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Ludwig hat "verschlafen"

Wahlkampf-Streitthema Wohnen: Kritik von FPÖ und Grünen

16. Apr. 2025 · Lesedauer 5 min

Die Wohnbaupolitik der Stadt ist auch Thema im laufenden Wahlkampf für die Wien-Wahl: Sowohl die FPÖ als auch die Grünen verorteten am Mittwoch zahlreiche Missstände in der Wohnbaupolitik der Stadtregierung.

Rund anderthalb Wochen vor der Wahl in Wien versucht die Opposition gegen die Bürgermeister-Partei SPÖ zu punkten und setzt beim Thema Wohnen an. Besonders scharfe Kritik kam von FPÖ-Spitzenkandidaten Dominik Nepp. 

Es würde sich deutlich zeigen, dass es SPÖ-Bürgermeister Michael Ludwig schon in seiner Zeit als Wohnbaustadtrat "verschlafen" habe, Gemeindebauten zu sanieren, so der FPÖ-Spitzenkandidat Dominik Nepp bei einer Pressekonferenz. So sei ein Sanierungsstau von bis zu 10 Milliarden Euro entstanden.

Zahlreiche Bauten seien einsturzgefährdet, nicht behobene Wasserschäden würden zu Schimmel führen und zerbrochene Fenster "ein menschenwürdiges Leben teilweise unmöglich machen", erläuterte Nepp. Als konkrete Beispiele nannte er exemplarisch Bauten am Handelskai oder der Baumgartenstraße.

Nepp: Gemeindebau nur noch für Staatsbürger

Auch der Rechnungshof habe festgestellt, dass viele Wiener Gemeindewohnungen Sanierungsbedarf aufweisen würden."Bürgermeister Ludwig ist dann auch noch so dreist und erhöht die Mieten mehrmals in den letzten Jahren", kritisierte der Wiener FPÖ-Chef. Was es nun brauche, sei ein umfassender Ausbau der Gemeindebauten und eine Anpassung an die Wohnbaugenossenschaften.

Diese würden bei Ausfinanzierung des Bauprojekts ihre Mieten auf den Grundbetrag senken, was die Mietkosten auch in den Gemeindebauten um bis zu 40 Prozent senken würde, behauptet Nepp.

Video: Wien-Wahl - Das fordern die Parteien

Außerdem solle die Wohnbauhilfe an die Staatsbürgerschaft gekoppelt und Gemeindebauwohnungen nur mehr an Österreicherinnen und Österreicher vergeben werden. Auch geförderte Wohnungen sollten nur noch an Personen mit österreichischer Staatsbürgerschaft und "nachweislich Integrierte" gehen.

Anlageverluste von bis zu 70 Mio. Euro

FPÖ-Bundesbautensprecher Michael Oberlechner verwies darauf, dass nicht nur Wiener Wohnen für die momentane Situation verantwortlich sei, sondern auch die Sozialbau AG. Unter dem ehemaligen Generaldirektor Josef Ostermayer (SPÖ) sei es zu Veranlagungsverlusten von bis zu 70 Mio. Euro gekommen.

Mit diesen Geldern hätten 1.500 neue Sozialwohnungen finanziert werden können, der soziale Wohnbau sei daher "völlig außer Kontrolle" befand Oberlechner. An diesem Sozialbauverbund sei über "komplexe Strukturen" auch ein SPÖ-naher Verein, nämlich der Verband der Wiener Arbeiterheime beteiligt.

"Man merkt, das rote Herz schlägt für die eigenen Genossen aber nicht für die Menschen", so der Bundesbautensprecher. Auch das Schweigen der ÖVP und der NEOS zu diesen Missständen sei auffällig, meinte Oberlechner.

SPÖ weist Vorwürfe zurück

Die Wiener SPÖ wies die blauen Anschuldigungen umgehend zurück. "Wien steht seit über einem Jahrhundert für leistbaren und qualitätsvollen Wohnraum. Die jüngsten Aussagen der FPÖ entbehren erneut jeder sachlichen Grundlage und dienen lediglich der politischen Stimmungsmache", betonte SPÖ-Landesparteisekretärin Barbara Novak.

Video: Mietervereinigung zum Wien-Wahlkampf

Man habe seit 2021 unter anderem eine Milliarde Euro in die Sanierung und Neubau von Wohnungen investiert. Novak verwies darauf, dass mit der aktuellen "Wohnbau-Offensive 2024plus" aktuell rund 22.000 Wohnungen für bis zu 45.000 Menschen entstehen würden. "Während wir bauen, bleibt die FPÖ bei leeren Parolen", hielt die rote Wahlkampfleiterin fest.

Grüne wollen Leerstand bekämpfen

Die grüne Spitzenkandidatin Judith Pühringer und Wohnsprecher Georg Prack wollen hingegen mit einem neuen Modell der Leerstandsabgabe gegen leerstehende Wohnungen in Wien vorgehen.

Geschätzt gebe es davon rund 80.000 in Wien, eine genaue Bezifferung wäre nicht möglich, da diese "nicht erfasst und nicht besteuert werden", bekräftigte Prack in einer Pressekonferenz. Wien müsse "konsequent gegen Spekulationsleerstand vorgehen", meinte Pühringer.

Die SPÖ ruhe sich hier aus und verspiele das Erbe des leistbaren Wohnraums, so die grüne Spitzenkandidatin. Das heute präsentierte Modell zur Leerstandsabgabe sei progressiv. Die Abgaben würden daher mit der Leerstandsdauer steigen. Die Berechnung der Abgabe würde auf Basis des Richtwertzinses, der momentan bei 6,67 Euro liegt, erfolgen.

So sollen im ersten Jahr zwei Drittel des Richtwertzinses pro Quadratmeter pro Monat anfallen. Im zweiten Jahr wäre es der ganze, im dritten der doppelte Zins. Für eine 75 Quadratmeter große Wohnung würde das im Endeffekt knapp über 12.000 Euro im Jahr ergeben. So solle der Druck auf Vermieterinnen und Vermieter erhöht werden, die Wohnungen wieder auf den Markt zu bringen, hieß es.

Umfassende Ausnahmen

Prack betonte gleichzeitig auch, dass umfassende Ausnahmen vorgesehen seien. Es solle lediglich Spekulationsleerstand verhindert werden. So würde die Abgabe nur für Wohnungen gelten, die länger als sechs Monate leerstehen würden. Auch Nebenwohnsitze oder Leerstände im Zuge von Sanierung, Verlassenschaftsverfahren oder Pflege wären von einer Abgabe ausgenommen, so der grüne Wohnsprecher.

KPÖ will "Wohn-Pickerl"

Auch die KPÖ hat am Mittwoch ihre wohnungspolitischen Positionen präsentiert. Gefordert wird in dem vom Wiener Wohnbauforscher Wolfgang Förster erarbeiteten Programm ein umfangreiches Gemeindebauprogramm mit mindestens 5.000 neuen Gemeindewohnungen jährlich.

Finanziert werden soll dies durch eine Wohnbauabgabe von Investoren freifinanzierter Bauten sowie eine Bodenabgabe auf nicht bebautes gewidmetes Bauland. Zudem fordert die KPÖ, dass Vermieter in Form eines "Wohn-Pickerls" alle drei Jahre die Bewohnbarkeit des Hauses nachweisen müssen. Unbewohnbare Häuser sollen "vergesellschaftet" und wieder nutzbar gemacht werden. Langfristig strebt die KPÖ überhaupt eine "Vergesellschaftung des Wohnens" an.

Zusammenfassung
  • Die FPÖ kritisiert die Wohnbaupolitik der Stadt Wien und wirft Bürgermeister Ludwig vor, einen Sanierungsstau von bis zu 10 Milliarden Euro verschlafen zu haben.
  • Laut Rechnungshof haben 75 Prozent der Wiener Gemeindewohnungen Sanierungsbedarf, was die FPÖ als Grund für ihre Forderung nach einem Ausbau der Gemeindebauten sieht.
  • Die Grünen wollen mit einer Leerstandsabgabe gegen Spekulationsleerstand vorgehen und schätzen, dass es etwa 80.000 leerstehende Wohnungen in Wien gibt.
  • Die SPÖ weist die Vorwürfe zurück und hebt hervor, dass seit 2021 eine Milliarde Euro in die Sanierung und den Neubau von Wohnungen investiert wurde.
  • Die KPÖ fordert jährlich 5.000 neue Gemeindewohnungen und eine Bodenabgabe auf nicht bebautes gewidmetes Bauland zur Finanzierung.