Politikberater Hofer: Köstinger "lässt Kanzler blöd dastehen"

Politikberater Thomas Hofer analysiert im PULS 24 Interview die Rücktritte von Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger und Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck.

Nachdem kolportiert worden war, dass Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) das Regierungsteam nach dem Parteitag am Samstag umbauen und das als seine Handschrift verkaufen will, hat Elisabeth Köstinger nun "das Heft des Handelns an sich gerissen", sagt Thomas Hofer. Sie "lässt den Kanzler blöd dastehen", da sie ihm den Handlungsspielraum genommen hat, so der Politikexperte. 

Nehammer wollte nach dem Parteitag, bei dem er zum ÖVP-Chef gewählt werden soll, das Regierungsteam umbauen und gleich Nachfolger präsentieren - nun ist er aber in der Defensive. "Für ihn ist der Schaden schon immens", sagt Hofer. 

"Image irgendwann nicht mehr zu retten"

Nach dem Rücktritt von Elisabeth Köstinger, die als enge Vertraute von Sebastian Kurz gilt, wuchs auch der Druck auf Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck - die ihren Rücktritt ungewöhnlicher Weise auf Facebook bekanntgab. Sie wollte das "bis zum Ende nicht wahrhaben", sagt Hofer, doch ihr Image war "irgendwann nicht mehr zu retten". Man wollte die Rücktritte dann zumindest an einem Tag verkünden. 

Köstinger und Schramböck zurückgetreten

Es wird nun schwer werden, jemanden neuen für die Regierung zu gewinnen, erklärt der Experte. Denn "im besten Fall" geht die Regierung noch zwei Jahre - für die kurze Zeit wolle sich das kaum jemand antun. Nehammer muss aber bis zum Parteitag am Samstag jemanden finden, in der Partei werde jedenfalls "hektisch" telefoniert. Ein Problem sei auch, dass ein Regierungsmitglied aus Tirol sein muss. Landeshauptmann Günther Platter werde darauf kurz vor der Landtagswahl nicht verzichten. 

Mehr dazu:

Ursprünglich hat es geheißen, dass auch ÖVP-Generalsekretärin Laura Sachslehner gehen müsse. Nach dem Parteitag sei vieles möglich, sagt Thomas Hofer. Davor eher nicht mehr.

Klaudia Tanner könnte zudem ins Landwirtschaftsministerium wechseln, da sie aus dem Bauernbund kommt. Während Inflation, Corona und Krieg "von Ressort zu Ressort" zu wechseln, "quasi durch die Drehtür", macht für den Experten aber "kein gutes Bild". Daher hält er auch das für unwahrscheinlich. Was durchsickert sei aber, dass Arbeitsminister Martin Kocher aufgewertet werden könnte. 

"Selbstbeschädigung in Reinkultur"

Nehammer selbst werde beim Parteitag nun dennoch "ein gutes Ergebnis" einfahren, sagt Hofer. Denn alles andere wäre für die ÖVP "Selbstbeschädigung in Reinkultur". Dennoch rumore es aber im Hintergrund. Ausruhen brauche er sich auf dem Ergebnis dann auch nicht - auch Reinhold Mitterlehner und Sebastian Kurz hatten einst über 99 Prozent und mussten dann doch weichen, so der Politikberater. 

Chaos in der ÖVP: Wer folgt nach?

Dass es nun zu Neuwahlen kommt, ist unwahrscheinlich. Die Koalition habe sich trotz inhaltlicher Differenzen und Querelen darauf verständigt, so lange durchzuhalten wie möglich. Beide stehen in Umfragen nicht gut da - und die Grünen könnten nach Wahlen höchstens in einer Dreierkoalition landen, was weniger Macht bedeuten würde. Nun werden sie sich als Stabilitätsfaktor inszenieren.

ribbon Zusammenfassung
  • Politikberater Thomas Hofer analysiert im PULS 24 Interview die Rücktritte von Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger und Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck.
  • Elisabeth Köstinger hat nun "das Heft des Handelns an sich gerissen", sagt Thomas Hofer. Sie "lässt den Kanzler blöd dastehen", da sie ihm den Handlungsspielraum genommen hat, so der Politikexperte. 
  • Nach dem Rücktritt von Elisabeth Köstinger, die als enge Vertraute von Sebastian Kurz gilt, wuchs auch der Druck auf Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck - die ihren Rücktritt ungewöhnlicher Weise auf Facebook bekanntgab.
  • Sie wollte das "bis zum Ende nicht wahrhaben", sagt Hofer, doch ihr Image war "irgendwann nicht mehr zu retten". Man wollte die Rücktritte dann zumindest an einem Tag verkünden. 
  • Nehammer selbst werde beim Parteitag nun dennoch "ein gutes Ergebnis" einfahren, sagt Hofer. Denn alles andere wäre für die ÖVP "Selbstbeschädigung in Reinkultur". Dennoch rumore es aber im Hintergrund.
  • Dass es nun zu Neuwahlen kommt, ist unwahrscheinlich. Die Koalition habe sich trotz inhaltlicher Differenzen und Querelen darauf verständigt, so lange durchzuhalten wie möglich.