Caritas und SOS Kinderdorf gegen Familiennachzug-Stopp
Die Richtervereinigung weist in ihrer Stellungnahme darauf hin, dass aus der EU-Richtlinie zur Familienzusammenführung die Möglichkeit, eine Wartefrist einzuführen, nicht ableitbar sei. Weiters sieht man durch die Möglichkeit von Säumnis-Beschwerden eine größere Belastung auf die Richterschaft zukommen. Erwartet werden mindestens 600 zusätzliche, besonders aufwändige Verfahren jährlich, was die Richterschaft an ihre Kapazitätsgrenzen bringe.
Die Caritas betont, dass es schon von anderen Mitgliedsstaaten Versuche gegeben habe, Einschränkungen im Asylrecht über eine Notfallklausel zu rechtfertigen, die bisher alle am EuGH gescheitert seien. In Österreich sei jedenfalls nicht von einer Notlage auszugehen, verweist die Hilfsorganisation auf sinkende Zahlen sowohl bei Asyl-Ansuchen als auch bei Einreisen im Rahmen des Familiennachzugs.
Für die Diakonie handelt es sich um einen verfassungs- sowie europarechtlich problematischen Gesetzesentwurf. Der "Stopp" löse auch keinerlei Probleme, adressiere nicht die tatsächlich bestehenden Herausforderungen im Bildungsbereich und erweise sich im Umgang mit den aktuellen Herausforderungen keinesfalls als das gelindeste Mittel.
SOS-Kinderdorf sieht kinderrechtswidriges Gesetz
SOS-Kinderdorf hält fest, dass der vorliegende Gesetzesentwurf die Lage von Kindern und Jugendlichen in Österreich nicht verbessern wird und in weiten Teilen klar kinderrechtswidrig sei. Zu denken, dass eine Hemmung oder ein Aussetzen von Familienzusammenführungen die Situation verändern, gar verbessern werde, sei schlicht evidenzbefreit.
Seitens der Kinderfreunde wird betont, dass Kinder nicht zu Verlierern migrationspolitischer Maßnahmen gemacht werden dürften. Der Gesetzesentwurf stehe in direktem Widerspruch zu mehreren grundlegenden Prinzipien der UN-Kinderrechtskonvention, etwa zum Recht auf Familie und elterliche Fürsorge.
Der Integrationsfonds wiederum ist bemüht, die Argumentationslinie der Regierung zu unterstreichen. Der Familiennachzug bringe weitreichende Herausforderungen für die Integration mit sich - insbesondere in den Bereichen Spracherwerb, Bildung und Arbeitsmarktintegration. Angeführt wird hernach etwa, dass nachziehende Frauen langsamer Deutsch lernten und ihre Arbeitsmarktintegration niedriger sei. Für die Bildungseinrichtungen herausfordernd sei, dass auch die Zahl der hier geborenen Kinder von durch Familiennachzug gekommenen Frauen enorm steige. Schließlich wird auf den starken Anstieg der Jugendkriminalität von syrisch-stämmigen Personen verwiesen.
Zusammenfassung
- Die Gesetzesvorlage zum Stopp des Familiennachzugs stößt auf erheblichen Widerstand, insbesondere von der Richtervereinigung, die rechtliche Bedenken äußert und mindestens 600 zusätzliche Verfahren jährlich erwartet.
- SOS Kinderdorf kritisiert den Entwurf als kinderrechtswidrig und sieht keine Verbesserung der Situation für Kinder und Jugendliche in Österreich.
- Der Integrationsfonds unterstützt die Regierung und hebt die Herausforderungen in den Bereichen Spracherwerb und Arbeitsmarktintegration durch den Familiennachzug hervor.