puls24 Logo

Bodenverbrauchsportal liefert Daten bis auf Gemeindeebene

Österreich hat den oftmals beschworenen "Europameister"-Titel in Sachen Flächenversiegelung bzw. -verbrauch nicht verdient. Das stellte Branchenradar-Chef Andreas Kreutzer am Donnerstag bei einem Medientermin in Wien fest. Die Diskussion rund ums Thema sei emotional aufgeladen, daher wolle er nun mit dem neuen Portal www.flaechenversiegelung.at einen "Beitrag zur Objektivierung leisten". Geliefert werden Zahlen zur Thematik bis hinab auf die Gemeindeebene.

Nach Jahrzehnten an Disputen rund um Bodenfraß, Flächeninanspruchnahme und Leerstand, und der tatsächlich häufigen Nennung Österreichs als negativer Europameister in all diesen Disziplinen, könne sich nun dank des Informationsportals jeder eine Meinung zum Thema bilden. Und was den Titel betrifft, da habe man lange recherchiert, und schon eines unserer Nachbarländer könnte diesen Meisterteller eher für sich beanspruchen: "Ich möchte festhalten, dass Deutschland einen Versiegelungsgrad von 6,5 Prozent hat und bezogen auf den Dauersiedlungsraum sind es 9,8 Prozent" - und da lag Österreich zuletzt bei 7,4 Prozent.

Wo Europameister sind, dürfen Fußballfelder nicht fehlen. Diese dienten und dienen in der Debatte oft als Beispiel für den drastischen Verlust natürlichen Böden, wenn etwa in Österreich täglich 20 bis 30 Fußballfelder an Fläche verloren gehen. Hier vermisst Kreutzer die Relationen, denn "diese vielen Fußballfelder, da denkt man sich 'Ui! Ist das viel". Er würde sich freuen, wenn bei solchen Angaben auch einherginge, dass Österreichs Fläche in Fußballfeldern eine Zahl von 11.700.000 ergeben würde.

Die Diskussionen um den Bodenverbrauch hätten zuletzt jedenfalls "deutlich an Fahrt aufgenommen", sagte Kreutzer, seines Zeichens auch Teil des Beraternetzwerks Kreutzer, Fischer und Partner. Bekanntlich musste erst vorige Woche der Beschluss der Bodenschutzstrategie vertagt werden, nachdem sich die Regierung nicht einigen konnte. Seit heute gebe es mit dem Portal auf jeden Fall die völlige Transparenz bei Flächennutzung und -versiegelung, verspricht der Pressetext - und laut Herausgeber gibt es auf dieser "bewusst keine Interpretationen".

Jedoch gibt es neben den Zahlen zu Ländern und deren Gemeinden auch die Erläuterungen, worum es überhaupt geht, denn diese Begriffsabgrenzungen gelte es zu berücksichtigen: "Es gibt den Begriff der Flächeninanspruchnahme", jenen Flächen, die etwa für Gebäude, Freizeiteinrichtungen und Infrastruktur benutzt werden. "Flächenversiegelung ist dann gegeben, wenn der Boden 'durch Abdeckung mit einer wasserundurchlässigen Schicht wichtige, umweltrelevante Funktionen verliert'", erläutert den Unterschied. Zudem hat das Bundesumweltamt noch einen Versiegelungskoeffizienten berechnet, der beläuft sich bei null Prozent im Fall von Gärten und reicht bis maximal 100 Prozent bei Gebäudeflächen. Im Österreichschnitt beläuft sich der Anteil an versiegelten Flächen auf 41 Prozent - rund 60 Prozent bleiben also "proaktiv", so die Bezeichnung des Umweltbundesamts.

Wichtig sei der Anteil an Dauersiedlungsraum (DSR), also die Flächen, die überhaupt bebaut werden können, im Gegensatz zu Ödland, Gletschern oder Gewässern. 39 Prozent an DSR-Flächen gibt es in Österreich, die Mehrheit mit rund 73 Prozent Äcker, Wiesen, sechs Prozent sind Verkehrsflächen und fünf Prozent Gebäude- und Betriebsflächen. So ergibt sich, dass rund 2,9 Prozent der Staatsfläche versiegelt ist, sieben Prozent beträgt die Flächeninanspruchnahme - 7,4 Prozent Versiegelung nur bei den DSR-Flächen bei 17,9 Prozent Flächeninanspruchnahme.

In Österreich sind die Baulandreserven gesunken, gibt Kreutzer zu bedenken, und das sei ein "wesentlicher Grund warum seit 2014/2015 die Grundstückpreise gestiegen sind. Wien hat etwa nur sieben Prozent Baulandreserven, das sind zehn Quadratkilometer, während Salzburg und Tirol rund 16 Prozent haben, am besten steht es im Burgenland mit rund 33,1 Prozent. Wenn dann die Boxenstrategie doch noch beschlossen werden sollte - also nur noch ein Verbrauch von maximal neun Quadratkilometer ab 2030 - dann gebe es in Österreich mit den aktuellen Baulandreserven "Bauland für 75 Jahre".

Für Kreutzer bedeutet das ein Problem, denn Bauen sei einmal aus volkswirtschaftlichen Gründen wichtig, doch wenn die zu verbauenden Flächen immer weniger würden, dann rücke leistbares Wohnen noch weiter in die Ferne, "weil gewidmetes Bauland jedes Jahr teurer wird". Und die EU-Pläne gehen für 2050 dann noch weiter und planen ab da einen Nettoverbrauch von null. Jedoch werde Österreich bis 2060 auch um eine Million mehr an Einwohnern haben - da passe einiges nicht zusammen, fürchtet Kreutzer. Auch räumte Kreutzer ein, dass es kein Geheimnis sei, dass seine Firma auch die Baustoffindustrie berate. Was das neue Portal betrifft, so habe er mit diesem jedoch kein "monetäres Interesse". Zudem habe die Homepage 1.500 Euro gekostet, die Pressekonferenz 500 Euro - und das seien die gesamten Investitionen gewesen. Neue Daten gibt es dann wieder zum Jahreswechsel, Basis ist dabei die Grundstücksdatenbank des Bundesamts für Eich- und Vermessungstechnik (BEV).

(S E R V I C E - Online-Portal unter https://www.flaechenversiegelung.at/)

ribbon Zusammenfassung
  • Österreich hat den oftmals beschworenen "Europameister"-Titel in Sachen Flächenversiegelung bzw. -verbrauch nicht verdient.
  • Das stellte Branchenradar-Chef Andreas Kreutzer am Donnerstag bei einem Medientermin in Wien fest.
  • Geliefert werden Zahlen zur Thematik bis hinab auf die Gemeindeebene.
  • Wichtig sei der Anteil an Dauersiedlungsraum (DSR), also die Flächen, die überhaupt bebaut werden können, im Gegensatz zu Ödland, Gletschern oder Gewässern.