direktorin Agnes Husslein-Arco am Donnerstag vor Medien. So trifft Egon Schiele auf Nosferatu.

"Wir haben uns gedacht, es wäre interessant, österreichische und deutsche Expressionisten gegenüberzustellen, vor allem auch dem Film und der Fotografie. Das ist ganz neu", betonte Husslein-Arco. "Unterschiede und Parallelentwicklungen des Expressionismus beider Länder werden deutlich", beschrieb Kurator Rolf H. Johannsen die Intention. "Verbindendes Moment ist der Film, das neue künstlerische Medium der damaligen Zeit."

Der Startschuss für den filmischen Expressionismus fiel 1920, als "Das Cabinet des Dr. Caligari" von Robert Wiene mit Conrad Veidt in die Kinos kam, erläuterte Ko-Kurator Roland Fischer-Briand. In der Ausstellung kann man quasi selbst ins Kabinett eintreten: In einem Raum im Raum sind Szenen (Standbilder) aus dem Horrormeisterwerk zu sehen, dazu Architekturentwürfe von Hermann Warm für den Film. Gegenübergestellt ist einem Entwurf Warms für die Stadt Holstenwall (Schauplatz der Handlung) Alfons Waldes Gemälde "Kitzbühel im Schnee". Malerei und Film sollen hier schließlich in den Dialog treten und Parallelen sichtbar werden.

In einem "Kino" ist eine Zusammenstellung von Ausschnitten aus Fritz Langs expressionistischem Science-Fiction-Monumentalepos "Metropolis" zu sehen. Gegenüber der Leinwand kann man das laut Nationalbibliothek, aus deren Sammlung das Objekt stammt, teuerste Plakat der Welt bewundern: Ein Filmposter aus 1926 zu besagtem Klassiker. Weltweit sind davon nur vier Exemplare bekannt, eines erwarb 2012 ein US-Sammler bei einer Auktion um 1,2 Millionen Dollar (gemeinsam mit anderen Memorabilien). Hier lässt sich eine weitere Brücke zwischen den Genres schlagen: Lang und Schiele wurden beide 1890 geboren, der Regisseur schätzte den Maler und besaß mehrere Arbeiten von diesem - etwa das in der Präsentation vertretene Gemälde "Waldandacht".

Hände als Ausdrucksträger

"Experiment Expressionismus" folgt mehreren thematischen Ansätzen, darunter der "Hand als Ausdrucksträger". Arbeiten von Schiele, Kokoschka, Max Oppenheimer oder Lilly Steiner unterstreichen diesen Aspekt ebenso wie die "Klauen" von Nosferatu (übergroß in einer Slideshow an die Wand geworfen) oder Fotografien von Conrad Veidt in "Orlac's Hände" bzw. in denen sich der Schauspieler in einem Wiener Fotostudio als Cesare, seiner Rolle in "Caligari", inszenierte. Weitere Leitmotive sind "Gesicht und Maske", "Stadt und Natur", "Der nackte und bekleidete Mensch". Gut, dass man bei Letzterem im Ausstellungstext darauf hinweist, dass die Wahl von jungen Mädchen als Modelle heute in der Kritik steht.

170 Werke umfasst die genreübergreifende Zusammenstellung, aufbauend auf Gemälden aus dem Bestand der Horten Collection. Positionen deutscher Expressionismus-Vertreter wie Erich Heckel, Ernst Ludwig Kirchner und Emil Nolde treffen auf heimische Protagonistinnen und Protagonisten wie Herbert Boeckl, Helene von Taussig und Helene Funke. In einem der Filmkuben führt eine knapp halbstündige Montage von Szenen aus fünf Stummfilmklassikern - darunter Friedrich Wilhelm Murnaus "Nosferatu - Eine Symphonie des Grauens" und "Orlac's Hände" - zusätzlich die Verbindung von bildender und filmischer Kunst in dieser Stilrichtung vor Augen.

(S E R V I C E - "Experiment Expressionismus" in der Heidi Horten Collection, Hanuschgasse 3, 1010 Wien, 11. April bis 31. August, täglich außer Di 11-19 Uhr, Do 11-21 Uhr; Katalog zur Ausstellung im Verlag für moderne Kunst, 39 Euro, ISBN 978-3-99153-175-3; https://hortencollection.com/)

Zusammenfassung
  • Die Ausstellung 'Experiment Expressionismus' in der Heidi Horten Collection zeigt den Einfluss von Malerei, Film und Fotografie und stellt österreichische und deutsche Expressionisten gegenüber.
  • Ein Highlight ist das teuerste Filmposter der Welt aus 'Metropolis', das 2012 für 1,2 Millionen Dollar versteigert wurde.
  • Die Ausstellung umfasst 170 Werke und läuft vom 11. April bis 31. August in Wien.