Industrie "zieht alles nach unten" - WIFO-Chef zur Konjunktur-Prognose

Im europäischen Vergleich ist die Inflation in Österreich immer noch sehr hoch. WIFO-Direktor Gabriel Felbermayr erklärt, woran das liegt - und wie sich die österreichische Konjunktur künftig entwickeln wird.

Die heimische Konjunktur verläuft 2023 zweigeteilt. In der Industrie ist eine Rezession zu sehen, in der Marktdienstleistung gibt es hingegen Wertschöpfungszuwächse. WIFO-Chef Gabriel Felbermayr erklärt im Newsroom LIVE, dass für die Rezession in der Industrie "hohe Energiepreise, eine sich abschwächende Weltkonjunktur und zyklische Effekte" verantwortlich seien. Aktuell würde weniger investiert werden, was die Industrie zu spüren bekomme.

Der Dienstleistungssektor fange diese Rezession jedoch auf, Gastronomie und Hotellerie etwa würde nach wie vor gut funktionieren. "Die Industrie ist der Ausreißer, der alles nach unten zieht", erklärt er. "Nicht der Dienstleistungssektor". 

Aus der Konjunkturprognose des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO) und des Instituts für Höhere Studien (IHS) geht auch hervor, dass die Inflation weiter hoch bleiben wird. Erst 2024 soll sie auf rund vier Prozent sinken. In den USA ist die Inflation indes viel schneller gesunken. Felbermayr erklärt, die FED habe besser reagiert als die EZB. Letztere habe sich "relative lange", Zeit gelassen, würde inzwischen aber "kraftvoll" reagieren.

Langfristige Verträge, langsamer Inflationsrückgang

Dass die Inflation in Österreich nur so langsam zurückgehe, ortet er in langfristigen Verträgen, die nicht tagesaktuell angepasst werden würden. Dazu zählen etwa Verträge mit Energie-Lieferanten, deren Preise letztes Jahr nur Stück für Stück gestiegen und dieses Jahr ebenso "peu a peu" sinken würden. 

Für die Europäische Union sei es aktuell schwierig, eine Zinspolitik für den gesamten EU-Raum zu schaffen, da die Anforderungen in den verschiedenen Ländern sehr unterschiedlich sind. "In Österreich bräuchte man eigentlich noch höhere Zinsen", so Felbermayr. Das hätte aber auch negative Konsequenzen, Österreich könnte dann genauso wie Deutschland in eine Rezession schlittern - dafür aber mit niedrigerer Inflation. Für Länder wie Spanien und Frankreich sei die aktuelle Zinspolitik allerdings angemessen.

Regionale Inflations-Unterschiede gibt es laut Felbermayr aber nicht nur in der EU, sondern auch in den USA - dort würde diese allerdings "nicht so prominent" diskutiert.

Quantitative Easing?

Neben der Zinspolitik hätte die EU noch die Möglichkeit, auf Quantitative Easing zurückzugreifen, erklärt Felbermayr. Dabei kauft die Zentralbank meist langfristige Wertpapiere wie etwa Staatsanleihen von den Geschäftsbanken auf. "Das drückt die Zinsen am Markt", so der WIFO-Chef. Aktuell würde dieses Programm "langsam und mit einem bestimmten Länderfokus" zurückgefahren werden.

So könnten regionale Unterschiede berücksichtigt werden. "Man könnte etwa sagen, man nimmt mehr Anleihen aus Österreich aus dem Markt hinaus und das erlaubt, dass die langfristigen Zinsen in Österreich nicht stärker steigen als in Italien oder Griechenland", so Felbermayr.

Aktuell sei aber noch unklar, ob die EU das überhaupt dürfe. 

ribbon Zusammenfassung
  • Im europäischen Vergleich ist die Inflation in Österreich immer noch sehr hoch. WIFO-Direktor Gabriel Felbermayr erklärt, woran das liegt - und wie sich die österreichische Konjunktur künftig entwickeln wird.