AFP

Inflation vs. Wirtschaftsflaute: Wie reagiert die EZB?

Am Donnerstag entscheidet die Europäische Zentralbank (EZB), wie es mit den Leitzinsen weitergeht. Um die stotternde Wirtschaft wieder ins Laufen zu bringen, dürften die Zinsen erneut gesenkt werden. Doch daran gibt es Kritik, immerhin ist die Inflation noch nicht besiegt.

Die vergangenen Jahre waren für die Währungshüter der Europäischen Zentralbank (EZB) ein wilder Ritt. Um die explodierende Inflation vor zwei Jahren in den Griff zu bekommen, wurden die Leitzinsen im Eiltempo angehoben. Die Folge: Kredite wurden teurer, Sparen attraktiver. Das ist ein gewollter geldpolitischer Effekt, um die Teuerung einzubremsen. 

Gleichzeitig macht das aber auch der Wirtschaft zu schaffen, wenn Investitionen teurer werden und weniger konsumiert wird. Und das sorgt nun für Kopfzerbrechen. Was das Wirtschaftswachstum betrifft, ist Österreich eines der Schlusslichter in der Eurozone. Man steuert nun auf das zweite Jahr in einer Rezession zu. Um der Konjunkturflaute entgegenzusteuern, wurden 2024 die Leitzinsen der EZB schon drei Mal gesenkt.

Analysten erwarten Zinssenkungen

Vor der Zinssitzung am Donnerstag sind sich Analysten einig: Die Zinsen werden erneut sinken, dann zum vierten Mal heuer. Der Hauptfinanzierungssatz der EZB liegt derzeit bei 3,4 Prozent.

Der Großteil der Analysten rechnet mit einer Zinssenkung um 25 Basispunkte (0,25 Prozentpunkte) auf 3,15 Prozent, wie Zahlen des Finanzdatenanbieters Bloomberg zeigen. Einzig die US-Investmentbank J.P. Morgan schert nach unten aus und erwartet sogar eine doppelte Zinssenkung um 0,5 Prozentpunkte auf 2,9 Prozent. 

EZB-Präsidentin Christine Lagarde nach der letzten EZB-Sitzung:

Der Einlagensatz, der für Sparer:innen besonders relevant ist, liegt derzeit bei 3,25 Prozent – den Erwartungen nach könnte dieser dann auch auf 3,0, eventuell sogar auf 2,75 Prozent sinken. Sinkende Einlagezinsen geben Banken meist an ihre Kundschaft weiter. Auf das Ersparte am Sparbuch oder dem Sparkonto könnte es also bald weniger Zinsen geben. 

Sorgen um die Wirtschaft, aber auch um die Inflation

Das "Biest Inflation", wie es EZB-Chefin Christine Lagarde zuletzt bezeichnete, sei noch nicht besiegt. Und das zeigte sich auch in den letzten Monaten. Rutschte sie in der Eurozone im September unter die angestrebte 2-Prozent-Marke, zog sie zuletzt wieder leicht an. Laut Schnellschätzung lag sie im November bei 2,3 Prozent. In den kommenden Monaten könnte sie weiter steigen, erwarten Expert:innen.

In einzelnen Sektoren bleibt die Teuerung hartnäckig – besonders bei Lebensmitteln und Dienstleistungen. Das bereitet einigen Expert:innen Sorgen um ein Wiederaufflammen der Teuerung – angesichts der wirtschaftlichen Flaute wäre das eine Hiobsbotschaft. "Die EZB sollte die Zinsen nicht zu schnell senken", warnte etwa Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer schon im Oktober, bevor die Zinsen zuletzt gesenkt wurden. 

Michael Field, Stratege für europäische Aktien bei Morningstar, sieht das wiederum anders: "Trotz eines Anstiegs der Inflationswerte in den letzten Monaten erwartet niemand, dass die EZB bei ihren Zinssenkungsbemühungen eine Pause einlegt oder ihren Kurs ändert". 

ribbon Zusammenfassung
  • Am Donnerstag entscheidet die Europäische Zentralbank (EZB), wie es mit den Leitzinsen weitergeht.
  • Um die stotternde Wirtschaft wieder ins Laufen zu bringen, dürften die Zinsen erneut gesenkt werden.
  • Doch daran gibt es Kritik, immerhin ist die Inflation noch nicht besiegt.