Zadić kündigt Änderungen bei Handy-Sicherstellung an
Grund für die Neuregelung ist ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs (VfGH), wonach die aktuelle Rechtslage zur Datenträger-Sicherstellung gegen das Recht auf Privatleben und das Datenschutzgesetz verstößt. Die entsprechenden Passagen werden deshalb Anfang 2025 aufgehoben. Laut Vorgaben des Höchstgerichts muss es für eine Sicherstellung von Smartphones, Laptops und Co. eine richterliche Genehmigung geben, in der Datenkategorie und -inhalte, Zeitraum und Ermittlungszweck der auszuwertenden Daten definiert werden. Außerdem müssten öffentliches Interesse an der Strafverfolgung und die Grundrechte der Betroffenen gegeneinander abgewogen werden. Nach Kritik am mit der ÖVP akkordierten Gesetzesentwurf verlängerte Zadić daher die ursprünglich nur auf zwei Wochen angesetzte Begutachtungsfrist, die Anfang der Woche endete.
"Es sind einige Bedenken geäußert worden, die nehme ich auch sehr ernst", meinte Zadić. Als Beispiele für Fälle von Gefahr im Verzug nannte sie etwa einen Mord. "Da ist es sinnvoll, dass die betreffende Polizei vor Ort das Handy abnehmen und schauen kann, mit wem hat das Opfer zuletzt kommuniziert. Oder bei Suchtgiftdelikten: Wenn man jemand dabei auf frischer Tat erwischt beim Suchtmittelhandel, muss man auch die Möglichkeit haben festzustellen, mit wem er zuletzt kommuniziert hat oder ob es in der Nähe ein Lager gibt. Das muss man schnell ausforschen, da kann man nicht warten, bis das Handy ausgewertet ist, weil in ein paar Tagen ist das Lager ausgeräumt. Da spielt die Zeit gegen Polizei und Staatsanwaltschaft."
Als wichtigste Empfehlung der Untersuchungskommission unter Vorsitz von Martin Kreutner zur Amtszeit von Ex-Sektionschef Christian Pilnacek wertet die Ministerin die Forderung nach einer Generalstaatsanwaltschaft als vom jeweiligen Minister bzw. der jeweiligen Ministerin unabhängige Weisungsspitze, die nach dem Vorbild der Europäischen Staatsanwaltschaft in Dreiersenaten entscheidet. "Das ist Usus und State of the art bei großen Unternehmen und bei Gerichten", so Zadić. "Warum man sich so verwehrt, dass das auch bei der Staatsanwaltschaft gelten soll, ist für mich nicht ersichtlich", meinte sie in Richtung ÖVP.
"An der Spitze darf nicht eine Person entscheiden, die für sehr lange Zeit sehr viel Macht gepachtet hat", betonte Zadić. "Wenn man jetzt sagt 'Wo ist da die Verantwortlichkeit?', dann ist das für mich nur ein vorgeschobenes Argument, weil man keine wirklich unabhängige Weisungsspitze haben will." Natürlich sei in dem Modell auch ein Leiter vorgesehen, der dem Parlament Rede und Antwort stehen und parlamentarische Anfragen beantworten könne. "Aber Entscheidungen an und für sich sollen im Gremium getroffen werden." Das sei für sie auch eine rote Linie - verhandlungsbereit sei sie beim Verfahren zur Bestellung oder Abberufung.
VfGH-Präsident Christoph Grabenwarter betonte in der "Kleinen Zeitung" (Freitag-Ausgabe) erneut, dass er die Einführung eines weisungsfreien Bundesstaatsanwaltes nicht für verfassungspolitisch verpflichtend hält. Das Weisungsrecht per se sei noch nichts Schlechtes, solange die Weisungen selbst rechtmäßig und transparent seien. "Ein Minister muss dafür gegenüber der Öffentlichkeit und dem Parlament geradestehen." Das Modell einer Weisungsspitze mit einem gegenüber dem Parlament verantwortlichen Minister sei "tief verwurzelt in unserem Verständnis des Demokratieprinzips".
Weitere Lehre für Zadić aus dem Kommissionsbericht: "Es soll keine Sonderbehandlung von Personen per Gesetz geben", betonte die Ministerin. Derzeit gibt es bei Verfahren, bei denen aufgrund der Funktion des Verdächtigen im öffentlichen Leben ein besonderes öffentliches Interesse besteht, besondere Berichtspflichten der Staatsanwaltschaften. "Das sollte man ändern." Sogenannte "clamorose" Verfahren mit verstärkter Berichtspflicht würde es dann nur aufgrund der Bedeutung einer Straftat oder bei ungeklärten Rechtsfragen geben. Und: "Man könnte sich schon auch überlegen, dass, wenn Staatsanwaltschaft und Oberstaatsanwaltschaft einer Meinung sind, der Weg zur Generalstaatsanwaltschaft nicht nötig ist." Durch die Einführung einer Generalstaatsanwaltschaft erfolge ohnehin aber auch eine Verschlankung der Fachaufsicht.
Sollten die Grünen erneut in eine Regierung kommen, wäre die Umsetzung der Generalstaatsanwaltschaft jedenfalls eine erneute Forderung, betonte Zadić. Auch die Reform des Kindschafts-, Familien- und Eherechts gehöre hier dazu. Hier habe man eine umfassende Reform und Modernisierung des Kindschaftsrechts mit einer Unterhaltsgarantie ausgearbeitet und vorgelegt, die etwa Unterhalts- und Obsorgeverfahren beschleunigt, für stärkeren Gewaltschutz sorgt und ein modernes Familienbild etablieren sollte. "Aber mit der ÖVP war da wenig zu machen, da war der Wille für ein modernes Gesetz nicht da."
Darauf aufbauend hätte es dann auch Änderungen beim Eherecht geben sollen. Darüber hinaus müssten Gewaltambulanzen österreichweit ausgerollt werden. "Ein Dauerbrenner ist auch das Mietrecht", so Zadić. Bei den Staatsanwaltschaften müsse außerdem die von ihr eingeleitete Trendwende fortgesetzt werden. Das erreiche man einerseits mit mehr Ressourcen, auch für die Gerichte, und andererseits mit klaren Befangenheitsregeln, einer Verschlankung der Fachaufsicht und weniger Berichtspflichten.
Zusammenfassung
- Justizministerin Alma Zadić kündigt Änderungen bei der Handy-Sicherstellung an, um Verbrechen schneller und effizienter aufzuklären.
- Grund für die Neuregelung ist ein Erkenntnis des VfGH, wonach die aktuelle Rechtslage gegen das Recht auf Privatleben und das Datenschutzgesetz verstößt.
- Künftig soll es eine richterliche Genehmigung für die Sicherstellung von Smartphones und Laptops geben, die Datenkategorie, Zeitraum und Ermittlungszweck definiert.
- Zadić betont die Wichtigkeit einer unabhängigen Generalstaatsanwaltschaft, die nach dem Vorbild der Europäischen Staatsanwaltschaft in Dreiersenaten entscheidet.
- Weitere Reformen betreffen das Kindschafts-, Familien- und Eherecht sowie eine Verschlankung der Fachaufsicht bei Staatsanwaltschaften.