Signa-Pleite könnte Kredit-Rating mehrerer Banken gefährden
Schmelzende Immobilienwerte und Milliardenschulden prägen das Bild der insolventen Signa Holding. Die Profitabilität und die Kreditqualität einiger Banken in Deutschland, Österreich und der Schweiz könnten laut Ratingagentur Moody's könnten durch die Insolvenz belastet werden, zitiert die Nachrichtenagentur Reuters eine Analyse.
Rund 120 Banken sollen Insidern zufolge dem Tiroler Firmengründer René Benko Geld geliehen haben. Zu den größten Kreditgebern der Immobiliengruppe gehören die Schweizer Bank Julius Bär, die einem Insider zufolge ein Exposure von mehr als 600 Millionen Franken (635 Millionen Euro) bei Signa hat, und die Wiener Raiffeisen Bank International (RBI).
Aber auch deutsche Landesbanken wie die Helaba und die BayernLB stünden jeweils mit dreistelligen Millionensummen im Feuer, hatten Insider gesagt.
Firmengeflecht erschwert Überblick
Die wohl bewusst undurchsichtige Firmenstruktur erschwere eine Analyse, die Kombination aus nach unten rasselnden Immobilien-Bewertungen und Milliarden-Schuldenbergen nähre aber dementsprechende Befürchtungen.
Insidern zufolge erreicht der Schuldenberg allein bei österreichischen Banken 2,2 Milliarden Euro. Der Wert der Beteiligungen habe sich indes laut "Standard" von 5,28 auf 2,5 Milliarden Euro halbiert.
Größter Schuldenberg bei Raiffeisen und Bank Austria
Der größte Teil der Signa-Schulden entfalle auf den Raiffeisen-Sektor und bei der Unicredit-Tochter Bank Austria. Das Signa-Engagement der Raiffeisen Bank International (RBI) soll bei rund 750 Millionen Euro liegen, wie die Tageszeitung "Der Standard" kürzlich berichtete.
Bei der jüngsten außerordentlichen Hauptversammlung hatte die RBI ihr größtes Engagement im Immobilienbereich mit 755 Millionen Euro beziffert. Daneben dürften auch die Raiffeisen-Landesbank Niederösterreich Wien (RLB NÖ-Wien) mit 280 Millionen Euro und die Raiffeisen Landesbank Oberösterreich (RLB OÖ) mit 150 Millionen Euro bei der Signa exponiert sein.
Für die Bank Austria gab der "Standard" ein Signa-Exposure von insgesamt 600 Millionen Euro an, für die Erste Group dürften es 40 bis 50 Millionen Euro sein.
Auch die Hypo Vorarlberg, die mehrheitlich im Eigentum des Landes Vorarlberg steht, dürfte mit 200 Millionen Euro ein größeres Volumen bei Signa ausständig haben. In Finanzkreisen wurden die kolportierten Zahlen gegenüber der APA als plausibel eingestuft.
Finanzsektor gibt sich gelassen
Im Finanzsektor wurde bezüglich der Signa zuletzt beruhigt. Der Vize-Gouverneur der Nationalbank (OeNB), Gottfried Haber, sagte, dass auch mögliche Insolvenzen innerhalb der Signa-Gruppe "keinen signifikanten Einfluss auf die Finanzmarktstabilität oder auf einzelne Institute" hätten.
Auch OeNB-Gouverneur Robert Holzmann sagte unlängst, er halte das Exposure der österreichischen Banken bei der kriselnden Signa-Gruppe für "verdaubar".
Die "undurchsichtige und komplizierte Struktur" behindere die Analyse der Insolvenzfolgen, hielt Moody's weiters fest. Das Gros der Milliardenkredite dürfte besichert sein, so die US-Ratingagentur. Dies könne die Auswirkungen mildern.
Immobilien-Pakete als Sicherheiten könnten aber etwa angesichts gestiegener Zinsen und wenigen Transaktionen am Markt Risiken bergen, heißt es in der Analyse weiters, die Moody's am Mittwoch, veröffentlichte. Immobilien werden gemäß den Bilanzierungsregeln (IFRS) jährlich einer Marktbewertung unterzogen.
Bewertungen schmelzen dahin
Von einer massiven Abwertung der Beteiligungen der insolventen Signa Holding berichtet die Zeitung "Der Standard" (Mittwochsausgabe). Per Ende September 2023 hätten diese laut Insolvenzantrag nur noch 2,5 Milliarden Euro ausgemacht, im sofortigen Liquidationsfall als Worst-Case-Szenario wären es sogar nur noch zehn Prozent dieses Werts.
In der Bilanz 2022 hatte die Dachgesellschaft ihr Vermögen noch mit 5,28 Milliarden Euro bewertet, also mit mehr als dem Doppelten vom Antrag.
Laut Finanzplan, der dem Insolvenzgericht vorgelegt wurde, wurde die Signa Prime laut "Der Standard" um 90 Prozent auf 153 Millionen Euro abgewertet, die Signa Development von 240 Millionen auf 24 Millionen und die Retail-Sparte von 127 Millionen auf null.
Der Großteil der 43 Beschäftigten der Signa Holding soll gekündigt werden. Betroffen sind laut Insolvenzverwalter "alle nicht erforderlichen Bereiche", wie etwa Jagden, Flüge und sonstiges Eventmanagement. Der geschätzte Liquidationswert der Holding betrage lediglich 314 Millionen Euro, die Schulden hingegen 5 Milliarden Euro.
KaDeWe nicht einmal halb so viel Wert
Als Beispiel für eine dahingeschmolzene Immobilien-Bewertung zieht die Zeitung das Berliner Kaufhaus des Westens (KaDeWe) heran. Heuer im Frühjahr habe die Signa einen Hälfteanteil laut "Financial Times" um 300 Millionen Euro verkauft, in Unterlagen für ihre Gläubigerbanken habe Signa die Gesamtimmobilien allerdings mit 1,5 Milliarden Euro bewertet, den Hälfteanteil folglich mit 750 Millionen Euro, also wiederum mit mehr als dem Doppelten.
Die Signa Holding GmbH selbst hält keine Kaufhäuser und Luxusimmobilien, sondern ist an 53 Gesellschaften direkt beteiligt und an einigen hundert Gesellschaften über zwischengeschaltete Gesellschaften indirekt, denen die Immobilien gehören. Die größten Gesellschaften sind die Signa Prime Selection, die Signa Develompent und die Signa Retail GmbH.
Zusammenfassung
- Schmelzende Immobilienwerte und Milliardenschulden prägen das Bild der insolventen Signa Holding.
- Die Profitabilität und die Kreditqualität einiger Banken in Deutschland, Österreich und der Schweiz könnten laut Ratingagentur Moody's könnten durch die Insolvenz belastet werden, zitiert die Nachrichtenagentur Reuters eine Analyse.
- Rund 120 Banken sollen Insidern zufolge dem Tiroler Firmengründer René Benko Geld geliehen haben.
- Zu den größten Kreditgebern der Immobiliengruppe gehören die Schweizer Bank Julius Bär, die einem Insider zufolge ein Exposure von mehr als 600 Millionen Franken (635 Millionen Euro) bei Signa hat, und die Wiener Raiffeisen Bank International (RBI).
- Insidern zufolge erreicht der Schuldenberg allein bei österreichischen Banken 2,2 Milliarden Euro. Der größte Anteil entfällt auf den Raiffeisen-Sektor mit insgesamt 1,18 Milliarden Euro.
- Bei der Bank Austria gab der "Standard" einen Signa-Schuldenberg von insgesamt 600 Millionen Euro an.