APA/GEORG HOCHMUTH

Razzien: Warum wurden vorher Daten vernichtet?

Die Meinungsforscherin Sabine Beinschab wurde am Dienstag festgenommen, weil sie knapp vor der Hausdurchsuchung Daten vernichtet haben soll. Wie die "Presse" nun berichtet, soll auch die Mediengruppe "Österreich" versucht haben, Daten zu löschen.

Vergangene Woche führte die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) mehrere Hausdurchsuchungen durch. Wie PULS 24 berichtete, wurden dabei Daten in Kanzleramt, ÖVP-Zentrale, bei der Tageszeitung "Österreich" sowie bei den Meinungsforscherinnen Sophie Karmasin und Sabine Beinschab sichergestellt. Am Dienstag wurde letztere schließlich festgenommen - sie soll kurz vor der Razzia Serverdaten gelöscht haben. Das soll die WKStA bei ihren Auswertungen festgestellt haben.

Wie die "Presse" nun berichtet, soll auch die Mediengruppe "Österreich" versucht haben, Daten loszuwerden. Zumindest - so die "Presse" - sollen mehrere Cybersecurityfirmen angefragt worden sein. Es soll dabei um Serverdaten und Daten aus Clouds und Messengerdiensten mehrerer Mitarbeiter gegangen sein. Sabine Beinschab und "Österreich" sind Verdächtige in der Causa-Inseratenkorruption. Ob die Verdächtigen vorab von den Razzien wussten, ist unklar.

Fellner spricht von "Missverständnis"

Gegenüber einer darauf spezialisierten Firma soll "Österreich"-Chefredakteur Niki Fellner Mitte September behauptet haben, dass es ein Security-Leak gegeben habe, schreibt die "Presse". Damit die Hacker Daten nicht weiter absaugen könnten, sollten sie gelöscht werden, habe der Wunsch von Fellner gelautet. Der Eigentümer des Unternehmens habe für seine eigene rechtliche Absicherung eine schriftliche Beschreibung des Problems verlangt. Daraufhin habe es keinen Kontakt mehr gegeben.

Niki Fellner selbst spricht gegenüber der "Presse" von einem "groben Missverständnis". "Wir hatten Ende August in unserem Haus einen schwerwiegenden Fall von Cyberkriminalität, bei dem der Mail-Account unseres Chief Financial Officer gehackt wurde und versucht wurde, Rechnungsbeträge von insgesamt mehr als 400.000 Euro auf ein amerikanisches Konto umzuleiten. Ähnliche Versuche wurden auch bei anderen Führungskräften durchgeführt", ließ er die "Presse" wissen. Ob schließlich Daten gelöscht wurden, wollte er scheinbar nicht beantworten - die Staatsanwaltschaft ermittelt. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Razzia wurde mehrmals verschoben

Laut "Presse" sollen die Hausdurchsuchungen, die vergangene Woche stattfanden, mehrmals verschoben worden sein. Am 4. Oktober seien Exekutive und Innenministerium informiert worden, dass die Razzia verschoben wird. Am 5. Oktober soll Sabine Beinschab die Daten gelöscht haben.

Bereits in den Wochen davor kursierten Gerüchte über mögliche Hausdurchsuchungen, auch die ÖVP selbst deutete diese in mehreren Pressekonferenzen an. Eine davon - abgehalten vom ÖVP-Abgeordnetem Andreas Hanger - fand ebenfalls am 5. Oktober statt. Damit steht die Frage, ob die Verdächtigen vorab von der Hausdurchsuchung am 6. Oktober Bescheid wussten, zumindest im Raum.

Eine Woche zuvor hatte die ÖVP-Abgeordnete Gabriela Schwarz in einer Pressekonferenz von anstehenden Hausdurchsuchungen gesprochen. FPÖ-Chef Herbert Kickl spricht daher im PULS 24 Interview von einer "Strafanzeige" gegen die ÖVP-Abgeordnete. Sie habe in der Pressekonferenz vor den Hausdurchsuchungen gewarnt. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch forderte den zuständigen Minister Karl Nehammer (ÖVP) auf, zu dem im Raum stehenden "Verdacht" Stellung zu nehmen. Für FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz ist Nehammer "endgültig nicht mehr tragbar". Stephanie Krisper von den NEOS ortete ein "türkises System" im Innenministerium. Diese "Sümpfe" müsse man "endlich trockenlegen".

Innenministerium: Keine Weitergabe von Informationen

Das Innenministerium betonte, dass es vonseiten des Ressorts "keinerlei Informationsweitergabe" gegeben habe. Das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK) sei lediglich unterstützend bei der Amtshandlung der WKStA tätig gewesen und erst kurzfristig vor den Durchsuchungen informiert worden. Außerdem habe es keinerlei Berichtspflicht. 

Gaby Schwarz sprang für Nehammer in die Bresche. Die Hausdurchsuchungen seien durch Medienanfragen publik geworden. 

Um was geht es eigentlich? Die WKStA wirft dem engsten Umfeld von Sebastian Kurz (ÖVP) vor, ab 2016 mit geschönten Umfragen von Ex-Familienministerin und Meinungsforscherin Sophie Karmasin und ihrer Kollegin Sabine Beinschab Stimmung für Kurz gemacht zu haben. Für die Umfragen soll das Finanzministerium gegen Scheinrechnungen mit Steuergeld gezahlt haben. Die Umfragen sollen in "Österreich" gegen ein größeres Inseratenvolumen veröffentlicht worden sein. Die WKStA will dies mit zahlreichen Chats belegen. Für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung. 

ribbon Zusammenfassung
  • Die Meinungsforscherin Sabine Beinschab wurde am Dienstag festgenommen, weil sie knapp vor der Hausdurchsuchung Daten vernichtet haben soll.
  • Wie die "Presse" nun berichtet, soll auch die Mediengruppe "Österreich" versucht haben, Daten zu löschen.
  • Gegenüber einer darauf spezialisierten Firma soll "Österreich"-Chefredakteur Niki Fellner Mitte September behauptet haben, dass es ein Security-Leak gegeben habe, schreibt die "Presse".
  • Niki Fellner selbst spricht gegenüber der "Presse" von einem "groben Missverständnis". Ob schließlich Daten gelöscht wurden, wollte er scheinbar nicht beantworten - die Staatsanwaltschaft ermittelt. Es gilt die Unschuldsvermutung.
  • Laut "Presse" sollen die Hausdurchsuchungen, die vergangene Woche stattfanden, mehrmals verschoben worden sein. Am 4. Oktober seien Exekutive und Innenministerium informiert worden, dass die Razzia verschoben wird.
  • Am 5. Oktober soll Sabine Beinschab die Daten gelöscht haben. Bereits in den Wochen davor kursierten Gerüchte über mögliche Hausdurchsuchungen, auch die ÖVP selbst deutete diese in mehreren Pressekonferenzen an.