Posten für schulische Deutschförderung werden verdoppelt
Wiederkehr setzt damit genau jenes Modell um, das er in seiner Zeit als Wiener Bildungsstadtrat so vehement vom Bildungsministerium eingefordert hatte. "Ich hab das immer als ungerecht empfunden, dass es diesen Deckel gibt, nämlich dass nicht jedes Kind gleich viel wert ist, nicht jedes Kind gleich gefördert werden kann und man damit den Schulen das Problem nur übergibt." Das werde mit diesem Paket endlich behoben.
Das neue Modell sorge dafür, dass es dort, wo die Herausforderungen besonders groß sind, langfristig mehr Mittel gibt. Für die Schulen bringe es zudem mehr Planungssicherheit, weil bisherige, teilweise befristete Programme wie die Sondermittel für ukrainische Schüler dauerhaft darin integriert werden.
Von der Neuerung werden laut Wiederkehr alle Bundesländer profitieren, besonders groß falle das Plus in Bundesländern mit sehr vielen außerordentlichen Schülern aus. In Oberösterreich etwa gebe es damit ab Herbst 237 Planstellen für Deutschförderung (bisher 78), in Wien 521 (bisher 231). Die zusätzlichen Stellen sollen den Schulen etwa Doppelbesetzungen oder Förderung in kleineren Gruppen ermöglichen.
Insgesamt werden damit im kommenden Schuljahr 108 Mio. Euro in die schulische Deutschförderung investiert, das sind 62 Mio. Euro mehr als zuletzt. Dass das trotz des angespannten Budgets passiere, zeige den Stellenwert, den die Bildung für die Bundesregierung habe. Ohne gute Deutschkenntnisse könne schließlich auch Integration nicht funktionieren, die Sprache sei zudem der Schlüssel zu einem selbstbestimmten und erfolgreichen Leben.
Derzeit 48.400 Pflichtschüler mit Deutschförderbedarf
Die Zahl an außerordentlichen Schülerinnen und Schülern, deren Deutsch nicht reicht, um dem regulären Unterricht zu folgen, sei bundesweit an den Pflichtschulen und vor allem in den Ballungsräumen deutlich gestiegen. Seit 2021 gab es ein Plus um 54 Prozent auf 48.400, in den ersten Klassen der Volksschulen haben 23 Prozent Deutschförderbedarf.
"Das sind deutlich zu viel, deshalb ist es notwendig, jetzt eine Aufholjagd zu starten." Das für den Ausbau der Deutschförderung nötige Lehrpersonal zu finden, werde freilich eine Herausforderung. "Leicht wird's nicht, wir sind immer noch in Zeiten von Lehrermangel", so Wiederkehr. Der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) schlug in der ORF-Sendung "Wien heute" eine Art Ausbildungsgeld wie im Pflegebereich vor. Dort gibt es etwa mit dem Pflegestipendium eine Unterstützung für jene Personen, die aus einem bestehenden Beruf in Betreuung und Pflege umsteigen wollen und eine entsprechende Ausbildung an einer Universität oder Fachhochschule absolvieren.
Parallel zu den zusätzlichen Lehrerposten will Wiederkehr auch Begleitmaßnahmen verstärken. Es soll etwa mehr Angebote für Deutsch als Zweit- bzw. Fremdsprache in der Lehrerausbildung geben und der MIKA-D-Test, der über die Zuteilung in eine Deutschförderklasse entscheidet, treffsicherer gestaltet werden.
Lehrergewerkschaft begrüßt neues Modell
Die Grünen bewerteten die Aufstockung der Mittel und die Verteilung zwischen den Bundesländern nach tatsächlichem Bedarf grundsätzlich positiv. Allerdings sah Bildungssprecherin Sigrid Maurer eine "Mogelpackung", weil die bisherigen befristeten Sonderpakete der schwarz-grünen Vorgängerregierung für Ukraineflüchtlinge und den Familiennachzug im Umfang von knapp 60 Mio. Euro darin aufgehen. "Wenn die bisherigen Ukraine-Hilfen nun zu gewidmeten Deutschförderstellen umetikettiert werden, steht damit keine einzige Lehrkraft mehr in der Klasse", so Maurer.
In der Lehrergewerkschaft versteht man diesen Vorwurf nicht. Über die Sondermittel sei man auf insgesamt 815 Planstellen gekommen, nun sollen es 1.324 werden. "Ich kann nicht ganz nachvollziehen, wo da die Mogelpackung sein soll", so der oberste Pflichtschullehrervertreter Paul Kimberger (FCG) zur APA. Entscheidend sei außerdem, dass die Zusatzposten nun nachhaltig bis 2029 kommen sollen und nicht befristet. Auch dass die Mittel künftig nach konkretem Bedarf vergeben werden, begrüßte er. Nun müsse man noch das entsprechende Personal finden, außerdem brauche es zusätzlich Sprachfördermaßnahmen im vorschulischen Bereich und in den Familien. "Die Schule allein wird das nicht leisten können."
FPÖ: "Tropfen auf den heißen Stein"
Angesichts der vielen Schüler mit Deutschförderbedarf seien die Mittel "nur ein Tropfen auf den heißen Stein", solange die Ursachen nicht bekämpft würden, forderte FPÖ-Bildungssprecher Hermann Brückl einen "umfassenden Zuwanderungsstopp". Ohne die entsprechenden Lehrkräfte werde die Deutschoffensive zudem keine positiven Effekte haben.
Die Arbeiterkammer wiederum sprach in einer Aussendung von einem wichtigen Schritt in Richtung wirksamer Deutschförderung. "Nun muss es darum gehen, diese Planstellen zu besetzen und Schulen die Autonomie zu geben, dieses Personal flexibel entsprechend der Bedürfnisse am Standort einsetzen zu können", so die Leiterin des Bildungsbereichs der AK Wien, Ilkim Erdost. Für die Industriellenvereinigung (IV) sind mehr Förderplanstellen und verstärkte Lehrerausbildung in dem Bereich "zentrale Schritte, um Integration, Sprachkompetenz und Bildungschancen nachhaltig zu stärken". Die Umsetzung werde aber maßgeblich davon abhängen, ob genügend qualifiziertes Lehrpersonal zur Verfügung steht.
Und auch aus Wien, wo sich die Parteien vor dem Urnengang am 27. April im Wahlkampf befinden, gab es abseits von Ludwig Wortmeldungen. ÖVP-Bildungssprecher Harald Zierfuß bezeichnete den Ausbau der Deutschförderung zwar auch als "wichtig und richtig". Allerdings müssten die Wiener Schulen nun das reparieren, was SPÖ und NEOS seit Jahren im Kindergartenbereich an Deutschförderung verabsäumt hätten.
Zusammenfassung
- Die Bundesregierung erhöht die Planstellen für schulische Deutschförderung von 577 auf 1.324, was eine Verdopplung bedeutet.
- Insgesamt werden im kommenden Schuljahr 108 Millionen Euro in die Deutschförderung investiert, 62 Millionen Euro mehr als zuvor.
- Die Zahl der Schüler mit Deutschförderbedarf stieg um 54 Prozent auf 48.400, besonders in Ballungsräumen.
- Die Lehrergewerkschaft begrüßt die nachhaltige Bereitstellung von Planstellen bis 2029.
- Kritik kommt von den Grünen, die eine Umwidmung bisheriger Sonderpakete bemängeln.