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Stopp des Familiennachzugs stößt auf Kritik

10. Apr. 2025 · Lesedauer 3 min

Teils scharfe Kritik schlägt dem Gesetzesentwurf der Regierung zu einem vorübergehenden Stopp des Familiennachzugs entgegen. UNHCR, UNICEF, Rotes Kreuz und NGOs wie die Asylkoordination sprechen sich in der (heute zu Ende gehenden) Begutachtung gegen die geplanten Maßnahmen aus, weil sie Rechte bzw. Bedürfnisse von Kindern geschwächt sehen. Der Verfassungsdienst im Bundeskanzleramt ersucht zumindest um Klarstellungen.

Der Gesetzesentwurf sieht im Wesentlichen vor, dass die Regierung Anträge auf Familiennachzug vorübergehend hemmen kann. Beginnen soll die Pause Mitte Mai dieses Jahres und mindestens ein Jahr dauern. Konkret ist es zwar weiter möglich, bei der jeweiligen Vertretungsbehörde einen Antrag auf Einreise zwecks Stellung eines Antrags auf Familienzusammenführung zu stellen. Doch wird der weitere Verlauf des Verfahrens bzw. die darin enthaltenen Fristen im Regelfall gehemmt, bis die Verordnung zurückgezogen oder geändert wird. Ausnahmen soll es etwa geben, wenn Kinder im Herkunftsstaat keine ausreichenden Bezugspersonen haben. Gleiches gilt für vorgereiste Kinder und Jugendliche, deren im Herkunftsland befindlicher Elternteil die einzige in Betracht kommende Bezugsperson ist.

Das UNO-Flüchtlingshilfswerk UNHCR warnt vor "gravierenden" Folgen der Gesetzesnovelle. Betroffen davon seien zu einem großen Teil Frauen und Kinder, die in der Hoffnung auf ein baldiges Wiedersehen in der Heimat oder in einem Erstzufluchtsstaat zurückgeblieben seien. Wenn eine Zusammenführung auf reguläre Weise nicht möglich sei, würden sie vermehrt auf gefährliche irreguläre Fluchtwege über Land und See ausweichen, um zu ihren Angehörigen zu kommen.

Für UNICEF widerspricht das Gesetz dem Grundsatz des Kindeswohlvorranges sowie weiteren, teils sogar verfassungsrechtlich verankerten, grundlegenden Kinderrechten - wie etwa dem Recht auf Familie, bestmögliche Entwicklung und Entfaltung, Gesundheit sowie Bildung. Das Kindeswohl müsse in Bezug auf den Familiennachzug von und zu geflüchteten Kindern vorrangig beachtet werden.

Das Rote Kreuz bezweifelt, dass in Österreich bezüglich der aktuellen Flüchtlingssituation eine Notlage vorhanden ist, wie sie die Regierung zu erkennen meint. Daher sieht man eine Kollision mit EU-rechtlichen Bestimmungen. Abgesehen davon führe die Maßnahme in vielen Fällen zu Leid, gefährde die Sicherheit und Gesundheit von Familienmitgliedern und wirke sich nachteilig auf die Integration von Flüchtlingen aus.

Seitens der Asylkoordination heißt es, dass der Stopp keine Probleme löse und auch nicht die tatsächlich bestehenden Herausforderungen im Bildungsbereich adressiere. Insgesamt erkennt man eine europarechtliche Verpflichtungen massiv verletzende Maßnahme. Die Volkshilfe wiederum konstatiert einen Widerspruch zur UN-Kinderkonvention sowie zur Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Insgesamt wird die Maßnahme als "populistisches Ablenkungsmanöver" bewertet.

Verfassungsdienst zurückhaltend

Zurückhaltender äußert sich der Verfassungsdienst im Bundeskanzleramt. Denn er sieht die Zuständigkeit zur Prüfung der EU-Konformität beim Innenministerium. Kritisiert werden diverse aus Sicht der Experten unklare Formulierungen. Daher werden in einigen Punkten Konkretisierungen erbeten.

Eine "signifikante" Mehrbelastung durch die Möglichkeit einer Säumnisbeschwerde gegen das Aussetzen des Familiennachzugs befürchtet das Bundesverwaltungsgericht. Mehr Richterstellen würden benötigt.

In den meisten Stellungnahmen kritisch angemerkt wird die kurze Begutachtungsfrist

Zusammenfassung
  • Der geplante Stopp des Familiennachzugs ab Mitte Mai für mindestens ein Jahr stößt auf scharfe Kritik von Organisationen wie UNHCR, UNICEF und dem Roten Kreuz.
  • UNICEF warnt davor, dass das Gesetz grundlegende Kinderrechte verletzt, während das Rote Kreuz eine Kollision mit EU-Recht sieht.
  • Das Bundesverwaltungsgericht befürchtet eine signifikante Mehrbelastung durch mögliche Beschwerden gegen den Gesetzesentwurf.