AFP

Scholz vs. Merz

Duell: "Märchenschloss" vs. "Reiche-Leute-Ideologie"

In zwei Wochen stehen in Deutschland Bundestagswahlen an. Am Sonntag trafen Bundeskanzler Olaf Scholz und Herausforderer Friedrich Merz erstmals in einem direkten TV-Duell aufeinander. Hart zur Sache ging es beim Umgang mit der AfD und der Wirtschaft - und bei der Frage, wer denn nun den härteren Migrationskurs fahre.

Der deutsche Wahlkampf kann bisher als turbulent bezeichnet werden. Vor rund einer Woche gab es im Bundestag ein Abstimmungs-EklatDie CDU hatte erstmals einen Beschluss mit den Stimmen der teils rechtsextremen AfD durchgesetzt. Viele werteten das als Ende der "Brandmauer" – es gab große Demonstrationen in zahlreichen Städten.

Zwei Wochen vor der Bundestagswahl am 23. Februar fand nun das erste direkte TV-Duell zwischen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Herausforderer Friedrich Merz (CDU) statt. 90 Minuten lang stellten sich die Kontrahenten den Fragen von Maybrit Illner und Sandra Maischberger auf ARD und ZDF.

"Keine Zusammenarbeit mit der extremen Rechten"

Laut Umfragen liegt die CDU mit Merz klar voran. In den sozialen Medien wurde deshalb vorab schon gewitzelt, ob es sich überhaupt um ein Kanzlerduell handeln würde. Bei der vergangenen Wahl holte sich Scholz allerdings in einer spektakulären Aufholjagd noch einen Last-Minute-Sieg. Darauf scheint er auch dieses Mal zu hoffen. Er sei "überzeugt", wieder ein Mandat zu bekommen, so Scholz. 

Die Wähler hätten bei der TV-Diskussion am Sonntagabend schließlich gesehen, "warum es mit der CDU nicht funktioniert". Auf die SPD sei Verlass, sie arbeite sicher nicht mit der AfD zusammen, betonte der Kanzler mehrmals. Er wolle "keine Zusammenarbeit mit der extremen Rechten".

Generell zeigten die beiden, die nach der Wahl womöglich eine Koalition verhandeln müssen, in wenigen Fragen Einigkeit. "Ein Wortbruch und ein Tabubruch" war die Abstimmung mit der AfD für Scholz. Er könne Merz nicht vertrauen, dass dieser nicht doch mit der AfD koalieren wolle. 

Herausforderer Merz, der sich als Oppositionspolitiker sonst in der Angriffsposition befand, musste in dieser Frage in Verteidigung gehen. Nach dem Vorfall im bayrischen Aschaffenburg, bei dem ein Asylwerber zwei Menschen getötet haben soll, habe er es "mit meinem Gewissen" nicht mehr vereinbaren können, nichts zu unternehmen, meinte Merz. Er versicherte nun aber, dass es keine Zusammenarbeit mit der AfD mehr geben werde.

"Warum soll man so doof sein?"

Es folgte eine harte Diskussion darüber, wer denn nun den härteren Migrationskurs fahre. Die Pläne der Union zur Zurückweisung von Migranten an der Grenze wies Scholz erneut als rechtswidrig zurück und warnte vor einer "europäischen Krise". Eine Zurückweisung an der Grenze ginge nur, wenn es nicht um Asylanträge ginge.

Deutschland brauche Solidarität, wenn es um das europäische Asylpaket oder einen etwaigen Zoll-Streit mit den USA gehe, so Scholz. Er fragte Merz: "Warum soll man so doof sein", dem von der Regierung vorgelegten Gesetz zur Umsetzung der europäischen Asylreform nicht zuzustimmen. 

Auch Scholz meinte, dass man sich mit Taten wie jener in Aschaffenburg "niemals abfinden" könne. Er meinte aber, dass die irreguläre Migration in seiner Amtszeit zurückgegangen sei und es mehr Abschiebungen gegeben habe. "Es hat noch nie schärfere Gesetze gegeben, als die, die ich durchgesetzt habe", so Scholz.

Merz sah Scholz in diesen Punkten allerdings im "Märchenschloss": "Sie leben nicht in dieser Welt", so der CDU-Politiker, der sich schon als Wahlsieger sieht. Auf die Frage, ob er Koalitionsgespräche mit der SPD führen wolle, lachte Merz zunächst nur, bejahte dann aber.

Er sieht in Deutschland keine Mehrheit für eine linke Regierungsarbeit und meint, dass sich SPD und Grüne zur Mitte bewegen müssten. 

"Es ist was los und wir müssen was tun"

Amtsinhaber Scholz gab sich im Duell teils angriffiger als sein Herausforderer, der wegen seines Umfragenvorsprungs große Fehler wohl vermeiden wollte. Äußerungen von Merz nannte Scholz "lächerlich" oder "Sprechblasen". Merz blieb bei Fragen zur Finanzierung seiner Pläne teils aber wirklich vage. Im Großen und Ganzen blieb das Duell jedoch sachlich. 

Tabu-Bruch in Deutschland: CDU bildet Mehrheit mit AfD

Inhaltlich hart zu Sache ging es allerdings bei der Wirtschaft. Merz warf Scholz eine gestörte Wahrnehmung bei der krisenhaften Lage der deutschen Wirtschaft vor. "Ich bin einigermaßen erschüttert, mit welcher Wahrnehmung Sie hier heute Abend den Zustand unserer Wirtschaft beschreiben", sagte der Unionskanzlerkandidat. Er fügte direkt an den Kanzler gewandt hinzu: "Das hat mit der Realität da draußen - ehrlich, Herr Scholz - gar nichts zu tun."

Scholz hatte zuvor erklärt, es gebe in Deutschland keine Deindustrialisierung. Merz hielt Scholz entgegen, es gebe im Land eine Insolvenzwelle wie nie in den letzten 15 Jahren. "50.000 Unternehmen sind in Ihrer Amtszeit in Deutschland in die Insolvenz gegangen, fast die Hälfte davon im letzten Jahr", sagte Merz.

Scholz räumte ein: "Es ist was los und wir müssen was tun." Der Kanzler verwies aber unter anderem auf eine steigende Zahl von Erwerbstätigen. Zudem gebe es in Deutschland die zweitniedrigste Arbeitslosigkeit unter allen wirtschaftsstarken Demokratien der G7-Gruppe.

"Ich habe die Ukraine nicht überfallen, ich habe die Gaslieferungen nicht eingestellt. Das war Putin", bat er um Nachsicht. 

"Das ist der Unterschied zwischen uns beiden"

Merz warf Scholz dann vor, dass er Atomkraftwerke abgedreht habe - Scholz konterte, dass dies mit der Wirtschaft nichts zu tun und er das gar nicht beschlossen habe.

Große Uneinigkeit herrschte erwartbar bei Einkommenssteuern. Scholz meinte, er wolle eben jene einen Beitrag zahlen lassen, die Millionen verdienen. "Das ist der Unterschied zwischen uns beiden", sagte er zu seinem Herausforderer, dem er "Reiche-Leute-Ideologie" vorwarf. 

Grundsätzlich einig waren sich die beiden, dass man der Ukraine weiter helfen müsse. Merz betonte mehrmals, dass er am kommenden Wochenende amerikanische Vertreter auf der Münchner Sicherheitskonferenz treffen werde. Scholz zeigte sich weiterhin sehr vorsichtig, was eine etwaige Beteiligung der NATO am Krieg und die Lieferung von Langstreckenraketen an die Ukraine angeht. 

Ohne FDP? "Ärmer, aber durchaus lebensfähig"

Auch dem neuen US-Präsidenten gegenüber zeigten sich beide besorgt, Merz hatte aber Verständnis für Trumps Vorstellung, nach der es nur zwei Geschlechter gebe.

Einig waren sich Merz und Scholz auch bei der Frage, was ein FDP-Aus im Bundestag bedeuten würde: Der Bundestag wäre dann "ärmer, aber durchaus lebensfähig".

Bei der Schuldenbremse signalisierte Merz zumindest Kompromissbereitschaft. 

Die Union kommt derzeit auf 29 bis 34 Prozent, Scholz und die SPD liegen dagegen weit abgeschlagen mit 15 bis 18 Prozent nur auf Platz drei hinter der AfD. Scholz hat nun nur noch 14 Tage, den Rückstand von 11 bis 17 Prozentpunkten in den Umfragen aufzuholen. 

Wien als Warnsignal: So sieht Deutschland Kickl

Zusammenfassung
  • In zwei Wochen stehen in Deutschland Bundestagswahlen an. Am Sonntag trafen Bundeskanzler Olaf Scholz und Herausforderer Friedrich Merz erstmals in einem direkten TV-Duell aufeinander.
  • Hart zur Sache ging es beim Umgang mit der AfD und der Wirtschaft - und bei der Frage, wer denn nun den härteren Migrationskurs fahre.