Über 35.000 bei Demo gegen Rechts in Wien
Trotz Regens herrschte reger Andrang zur Demonstration vor dem Wiener Parlament. Mehr als 35.000 Menschen kamen laut Polizei, um die "Demokratie zu verteidigen". Die Veranstalter sprachen gar von 80.000 Menschen. Zur Demonstration hatte ein breites Bündnis von Organisationen und Parteien aufgerufen.
Anlass war ein rechtsextremes Geheimtreffen in Deutschland, über das "Correctiv" berichtet hatte, an dem auch österreichische Rechtsextreme teilnahmen. In Deutschland gingen vergangene Woche in zahlreichen Städten Hunderttausende auf die Straße - nun folgten auch Wien, Innsbruck und Salzburg.
Was bei dem jüngst bekannt gewordenen Treffen der Rechtsextremen in Deutschland besprochen worden sei, sei keine Überraschung gewesen, sagt Mireille Ngosso von Black Voices Austria bei der Demo in Wien. "Das ist etwas, was wir immer schon befürchtet haben." Viele schwarze Menschen und Menschen mit ausländischen Wurzeln in Österreich hätten Angst. "Manche von uns haben schon die Koffer gepackt oder überlegen, in welches Land sie flüchten könnten", erzählte die SPÖ-Gemeinderätin.
Auch Erich Fenninger, Sprecher der Plattform für eine menschliche Asylpolitik, warnte vor den "Deportationsfantasien" der Rechtsextremen.
"Wir sind so viele"
Unterstützt wurde die Demonstration, die von den Black Voices, Fridays for Future und der Plattform für eine menschliche Asylpolitik organisiert wurde, von einer breiten Front von zivilgesellschaftlichen Organisationen - darunter ÖGB, AK und Caritas - sowie von SPÖ und Grünen. Unter den Teilnehmern waren auch Vertreter der Religionsgemeinschaften und aus dem Kunst- und Kulturbereich. So verlas etwa Schauspielerin Mavie Hörbiger einen Text der Schriftstellerin Elfriede Jelinek.
Zu Wort meldeten sich auch andere prominente Schauspieler wie Cornelius Obonya oder Katharina Stemberger sowie Volkstheater-Direktor Kay Voges. Wenn die FPÖ an die Macht komme, könne dies das Ende der Demokratie bedeuten, warnte Voges in seiner Rede. Aber: "Wir sind so viele, die Pläne von AfD, FPÖ und Identitären ablehnen, so viele, die die Demokratie verteidigen wollen."
Friday for Future-Sprecherin Leila Kriechbaum begründete ihre Teilnahme damit, dass Klimaschutz nur in einer funktionierenden Demokratie umgesetzt werden könne. Antidemokratischen Bewegungen, die noch dazu den Klimawandel leugnen würden, müsse man sich entgegenstellen. Für Musik sorgte die oberösterreichische Sängerin Ina Regen.
Unter den Teilnehmern des Lichtermeers waren auch Politiker wie Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne), SPÖ-Chef Andreas Babler und die Grüne Spitzenkandidatin bei der EU-Wahl Lena Schilling.
Kleinere Zwischenfälle
Die Großdemonstration verlief weitgehend ruhig - zu Öffi-Sperren kam es natürlich. Der Wiener Ring soll zumindest bis 22 Uhr gesperrt sein. Eine kurze Störaktion von Rechtsextremen, die ein Banner auf einem nahen Gebäude hissen wollten, war bei der Demo kaum zu sehen bzw. wurde mit lauten Buh-Rufen übertönt.
Kleinere Debatten dürfte es auch unter Teilnehmer:innen gegeben haben - obwohl die Veranstalter das nicht wollten, kamen Menschen mit Palästina-Fahnen und auch wenige mit Israel-Fahnen. Einmal mussten Polizisten dazwischengehen. Zu gröberen Zwischenfällen kam es nicht.
Tausende demonstrierten in Innsbruck und Salzburg
In Innsbruck nahmen an der Kundgebung am Landhausplatz laut Polizei rund 3.000 Menschen teil. Die Veranstaltung, die unter dem offiziellen Titel "Aufstehen gegen Rechts - Tirol für Demokratie und Vielfalt" firmierte, verlief bis zum frühen Abend bei trübem Regenwetter ruhig, hieß es von der Exekutive. Die beiden Initiatorinnen, Amelie Deniffel und Lea Weichenberger, meinten im Vorfeld, dass "all die Menschen, die heute gekommen sind, beweisen, dass viele Menschen zurzeit dieses Bedürfnis haben und dass es jetzt wichtig ist, sich aktiv und klar gegen Rechtsextremismus zu positionieren."
Demos gegen rechts in Wien, Salzburg und Innsbruck
In der Stadt Salzburg demonstrierten am frühen Freitagabend rund 1.400 Personen bei Regenwetter für "Menschlichkeit, Solidarität und gegen Extremismus". Zahlreiche NGOs hatten zu dem Protest aufgerufen, der für Salzburger Verhältnisse groß ausfiel. Bevor sich der lange Demonstrationszug Richtung Altstadt in Bewegung setzte, warnten Redner und Rednerinnen vor dem Rechtsruck, der nicht nur in Deutschland und Österreich, sondern in der ganzen Welt stattfinde.
Lichtermeer bei Demo gegen rechts
Durch FPÖ-Chef Herbert Kickl hätten rechtsextreme Gruppen wieder an Mut gewonnen, sagte eine Aktivistin der antirassischsten Solidaritätsbewegung Antira Salzburg und warnte vor dem zunehmenden Eingang rechtsextremen Vokabulars in die Sprache. "Wir dürfen rechtsextreme Hetze und Wut aber nicht auf die leichte Schulter nehmen." Die europäischen Asylpolitik entwickle sich allerdings in die falsche Richtung und spiele den Extremisten in die Hände.
Zusammenfassung
- Tausende Menschen sind am Freitag in Wien und anderen Städten auf die Straße gegangen und haben gegen Rechtsextremismus demonstriert.
- Vor dem Parlament in Wien versammelten sich trotz Regens bei einer breit unterstützten Großkundgebung am Abend mehr als 35.000 Menschen, um die "Demokratie zu verteidigen".
- Auch in Innsbruck und Salzburg gab es Protestveranstaltungen, bei denen gegen Rechtsextremismus und Rassismus demonstriert wurde.