Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP)APA/ROBERT JAEGER

"Ökonomisch nicht notwendig": Experten-Kritik am Budget

Der am Mittwoch vorgestellte Budgetvoranschlag für 2024 hat bei Wirtschaftsexperten für einiges Lob, aber auch für Kritik gesorgt. Besonders harsch ist das Urteil von Fiskalrats-Präsident Christoph Badelt.

WIFO-Ökonomin Margit Schratzenstaller pochte mittelfristig auf Strukturreformen, etwa was Fördersysteme, das Gesundheitswesen oder das Pensionsantrittsalter betrifft. Die Ausgaben sah sie angesichts des Inflationsausgleichs in vielen Bereichen als nicht beeinflussbar.

Schratzenstaller wertete das prognostizierte Maastricht-Defizit von 2,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für 2024 gegenüber der APA als "durchaus angemessen", schlage der Inflationsausgleich bei Gehältern im öffentlichen Dienst oder bei den Pensionen doch erst verzögert durch.

Strukturrefomren gefordert

"Auch angesichts der Konjunktursituation sollte man nicht hart konsolidieren", meinte sie. Allerdings sollten auch unverzüglich Strukturreformen eingeleitet werden. Das betreffe etwas das Fördersystem, aber auch klimaschädliche Subventionen.

Positiv hob sie den im Rahmen des Finanzausgleichs angepeilten Zukunftsfonds hervor, aber auch Klimaschutz- und Transformationsmaßnahmen, die - etwa im Wohnbau - durchaus konjunkturbelebend wirken könnten.

Auch die Einschränkung beim Energiekostenzuschuss auf knapp 2 Mrd. Euro bewertete sie positiv, ebenso wie weitere Schritte Richtung Green Budgeting. Wichtig sei der Fokus auf Zukunftsausgaben, etwa was die Kinderbetreuung oder den Klimaschutz betreffe. Wichtig aus ihrer Sicht: "Es wird auch mittelfristig einen ambitionierteren CO2-Preis brauchen."

Aufgeblähtes Budget als Wahlzuckerl?

Fiskalrats-Präsident Badelt stieß sich in einem ersten Eindruck am "enormen Ausgabenwachstum" des Budgets. "Dieser Grad der Expansion ist wohl nur politisch erklärbar in einem Vorwahljahr. Ökonomisch ist er so nicht notwendig", sagte er: "Der Fiskalratspräsident fürchtet sich immer vor Vorwahlzeiten."

Dass das für 2024 eingestellte strukturelle Defizit bei 2,5 Prozent liegen und in den nächsten Jahren bei 2,7 Prozent bleiben soll, wertete er als "wirkliches Problem", denn dem Budgetpfad fehle damit die Nachhaltigkeit.

Paradox ist laut Badelt auch, dass dieser Budgetpfad den gegenwärtig gültigen Fiskalregeln der EU widerspreche. Die könnten nun zwar geändert werden, Österreich sei hier bis jetzt aber gemeinsam mit Deutschland und den Niederlanden auf der Bremse gestanden.

Auch Positivbeispiele im Budget

Trotz noch ausstehender umfassender Analyse des Fiskalrats nannte Badelt auch zwei Positivbeispiele aus seiner Sicht: Beim wiederholt als nicht treffsicher kritisierten Energiekostenzuschuss 2 würden die Richtlinien deutlich fokussiert, was sich auch budgetär niederschlage. Und: Zusatzausgaben etwa für die Gebäudesanierung seien sehr sinnvoll, weil damit versucht werde, die Baukonjunktur anzureizen.

Dennoch, so der Fiskalratspräsident: "Wenn man nicht so viele Zusatzausgaben erfinden würde, müsste es möglich sein, dieses Defizit in der Größenordnung zwei Prozent zu halten." Das Riesenproblem sei die Budgetperspektive.

Im Augenblick sehe er "keinen Willen und keinen Weg, das Budget zu konsolidieren". Wenn man zudem in einer als nicht so dramatisch erwarteten Konjunktursituation mit solchen Defiziten hineingehe: "Wo sind dann die Reserven für eine neuerlich aufkommende Krise?"

Zu wenig Blick in die Zukunft

Monika Köppl-Turyna vom industrienahen Institut EcoAustria meinte, insgesamt seien die Prioritäten des Budgets zu wenig in die Zukunft gerichtet. Die hohe Zinslast und die marode Konjunktur beschränke wichtige Handlungsmöglichkeiten für zukunftsgerichtete Investitionen und eine Budgetkonsolidierung.

Die gesamten Ausgaben im Bundesbudget für Pensionen würden nächstes Jahr um 4 auf 29,5 Milliarden Euro klettern und bis zum Ende des Prognosezeitraums auf über 35 Milliarden Euro steigen. Das entspreche im Jahr 2027 einem Viertel aller Auszahlungen.

Der wirtschaftsliberale Thinktank Agenda Austria sprach in einer Aussendung von Österreich als "Land des immerwährenden Defizits". Die Regierung halte mit der hohen Inflation Schritt und gebe das Geld noch schneller aus, als es hereinkomme. Steuerliche Entlastungen der Bürger, ausgeglichene Budgets oder gar eine Schuldenreduktion rückten in weite Ferne.

Verpasste Chance

Das gewerkschaftsnahe Momentum Institut sah im Budget 2024 hingegen eine verpasste Chance auf ein ökosoziales Konjunkturpaket, das gerade im Hinblick auf die stotternde Wirtschaft und der Erderhitzung dringend notwendig wäre.

Ein Fokus auf den öffentlichen Wohnbau fehle vollständig. Auch das Budget für den Ausbau der öffentlichen Daseinsvorsorge (Pflege, Gesundheit, Kinderbetreuung, Bildung und Pension) falle zu gering aus. Zudem mache die Regierung sogar Rückschritte hinsichtlich einer fairen Verteilung der Steuerbeiträge, hieß es.

ribbon Zusammenfassung
  • Der am Mittwoch vorgestellte Budgetvoranschlag für 2024 hat bei Wirtschaftsexperten für einiges Lob, aber auch für Kritik gesorgt.
  • Besonders harsch ist das Urteil von Fiskalrats-Präsident Christoph Badelt.
  • "Dieser Grad der Expansion ist wohl nur politisch erklärbar in einem Vorwahljahr. Ökonomisch ist er so nicht notwendig", sagte er.
  • Der wirtschaftsliberale Thinktank Agenda Austria sprach in einer Aussendung von Österreich als "Land des immerwährenden Defizits".
  • Das gewerkschaftsnahe Momentum Institut sah im Budget 2024 hingegen eine verpasste Chance auf ein ökosoziales Konjunkturpaket.