Josef VotziJosef Votzi/PULS 24

Babler & Kickl - Duell oder Paarlauf?

Nach Blau treibt nun auch Rot die Polarisierung auf eine neue Spitze. Bablers erhobene Faust versus Kickls spitzer Finger gegen "die da oben": Ein Experiment mit offenem Ausgang.

Eines müssen auch seine schärfsten Kritiker dem Neuen an der SPÖ-Spitze zugestehen: Andreas Babler lässt niemanden kalt - weder innerhalb und schon gar nicht außerhalb der SPÖ. Von der FPÖ bis zu den Neos haben sich Spitzenfunktionäre beinahe aller anderen Lager auf Babler eingeschossen.

Nur die Grünen halten sich auffällig zurück. Dabei drohen sie, wenn Meinungsforscher und Politologen recht haben, die relativ meisten Wähler in Richtung Rot abgeben zu müssen. Das erklärt vielleicht die grüne Zurückhaltung: Die Ökos wollen den Newcomer auf der bundespolitischen Bühne, der Ihnen jetzt auch noch mit Tempo 100 und Sympathien für die Klimakleber Konkurrenz machen will, nicht zusätzliche Aufmerksamkeit geben. "Wir haben uns darauf verständigt, Bablers Start in der SPÖ einmal in Ruhe zu beobachten", sagt ein grüner Spitzenmann. Unausgesprochene Hoffnung: Mit seinem Plädoyer für eine kompromisslose rote Basisdemokratie und seine forschen Ansagen gegen den Lobautunnel, ein Prestigeprojekt der Wiener SPÖ, könnte ihm von dort bald scharfer Gegenwind drohen.

Alte rote Themen, frisch gestrichen

Fakt ist in jedem Fall: Mit Andreas Babler kommen alte rote Themen frisch gestrichen, aber wie neu wieder auf die Agenda. Auffällig anders ist der Ton, den Babler anschlägt. Sein liebster rhetorischer Gestus ist die lautstarke Anklage gegen "die Unternehmer, die Vermieter und die internationalen Konzerne".

Seine liebstes rhetorisches Versatzstück: Die Menschen dürften nicht zu "Bittstellerinnen und Bittstellern" gemacht werden. Und, ein Spruch aus Kinderfreunde-Tagen: "Fünf Finger sind eine Faust."

Bablers Markenzeichen: Erhobene Faust

Andreas Babler ist dabei, die erhobene Faust zum neuen roten Markenzeichen zu machen.

Damit hat es der 50-Jährige geschafft im Blitztempo ein scharfes Bild von sich zu zeichnen, das ihn auch von allen seinen VorgängerInnen klar unterscheidet. Von der glücklosen Parteichefin Pamela Rendi-Wagner bis zum letzten erfolgreichen Langzeit-Kanzler Franz Vranitzky mieden führende Sozialdemokraten in Wort und Bild Klassenkampfposen wie diese –  selbst Werner Faymann, der schmerzbefreit mit populistischen Verrenkungen reichlich Erfahrung hatte.

Neue Klassenkampf-Töne: Wählermagnet oder Wählerschreck

Auch in der SPÖ stellen trotz Bablermania nachdenklichere Gemüter im kleinen Kreis die Frage: Sind in der Pose des Klassenkampfs aus roten Gründertagen heute noch Wahlen zu gewinnen? Bablers Anhänger argumentieren: Ob der vielen Krisen und Umbrüche haben sich 

noch nie so viele Menschen abgehängt und ungesehen gefühlt. Sie sind verführbar wie nie, sich an jenen Feindbildern neu aufzurichten, mit denen die FPÖ agitiert und ihren Zulauf zu vermehren sucht. Babler-Fans sind überzeugt: Mit seinem Kurs habe die SPÖ erstmals wieder

Chancen, für Wohlstandsverlierer attraktiv zu werden. Vor allem unter blauen Jungwählern, aber auch für jene, die sich längst ins Lager der Nicht-Wähler verabschiedet haben.

Wer ist Schmied, wer bleibt Schmiedl?

Rote Babler-Skeptiker wenden ein: Im Paarlauf mit der FPÖ drohe – ähnlich wie die ÖVP an der "Asylfront" – am Ende auch die SPÖ der "Schmiedl" zu bleiben und nicht der "Schmied" zu werden. Ihr Argument: Der ausgestreckte blaue Zeigefinger auf Feindbilder wie Asylwerber und Migranten obsiegt am Ende als die stärkere Geste. Die ausgestreckte Faust von Andreas Babler bereitet den Boden der Polarisierung nur weiter auf. Die Ernte fährt schlussendlich der ausgestreckte Finger von Herbert Kickl ein.

Türkis, Grün und Pink neu zwischen den Fronten

Sicher ist derzeit nur, dass Andreas Babler mit dem neuen SPÖ-Kurs nun von links zur weiteren politischen Polarisierung des Landes beiträgt. Wer davon tatsächlich am meisten profitiert, hängt vom möglichen neuen Kräftespiel zwischen diesen Fronten ab: Wo und wie sich Schwarz-Türkis, Grün und Pink in diesem neuen Spannungsfeld inhaltlich und personell positionieren. Es ist uns allen zu wünschen, dass sie mehr aufzubieten haben als noch mehr ausgestreckte Finger und noch eine erhobene Faust.

Josef Votzi ist Kolumnist des Magazin "Trend" und Kommunikationsberater (www.linkedin.com/in/josef-votzi)

Seine wöchentliche Kolumne "Politik Backstage"  jeden Freitag neu auf trend.at

ribbon Zusammenfassung
  • Nach Blau treibt nun auch Rot die Polarisierung auf eine neue Spitze.
  • Bablers erhobene Faust versus Kickls spitzer Finger gegen "die da oben": Ein Experiment mit offenem Ausgang.