Prozess um Schwangerschaftsabbruch in Gewaltbeziehung
"Sie war zu diesem Zeitpunkt in der 38. Woche", berichtete die Staatsanwältin eingangs der Verhandlung. Zum Glück habe die Betroffene das Kind nicht verloren, sie sei inzwischen Mutter eines kleinen Buben. Von ihrem gewalttätigen Partner, mit dem sie 2021 zusammengekommen war, habe sie sich im vergangenen Herbst getrennt.
"Die Beziehung war von Beginn an von Gewalt geprägt", sagte die Staatsanwältin. Mitursächlich sei die Eifersucht des Angeklagten gewesen. Seine Freundin habe kein eigenes Handy benutzen und die Wohnung nicht mehr alleine verlassen dürfen. Der 30-Jährige habe ihr auch den Kontakt zu ihren Eltern und Freunden untersagt. Wenn sie keine Lust auf Sex hatte, habe er sie mit Gewalt zur Duldung gezwungen, weshalb neben fortgesetzter Gewaltausübung (§107b StGB) auch mehrere Vergewaltigungen Bestandteil der Anklage waren.
"Ich habe nie Gewalt angewendet", stellte der 30-Jährige die Vorwürfe in Abrede. Er habe nach seiner letzten Verurteilung "zu Jesus gefunden" und sei seither ein guter Mensch: "Irgendwann war mir mein Leben zu viel. Ich habe erkannt, dass man mit der Liebe und dem Glauben an Jesus zu etwas Gutem kommt. Das hat mir Kraft gegeben."
Mit auf der Anklagebank saß die 50-jährige Mutter des Mannes. Ihr kreidete die Anklagebehörde Freiheitsentziehung und mehrere Körperverletzungen an. Sie soll die Freundin ihres Sohnes in der Wohnung über Stunden eingesperrt haben, wenn dieser nicht anwesend war und die junge Frau die Gelegenheit nutzen wollte, um ins Freie zu entkommen. Wenn sie nicht parierte, soll die 50-Jährige sie an den Haaren gerissen und solcherart gemaßregelt haben. "Ich bin nicht schuldig", versicherte die 50-Jährige. Gott sei ihr Zeuge, "dass ich nichts gemacht habe".
Schon seine vorangegangene Kurzzeit-Freundin, mit der nur einige Wochen liiert war, soll die Eifersucht des Angeklagten zu spüren bekommen haben, indem er handgreiflich wurde, wenn er Verrat witterte. Diese junge Frau stellte der Angeklagte als psychisch labil dar, was sich bei der Zeugenaussage der 28-Jährigen insofern nicht bestätigte, als diese dabei einen sehr stabilen, gefestigten Eindruck machte.
"Wir haben uns zusammen Jesus-Bilder angeschaut und gebetet. Plötzlich hat sie mich umarmt und geküsst", schilderte der Angeklagte, wie er mit der 28-Jährigen zusammengekommen sei. Diese habe "einen Bibelkreis mit meiner Mutter" gebildet. Als sie ihm von gefallenen Engeln und Teufeln sowie Dämonen-Erscheinungen berichtet habe, habe er die Finger von der Frau gelassen.
Die Zeugin wies diese Darstellung des Angeklagten vehement zurück. Sie sei zwar gläubig, träume mitunter Ungewöhnliches, habe aber keine Teufelserscheinungen. Der Angeklagte sei immer sehr eifersüchtig gewesen. Als sie einmal nicht mit ihm schlafen wollte, habe er sie fixiert und zum Sex gezwungen.
Die Frau, die den Kern der Anklage ausmachte, erschien nicht persönlich zur Verhandlung. Sie war im Vorfeld kontradiktorisch vernommen worden. Bevor die Videoaufzeichnung mit ihrer Aussage im Gerichtssaal abgespielt wurde, wurde die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Da das Video mehr als dreieinhalb Stunden dauert, wurde die Verhandlung zur Fortsetzung auf 13. Februar vertagt.
Zusammenfassung
- Ein bereits elfmal vorbestrafter 30-jähriger Mann steht vor dem Wiener Landesgericht, weil er seine Ex-Freundin misshandelt und versucht haben soll, ihre Schwangerschaft in der 38. Woche abzubrechen.
- Die Beziehung, die 2021 begann, war von Anfang an gewalttätig und von Kontrolle geprägt, wobei der Mann seine Freundin in der Wohnung einsperrte und ihren Kontakt zu Familie und Freunden unterband.
- Die 50-jährige Mutter des Angeklagten ist ebenfalls angeklagt, da sie die Freundin ihres Sohnes in der Wohnung eingesperrt und körperlich misshandelt haben soll.