Britischer Thronfolger Prinz Charles wird 73
Charles ist endlich wichtig. Das nutzt auch Premierminister Boris Johnson, der dem Prinzen in Glasgow Tribut zollte. "Sie waren lange ein einsamer Rufer in der Wüste, dabei hatten Sie seit langem recht", sagte Johnson dem Thronfolger und würdigte ihn ein wenig übertrieben als grünes Ebenbild der legendären Romanfigur James Bond. "Wir haben jemanden, der einen elektrischen Aston Martin fährt, der den Plan hat, die tickende Zeitbombe zu entschärfen und den Privatsektor in die Ökologisierung der Welt einzubeziehen."
Mit dem Fokus auf Umwelt- und Klimafragen, der ihn seit Jahrzehnten umtreibt, hat Charles den richtigen Riecher gehabt. Das hat sein Ansehen gestärkt - und das ist notwendig, wo sich das Vereinigte Königreich nun immer stärker mit der Aussicht auseinandersetzt, dass Charles tatsächlich recht bald König werden könnte.
95 Jahre alt ist seine Mutter mittlerweile und der Prince of Wales der am längsten wartende Thronfolger - "heir apparent" - der Geschichte. Zwar wurde die Queen kürzlich beim Autofahren auf ihrer Residenz, Schloss Windsor, fotografiert. Doch angesichts von Palast-Mitteilungen über notwendige Erholungspausen sowie Fotos von Auftritten am Gehstock bemerken die Briten, von denen ein Gutteil keinen anderen Monarchen kennt, dass ihre Königin alt ist. Charles' Stunde rückt näher.
Allerdings sind die Briten nach wie vor gespalten, was sie denn nun vom Thronfolger halten sollen. Den jüngsten Daten des Meinungsforschungsinstituts Yougov zufolge liegt Charles in der Beliebtheitsliste der Royals auf Platz 6, weit abgeschlagen von seiner Mutter auf Platz eins, aber auch deutlich hinter seinem ältesten Sohn Prinz William und dessen Ehefrau Herzogin Kate. Bei der jüngsten Befragung im Mai war nur knapp ein Drittel (31 Prozent) der Meinung, dass Charles ein guter König sein werde - vom Gegenteil gingen etwas mehr Menschen (35 Prozent) aus.
Dass Charles die Verehrung fehlt, die seiner Mutter zuteil wird, hat viele Gründe. Der wichtigste: Diana. Charles' Ex-Frau und die Mutter seiner beiden Söhne wird nach wie vor als "Königin der Herzen" verehrt. Dass der Queen-Sohn sie mit seiner Flamme und heutigen Frau Camilla betrog, haben ihm einige bis heute nicht verziehen.
Das macht es auch für Camilla schwierig. Zwar hat die Queen die Beziehung mit Charles schon vor Jahren akzeptiert, und auch viele Briten haben ihre Abneigung gegen die Herzogin von Cornwall überwunden, die sich unermüdlich für Wohltätigkeitsorganisationen einsetzt. Als "Königin" (Queen Consort/Königsgemahlin) wollen Camilla aber noch immer nur wenige sehen. Es gilt als ausgemacht, dass die 74-Jährige auf diesen Titel verzichtet, wenn ihr Ehemann einmal den Thron besteigt, und sich wohl nur Prinzgemahlin nennen wird.
Zwar gilt es unter Palastbeobachtern in London als äußerst unwahrscheinlich, dass Charles zugunsten seines Sohns William auf den Thron verzichtet, mit dem er sich offensichtlich gut versteht. Doch noch hoffen einige Briten auf einen solchen Schritt - das würde mit William und Kate ein jüngeres Paar auf den Thron hieven. Charles halten sie für bockig und abgehoben, ihm gehen Wärme und Fürsorge ab, die Diana oder auch Kate ausstrahlen. Schwer nach hängt dem Thronfolger auch die harte Kritik des jüngeren Sohns Prinz Harry. Der warf gemeinsam mit Ehefrau Herzogin Meghan dem Palast Rassismus und mangelnde Unterstützung vor. Sein Vater habe ihn im Stich gelassen und sein eigenes Leiden auf seine Kinder übertragen.
Baustellen gibt es also für den künftigen König zur Genüge. Wenn nun bald die Klimakonferenz zu Ende ist und 2022 das 70. Thronjubiläum der Queen ansteht, das mit einem ganzen Reigen von Veranstaltungen gefeiert werden soll, wird die Aufmerksamkeit wieder der familiären Lage gelten. Schwer zu sagen, wann und ob es zu einer Versöhnung mit Harry kommt. Als gutes Zeichen von Charles gilt sein Gruß zu Harrys Geburtstag im September: Damals twitterte sein offizieller Account auch zwei Fotos, wie Vater und Sohn gemeinsam lachen.
Zusammenfassung
- Vom royalen Sonderling zur königlichen Geheimwaffe: An Prinz Charles führt dieser Tage kein Weg vorbei.
- Am Sonntag wird der nächste britische König 73 Jahre alt.
- Allerdings sind die Briten nach wie vor gespalten, was sie denn nun vom Thronfolger halten sollen.
- Charles' Ex-Frau und die Mutter seiner beiden Söhne wird nach wie vor als "Königin der Herzen" verehrt.
- Schwer nach hängt dem Thronfolger auch die harte Kritik des jüngeren Sohns Prinz Harry.