Gierflation: Was mehr Transparenz bei Preisen bringen soll
Unternehmen nützen die aktuelle Krise aus, um Preise mehr als notwendig anzuheben und Gewinn zu machen: Das kritisieren Ökonomen, die Opposition und die Gewerkschaft. Von einer "Gierflation" ist immer wieder die Rede. Gemeint ist damit, dass Unternehmen ihre Preise erhöhen, um höhere Gewinnmargen zu haben und nicht um gestiegene Kosten zu kompensieren.
Experten forderten nun mehr Transparenz, vor allem bei den Preisen von Nahrungsmitteln. Dort liegen die Preissteigerungen deutlich über der ohnehin hohen Inflationsrate. Kunden müssen Preise leichter miteinander vergleichen können, gleichzeitig soll der Druck auf Unternehmen steigen, diese nicht zu sehr anzuheben.
"Unternehmer schnalzen mehr drauf"
Ökonom Stephan Schulmeister erklärt im PULS 24-Interview: In normalen Zeiten würden sich Supermarktketten sehr genau überlegen, ob sie Preise erhöhen. Die Gefahr wäre sonst zu groß, dass sie Marktanteile verlieren. Wenn in der Gesellschaft Unsicherheit herrscht, dann rechnen Unternehmen damit, dass alle anderen die Preise auch anheben. In dieser Inflationsstimmung gebe es dann einen Herdeneffekt und "der veranlasst Unternehmer etwas mehr draufzuschnalzen, als es ihren Kosten entspricht", sagt Schulmeister.
Hausgemachte Inflation
Sowohl der Internationale Währungsfonds als auch die Europäische Zentralbank sprechen nicht nur von den Energiepreisen als Inflationstreibern, sondern auch von einer hausgemachten Inflation. "Da sind eindeutig die Unternehmergewinne der Preistreiber", kritisiert Schulmeister. Laut dem gewerkschaftsnahen Momentum Institut ist der Beitrag der Unternehmensgewinne zur Teuerung mit 75 Prozent deutlich höher als im europaweiten Vergleich.
Online-Datenbank angekündigt
Am Donnerstag hat nun Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) Gespräche zu einer Online-Datenbank für Lebensmittelpreise angekündigt. Nächste Woche wird dazu ein Treffen mit Ökonomen und der Wettbewerbsbehörde stattfinden. Ziel sei eine Online-Plattform, nach dem Vorbild des Spritpreisrechners. Dieser zeigt Konsumenten die fünf günstigsten Tankstellen für Sprit und Diesel in ihrer Umgebung an.
Wie genau eine Online-Datenbank für Lebensmittelpreise funktionieren wird, wollte Kocher noch nicht sagen. Noch vor wenigen Wochen war er skeptisch, dass diese funktionieren könne. Zu viele verschiedene Produkte, die nach Qualität und Herstellung verglichen werden, müssten aufgenommen werden, sagte er dem Standard.
Wettbewerb erhöhen
WIFO-Chef Gabriel Felbermayr schlägt im Gespräch mit Corinna Milborn vor, über ein Set mit Lebensmittel, die jeder braucht, Transparenz herzustellen. Dazu könnten Mehl, Butter, Zucker, Brot und ähnliches zählen. Dann müsse klar dargestellt werden, wo es das beste Angebot gibt.
Konsumenten würden zum Beispiel in einer App sehen: "Da ist das beste Angebot, da geh' ich einkaufen", sagt Felbermayr. Damit würde auch der Wettbewerb zwischen den Unternehmen erhöht werden.
Schulmeister schlägt ein ähnliches Konzept vor: Jeden Tag um Mitternacht sollen Einzelhandelsketten verpflichtend die Preise, ihr gesamtes Warensortiment online stellen. So wie Händler verpflichtet sind, dass an jedem Regal der Preise ausgeschildert sind, würden diese dann digital dargestellt werden.
Er ist sich sicher, dass es sich sofort App-Entwickler finden würden, sobald die Daten zur Verfügung stehen.
Lebensmittelgipfel
Um über die gestiegenen Lebensmittelpreise zu sprechen, hat die Regierung außerdem einen Lebensmittelgipfel einberufen. Am 8. Mai werden dort Vizekanzler Werner Kogler gemeinsam mit Sozialminister Johannes Rauch, mit Vertretern der Lebensmittelketten und der Landwirtschaft sowie Sozialpartner und Wirtschaftsforscher sprechen.
Zusammenfassung
- Experten fordern seit einiger Zeit mehr Transparenz bei Lebensmittel-Preisen.
- Wie das aussehen kann, was das den Konsumenten bringt und was die Regierung plant, im Überblick.