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Weiter russisches Gas in Österreich: Was das bedeutet

Der russische Staatskonzern Gazprom hat am Samstag in der Früh die Lieferungen an die OMV gestoppt – es floss aber weiterhin russisches Gas durch das wichtige Drehkreuz in Baumgarten. Wie es weitergeht, was das für die Preise bedeuten könnte und was mit dem russischen Gas in Österreich passieren könnte.

Experten rechneten bereits damit, für einige war der Zeitpunkt dennoch überraschend. Am Freitag kündigte der russische Staatskonzern Gazprom an, die Lieferungen an die OMV mit Samstagfrüh zu stoppen. 

Unklar war: Kommt gar kein Gas mehr aus Russland? Doch die Zeit zeigte: Auch nach 6.00 Uhr kam weiter russisches Gas am Knotenpunkt in Baumgarten an. Dieser Central European Gas Hub (CEGH) ist ein wichtiges Drehkreuz für den Handel und Transport von Gas in ganz Europa. 

Es floss aber weniger Gas als zuvor, wie auch E-Control Experte Leo Lehr auf der Online-Plattform X teilte: "Der Fluss scheint etwas reduziert, dafür bleibt mehr in der Slowakei". In etwa 10 bis 20 Prozent weniger Gas kamen in Österreich an. 

Für wen ist das Gas? 

Der Lieferstopp scheint also ein rein wirtschaftlicher und kein physischer zu sein. "Es fließt weiterhin russisches Gas an den Übergabepunkt Baumgarten. Dort wird es aber wirtschaftlich betrachtet nicht mehr von OMV abgenommen", erklärte Lehr im "Handelsblatt".

Wem dieses Gas gehört, wisse man nicht, "aber es kommt Gas rein", erklärte E-Control-Ökonom Johannes Mayer. Es ist allerdings davon auszugehen, dass Gazprom einen anderen Kunden gefunden hat, der das Gas in Baumgarten abnimmt.

Die Finanznachrichtenagentur Bloomberg berichtet unter Berufung auf britische Gasmarktanalysten, dass ungarische und slowakische Gasversorger möglicherweise größere Mengen importieren und damit das ursprünglich für die OMV bestimmte russische Gas kaufen. 

Video: Heizkosten steigen erneut

Was bedeutet das für meine Gasrechnung? 

An den Gasbörsen ist aufgrund der Ankündigung von Gazprom am Freitag keine Panik ausgebrochen. Schon in den vergangenen Wochen zog der Großhandelspreis an - ein möglicher Lieferstopp schien in den Märkten schon eingepreist. 

Privat-Haushalte mit einem fixen Gastarif müssen sich ohnehin keine Sorgen machen - ihr Preis ist im Rahmen der vereinbarten Laufzeit mit dem Anbieter fixiert. 

Für Kund:innen mit variablen Tarifen (sogenannten Float-Tarifen) können sich kleine Preissteigerungen ergeben, wie Mayer von der E-Control sagte. "Wenn man einen solchen Vertrag abgeschlossen hat, wird man das geringfügig spüren. Die Auswirkung ist aber enden wollend". Nach aktuellem Stand rechnet der Experte maximal mit einer Erhöhung von ein bis zwei Euro pro Monat pro Haushalt. 

Langfristig lässt sich die Preisentwicklung schwer abschätzen, mit Kosten-Explosionen wie noch 2022 nach Beginn der russischen Invasion in der Ukraine rechnet allerdings kein Experte. Als mögliche Gegenmaßnahme in einem solchen Szenario gäbe es auch noch die strategische Gasreserve, die von der Republik angeschafft wurde. 

Diese könnte eingesetzt werden, um gegen steigende Preise zu reagieren. Dafür plädierte bereits der ehemalige OMV-Chef Gerhard Roiss. Im ORF-Radio sagte er, dass die Regierung Teile der Reserve freigeben könnte, um das Angebot am Markt zu erhöhen und somit preisstabilisierend zu wirken. Energieministerin Leonore Gewessler (Die Grünen) äußerte sich dazu ablehnend. "Da würde ich zur Vorsicht raten, unseren Sicherheitspolster sollten wir ohne Not nicht aufgeben."

Doch weiterhin russisches Gas für Österreich? 

Nur weil die OMV kein Gas mehr von Gazprom direkt bezieht, kann es dennoch sein, dass sie weiter russisches Gas einkauft. "Das russische Gas kann jetzt theoretisch auch an der österreichischen Gasbörse landen und dort von Kunden wie OMV gekauft werden. Der Kauf und Verkauf erfolgt dort anonym voneinander", so Lehr zum "Handelsblatt".

Dazu meinte die OMV: "Wir haben in den letzten drei Jahren große Bemühungen unternommen, unsere Lieferquellen und Transportkapazitäten mit nicht-russischem Gas zu diversifizieren. Bei einer Lieferunterbrechung von Gazprom werden wir primär auf unsere alternativen Lieferquellen zurückgreifen und unsere Kunden zuverlässig und ohne Unterbrechungen beliefern".

LNG-Terminal bringt sich ins Spiel

Solange Gas weiter in den österreichischen Pipelines ankommt, müsste die OMV keine erheblichen zusätzlichen Mengen an Gas aus anderen Ländern einkaufen - egal ob per Pipeline aus Norwegen oder Flüssiggas (LNG), das per Tanker beispielsweise in Rotterdam ankommt. Doch auch ein weiteres LNG-Terminal hat sich ins Spiel gebracht - das bislang nur mäßig ausgelastete Terminal auf Rügen in Norddeutschland.

"Die Terminalkapazitäten stehen also für sofortige Unterstützung bei der österreichischen Energieversorgung zur Verfügung", erklärte Stephan Knabe, Aufsichtsratsvorsitzender der Deutschen Regas. Von Rügen aus ließe sich Erdgas "unkompliziert und in wesentlichen Mengen" durch das deutsche und tschechische Gasfernleitungsnetz bis nach Österreich transportieren.

ribbon Zusammenfassung
  • Der russische Staatskonzern Gazprom hat am Samstag in der Früh die Lieferungen an die OMV gestoppt – es floss aber weiterhin russisches Gas durch das wichtige Drehkreuz in Baumgarten.
  • Wie es weitergeht, was das für die Preise bedeuten könnte und was mit dem russischen Gas in Österreich passieren könnte.