DexterAPA/STEFAN SOMWEBER

Durch Glück verhindert

Auftragskiller und Autobombe: Geplatzter Mafia-Mord in Wien

31. März 2025 · Lesedauer 5 min

Seit Jahren liefern sich die montenegrinischen Clans "Kavac" und "Skaljari" einen blutigen Krieg – auch in Österreich. Ein geplanter Doppelmord mit einer Autobombe und kolumbianischen Auftragsmördern scheiterte nur knapp. Ausgewertete Chats zeigen: Eine Katastrophe mit zahlreichen unbeteiligten Opfern in Wien wurde nur durch glückliche Umstände verhindert.

Seit 2014 befinden sich die beiden Clans "Kavac" und "Skaljari" aus der montenegrinischen Hafenstadt Kotor im Krieg. Damals soll eine Bande der anderen 200 Kilogramm Kokain aus einer Wohnung in Valencia gestohlen haben. Es folgte eine blutige Abrechnung, die sich von der spanischen Stadt über Montenegro über ganz Europa ausweitete. Mittlerweile forderte die Clan-Rivalität europaweit rund 80 Todesopfer - ein Mord ereignete sich auch vor dem bekannten Wiener Innenstadtlokal Figlmüller im Winter 2018. 


Die Spezialisten des Bundeskriminalamts (BKA) konnten auch ein gescheitertes Mordkomplott in Wien im Dunstkreis der Clan-Rivalität aufdecken. Der Plot dazu könnte einer Netflix-Produktion entspringen: Skaljari-Mitglieder versuchten im Frühjahr 2020, zwei Männer aus dem Umfeld des Kavac-Clans mithilfe einer Autobombe und kolumbianischen Auftragsmördern zu töten. 

Autobombe: Glück verhindert Tragödie

Die Verdächtigen bastelten zunächst an einem Sprengsatz. Daniel Lichtenegger, Leiter des Büros für Suchtmittelkriminalität im BKA, erklärte, dass aus den ausgewerteten Chats ersichtlich wird, dass der Bombenanschlag in Wien nur durch glückliche Umstände scheiterte: "Der Zuständige war scheinbar nicht der große Bombenbauer und musste mit einem Mann vom Westbalkan chatten, der ihm die Anleitung geschrieben hat."

Dem Bombenbauer dürfte schließlich ein Fehler unterlaufen sein, weshalb die Initialzündung beim versuchten Anschlag am 22. Februar 2020 scheiterte. Die Zielperson konnte somit sein Lokal in Wien-Ottakring verlassen, in sein Auto steigen und unversehrt davon fahren.


Dieter Csefan, Leiter des Büros für organisierte Kriminalität, betonte, dass dieser glückliche Zufall eine Katastrophe in der Bundeshauptstadt verhindert habe. Vergleichsversuche der Ermittler hätten demnach ergeben, dass die Explosion "vermutlich die halbe Koppstraße zerrissen" hätte.

Die Clan-Mitglieder seien auch nicht vor zivilen Opfern zurückgeschreckt. So konnten Chatnachrichten ausgewertet werden, in denen der Bombenbauer seinem Auftraggeber geschrieben habe, dass sich im Explosionsradius zahlreiche Unbeteiligte befunden hätten. Er habe daraufhin die unmittelbare Anweisung erhalten, die Bombe trotzdem zu zünden. 

Kolumbianische Auftragsmörder scheitern auch

Der gescheiterte Bombenanschlag löste schließlich einen Alternativplan aus, wie Lichtenegger erklärte. Dafür wurden kolumbianische Auftragsmörder nach Europa eingeschleust - darunter auch der spätere Hauptausführende, Jhon Alexander Z., der gemeinsam mit mindestens einem weiteren Landsmann über Paris nach Wien reiste.

Video: Clan-Mordkomplott verhindert

Für das Mordkomplott sei auch Stefan K., der sich am Dienstag im Wiener Landesgericht für Strafsachen verantworten muss, am 8. März 2020 nach Wien gekommen und dort für die Observation der Zielpersonen eingesetzt worden sein.


Am 11. März 2020 habe Stefan K. eine Zielperson schließlich in einem Lokal in Ottakring lokalisiert, wo sich diese mit vier weiteren Menschen aufhielt. Risto M. habe daraufhin umgehend den Schießbefehl erteilt, allerdings scheiterte auch der Versuch durch die kolumbianischen Auftragsmörder.

Grund dafür waren technische und Kommunikationsprobleme: So kommunizierten die kolumbianischen Täter aufgrund der Sprachbarriere mit dem Skaljari-Clan über einen bosnischen Staatsbürger, der sich in Ecuador aufhielt. Diese Verzögerung sorgte dafür, dass sich die Zielperson dem Anschlag schließlich entziehen konnte. Auch in diesem Fall seien unbeteiligte Opfer wahrscheinlich gewesen, so Andreas Holzer, dem Direktor des BKA. So habe der Skaljari-Clan die unmittelbare Anweisung an die kolumbianischen Auftragsmörder erteilt, auch Polizisten und Zivilisten zu töten, falls sie eingreifen.

Auftragsgeber von Kavac-Clan ermordet

In den Wochen nach dem versuchten Doppelmord reisten die beteiligten Personen wieder zurück nach Montenegro. Stefan K. wurde am 3. November 2023 weltweit zur Fahndung ausgeschrieben und im Februar 2024 bei einer Grenzkontrolle in Bosnien festgenommen. Seit 15. April 2024 befindet er sich in Haft in Österreich.


Obwohl die Mordanschläge zunächst scheiterten, eskalierte die Gewaltspirale aber in der Folge zunehmend: Die beiden Auftraggeber des Komplotts wurden bereits im Oktober bzw. November 2020 in der Türkei sowie in Montenegro entführt, gefoltert und erschossen.

Der kolumbianische Auftragsmörder Jhon Alexander Z. verstarb laut Interpol-Mitteilung am 30. August 2023 in Kolumbien an den Folgen einer Pestizid-Vergiftung. Der operative Leiter, Dino I., wurde am 27. Februar 2024 in der montenegrinischen Stadt Bar nach einer Schussabgabe festgenommen. Gegen ihn liegt eine österreichische Festnahmeanordnung vor. 

Ermittler fordern Messenger-Überwachung

Der gescheiterte Doppelmord ist jedoch nicht das einzige Verbrechen im Umfeld montenegrinischer Clanrivalität auf österreichischem Boden. Dank der Auswertung von verschlüsselten Chatnachrichten auf dem Kryptomessengerdienst "Sky ECC" durch das Bundeskriminalamt (BKA) im Rahmen der Operation "Achilles" konnten in Österreich seit April 2021 rund 36 Tonnen an Suchtmittel, eine hohe zweistellige Millionensumme in Bargeld und 82 Schusswaffen sichergestellt werden. Zudem konnten bereits 400 Personen festgenommen werden - einer der bekanntesten Täter ist der Mafia-Paten Dario D. alias "Dexter".


Bundeskriminalamts-Chef Andreas Holzer forderte am Montag vor dem Hintergrund des Ermittlungserfolgs erneut mehr Möglichkeiten für die Polizei bei der Überwachung von Messengerdiensten ein. Nicht nur der Staatsschutz brauche entsprechende Möglichkeiten "sondern auch die Kriminalpolizei", sagte Holzer bei dem Medientermin. Die Ermittlungsergebnisse im Rahmen der "Operation Achilles" machten dies besonders deutlich. Österreich sei im internationalen Vergleich jedoch weiterhin "ein gallisches Dorf ohne Zaubertrank", so Holzer.

Video: Leiche im Marchfeldkanal: Mafia im Spiel?

Zusammenfassung
  • Seit Jahren tobt ein blutiger Krieg zwischen den montenegrinischen Clans "Kavac" und "Skaljari" – auch in Österreich.
  • Ein geplanter Doppelmord mit einer Autobombe und kolumbianischen Auftragsmördern scheiterte nur knapp.
  • Ausgewertete Chats zeigen: Eine Katastrophe mit zahlreichen unbeteiligten Opfern in Wien wurde nur durch glückliche Umstände verhindert.