"Spiegel"-Aufdecker: "Desinformation wie Gift in der Gesellschaft"
Rund 30 Medienhäuser, darunter auch "Der Standard" und "Der Spiegel", enttarnten eine geheime israelische Firma, das Team Jorge. Dabei offenbarte sich, dass es eine "Schattenindustrie gibt, in der Lügen und Propaganda für Geld gekauft werden" können, sagte "Spiegel"-Journalist Max Hoppenstedt im PULS 24 Interview. Dabei gehe es um gezielte Desinformation in sozialen Netzwerken, "um Einfluss zu nehmen auf die öffentliche Meinungsbildung", so Hoppenstedt.
Fake-Accounts in sozialen Netzwerken sind keine Seltenheit, doch laut den investigativen Recherchen - koordiniert von "Forbidden Stories", die das Projekt "Storykillers" betreiben - betreibt das Team Jorge eine wahre "Social-Media-Manipulationsmaschine", wie "Spiegel"-Journalist Hoppenstedt es nennt. Bis zu 30.000 täuschend echte Scheinnutzer sollen so für eigene Zwecke verwendet werden können. Mit einem Ziel: um "Themen zu setzen, Lügen zu verbreiten, Hashtags zu pushen".
15 Millionen Dollar für eine manipulierte Wahl
Direkte Einflussnahme auf die Meinungsbildung von Gesellschaften kann nicht nachgewiesen werden, für Hoppenstedt bergen diese Strukturen aber enorme Gefahren: "Desinformation funktioniert als Gift, das nach und nach in unsere Gesellschaft einsickert".
Team Jorge offenbart Undercover-Reportern nicht nur Manipulation in sozialen Netzwerken, sondern auch bei Wahlen. So sollen 33 nationale Abstimmungen auf unterschiedlichste Weise manipuliert worden sein. Anzeichen dafür finden sich laut "Spiegel" auf der ganzen Welt: in Indonesien, Nigeria oder auch Bosnien. Team Jorge soll für Wahlmanipulation bis zu 15 Millionen Dollar verlangen - in bar oder der Kryptowährung Bitcoin.
Brodnig über digitale Meinungsmanipulation
Manipulationsgefahr auch in Österreich?
Diese Entwicklungen würden auch vor Österreich nicht Halt machen, sagt Autorin und Digitalisierungsexpertin Ingrid Brodnig im Newsroom LIVE auf PULS 24 zu Anchor Thomas Mohr: "Ich glaube, dass keine Demokratie dieser Welt auf Derartiges vorbereitet ist." Politische Parteien und einzelne Entscheidungsträger seien durchaus angreifbar, meint sie. Gerade bei der Sicherheit von Handys oder verwendeter Software könne es Sicherheitslücken geben: "Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass die österreichische Politik so grenzgenial digital unterwegs ist."
Brodnig ist außerdem nicht der Meinung, dass man bereits "am Ende dieser Entwicklung" sei und nimmt die Betreiber sozialer Netzwerke in die Pflicht, solche Manipulationen stärker zu überwachen. Dennoch könnte diese Enthüllung "Leute wachrütteln", so die Autorin.
Zusammenfassung
- Eine Recherche von über 100 Journalisten gibt Einblicke in eine Schattenwirtschaft, die gegen Geld Lügen im Netz verbreitet und sogar Wahlen manipuliert.
- Bis zu 30.000 täuschend echte Scheinnutzer sollen so für eigene Zwecke verwendet werden können. Mit einem Ziel: um "Themen zu setzen, Lügen zu verbreiten, Hashtags zu pushen", sagt "Spiegel"-Journalist Max Hoppenstedt.
- Digitalisierungsexpertin Ingrid Brodnig sieht auch Sicherheitslücken in Österreich: "Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass die österreichische Politik so grenzgenial digital unterwegs ist."