Vielseitiger Künstler Walter Schmögner ist 80
Die derzeit laufende Ausstellung in der Wiener Galerie Chobot heißt so wie eine Radierung, von der 18 Stück aufgelegt werden: "Das Universum schrumpft und will über die Milchstraße in mein Hirn". Gezeigt werden Bilder und Objekte von 1999 bis heute. Wobei es Schmögners Objekte in sich haben, wie man nicht erst seit seiner eindrucksvollen Albertina-Ausstellung vor fünf Jahren weiß, die den Maler, Zeichner, Buchkünstler, Kinderbuchillustrator, Bühnenbildner und Fotograf als Bildhauer würdigte.
Ließ er früher dabei gerne die Natur mitarbeiten, um aus Obst- und Gemüseresten Symbole der Vergänglichkeit zu schaffen (1986 sorgte eine von Schmögner auf eine Briefmarke gebannte, verwesende Birne in Österreichform für einen Skandal), präsentiert er nun neben filigranen Flügelobjekten ein neues Memento mori: seine eigene Urne - in Hundeform. In 3-D-Druck hergestellt und auf Hochglanz poliert, erinnert die aus drei schwarzen Kugeln bestehende Form an ein Objekt von Jeff Koons. Dieser hat allerdings nicht Schmögners bissigen Humor. Die Urne hat nämlich nicht nur Räder, sondern auch die Möglichkeit, eine Leine zu befestigen. "So komme ich auch noch als Toter in Lokale", lacht der Künstler und versichert: "Mit dem Tod hab' ich kein Problem."
Am 11. Juni 1943 in Wien geboren, verbrachte Walter Schmögner gemeinsam mit seinem Bruder Horst wichtige Kindheitsjahre in Spanien. "Wir waren ausgebombt. Gemeinsam mit rund 1.000 Wiener Kindern wurden wir, als ich fünf war, nach Spanien verschickt. In Madrid wurden wir dann von Pflegeeltern ausgesucht. Wir kamen zu einer adeligen Familie nach Toledo. Dort ging es uns sehr gut. Statt ein Jahr wurden es dann vier Jahre. Als ich zurückgekommen bin, habe ich kaum mehr Deutsch gesprochen."
Ein künstlerischer Beruf schien dem Sohn des Malers Theobald Schmögner tatsächlich in die Wiege gelegt. "Er hat mich sehr beeinflusst. Es war auch seine Idee, mich auf die Grafische Lehr- und Versuchsanstalt zu schicken. Das war ideal für mich. Ich hab relativ früh zu zeichnen begonnen und auch schon bald erste Ausstellungen gehabt." Mit seinem karikaturenhaften Stil konnte er sich bald mit Illustrationsaufträgen für Zeitungen und Zeitschriften, aber auch mit Werbeaufträgen seinen Lebensunterhalt verdienen. Später polarisierten seine im "Standard" publizierten Strips "Co & Mix" mit ihrem subversiven, hintergründigen Witz.
Sein Ausstellungsdebüt feierte Schmögner 1963 mit Federzeichnungen in der Galerie 33 Stufen in Wien. Zwei Motivstränge ziehen sich durch sein seither in vielen Ausstellungen gezeigtes Werk: Beklemmende, abstrakte Räume, steile, ins Nichts führende Treppen, düstere, oft in Grautönen gehaltene Architekturvisionen, die an Giovanni Battista Piranesi erinnern, sowie eine farbenprächtige, selbst erschaffene Fauna, mit Kokons und Insekten, fadendünnen Fluggeschöpfen und verloren wirkenden Strichmännchen. Verwischte, rotierende Bewegungen und Farbexplosionen deuten an, dass sich dieses Universum in ständiger Bewegung befindet.
Doch nicht nur Anarchie und Poesie sind beständige Komponenten in Schmögners Werk. Auch das Politische ist stets präsent. Besonders deutlich werden soll das in der ab 1. Juli in der Galerie Sommer geplanten Ausstellung: In den gezeigten Bildern werden Wut und Verzweiflung über das politische Versagen angesichts des Klimawandels und über den weltweiten Rechtsruck spürbar. "Ich bin darüber entsetzt, was in der Politik passiert", sagt der Künstler - und zeigt in Graz Bilder mit sprechenden Titeln wie "Zerrinnende Erdkugel", "Die schrille Totenstille" oder "Hyäne beim Totlachen".
Ausstellungen in der Güssinger Galerie ConClusius (ab 26. August) und der Salzburger Galerie Welz (ab 21. Oktober), eine Ö1-"Menschenbilder"-Sendung (heute um 14.05 Uhr) sowie ein privates Fest im Café Korb, bei dem Walter Schmögner an der Seite seines Freundes Harri Stojka auch seine Musikalität unter Beweis stellen wird, runden die Würdigungen ab.
Fehlt noch etwas? Ja, ein neues Buch. Schließlich finden sich in seinem Werkverzeichnis nicht nur Experimentalfilme und Bühnenausstattungen - etwa für die Uraufführung von Wolfgang Bauers "Die Kantine - Capriccio a la Habsburg" 1993 in Graz, für "Schwejk" am Volkstheater Wien (1995) oder 2002 für "Der Theatermacher" am Ernst-Deutsch-Theater in Hamburg -, sondern auch mehr als 30 Bücher.
Schmögners Publikationsliste reicht von Illustrationen zu Texten anderer Autoren wie "Der Bär auf dem Försterball" von Peter Hacks, über das "Drachenbuch" (1969 ein in zwölf Sprachen übersetzter und mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichneter Kinderbuchbestseller, der auch in China erhältlich ist) bis zu "Konrad Vogels Neues Tierleben" und "Nacht- und Tagbilder meiner Zeit". Gemeinsam mit Friedrich C. Heller ist tatsächlich noch ein Buch geplant. Es soll Schmögners persönliches Buch der Bücher werden, ein Buch über alle seine Bücher. Erscheinungsdatum ist noch ungewiss. Vielleicht zum nächsten runden Geburtstag ...
Zusammenfassung
- "Vier Ausstellungen innerhalb eines halben Jahres - das hab' ich noch nie gehabt", sagt Walter Schmögner.
- Der 80. Geburtstag, den der vielseitige Künstler, der in Wien und auf einem umgebauten Vierkanthof im Südburgenland lebt, am heutigen Sonntag feiert, wird mit Präsentationen in Wien, Graz, Güssing und Salzburg gewürdigt.
- Es soll Schmögners persönliches Buch der Bücher werden, ein Buch über alle seine Bücher.