Italiens Migrantenzentren in Albanien starten kommende Woche
"Die Aufnahmezentren ähneln jenen, die sich auf italienischem Gebiet befinden. Es gibt keinen Stacheldraht. Jeder kann einen Antrag auf internationalen Schutz stellen und bekommt ihn innerhalb weniger Tage", erklärte der Innenminister.
In Shengyin wurde das erste Aufnahmezentrum eingerichtet. Hier werden die Migranten, sobald sie das Schiff verlassen haben, gesundheitlich untersucht, identifiziert und mit Essen versorgt. Von Shengyin aus werden die Migranten dann im Laufe des Tages in das einige Dutzend Kilometer entfernte Auffanglager Gyader gebracht.
Das Lager in Gyader ist in drei Bereiche unterteilt: Im größten Bereich werden Migranten untergebracht, die einen Asylantrag gestellt haben und auf eine Antwort warten. Der zweite ist ein Abschiebungszentrum. Hier werden diejenigen untergebracht, deren Asylantrag abgelehnt wurde. Der dritte Teil ist hingegen ein kleines Gefängnis, in dem diejenigen, die im Lager Straftaten begehen, eingesperrt werden sollen.
Die ursprünglich im Mai geplante Eröffnung der beiden Zentren war aufgrund der Beschaffenheit des Geländes, der während der Arbeiten aufgetretenen Probleme und der ungünstigen Witterungsverhältnisse im August wiederholt verschoben worden. Die Zentren wurden von Menschenrechtsgruppen als Externalisierung der Migrationsbearbeitung und Schaffung eines "neuen Guantanamo" kritisiert. Mehrere andere europäische Länder erklärten dagegen, sie würden das Modell gerne nachahmen. Auch Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) sprach diesbezüglich von einem Vorbild.
Premierministerin Giorgia Meloni begrüßte die Migrantenzentren. Sie seinen eine "innovative Lösung" im Umgang mit den Migrantenströmen und im Kampf gegen Schlepperei, sagte Meloni nach dem Gipfeltreffen der Länder der Gruppe Med9 in Pafo auf Zypern am Freitag.
Italiens oppositionelle Linkspartei Alleanza Verdi e Sinistra (AVS) warnte, dass Meloni auf albanischem Boden ein Gefängnis für Migranten plane, die in den beiden Aufnahmelagern straffällig werden. Im Gefängnis sollen 45 Polizisten eingesetzt werden. Die Oppositionspartei warnte vor der Gefahr unmenschlicher Haftbedingungen für die Migranten.
Die Opposition kritisierte zudem, die Zahl der Migranten werde sich nur wenig reduzieren, dafür sei das Projekt sehr teuer. Sie schätzt die Kosten auf mindestens 650 Millionen Euro. Auch der albanische Premier Edi Rama wurde wegen des Abkommens in Albanien kritisiert. Er hatte das Vorhaben wiederholt als Geste der "Solidarität" gegenüber Europa verteidigt. Albanien strebt so wie weitere Staaten des Westbalkan eine Mitgliedschaft in der Europäischen Union an.
Zusammenfassung
- Italien eröffnet nächste Woche zwei Flüchtlingslager in Albanien, die ohne Stacheldraht auskommen und schnelle Asylverfahren bieten sollen, wie Innenminister Matteo Piantedosi erklärte.
- Das Lager in Gyader ist in drei Bereiche unterteilt: für Asylantragsteller, ein Abschiebungszentrum und ein kleines Gefängnis mit 45 Polizisten, was von Menschenrechtsgruppen scharf kritisiert wird.
- Die Projekte, die ursprünglich im Mai eröffnet werden sollten, wurden aufgrund von Geländeproblemen und Wetterbedingungen verschoben und kosten schätzungsweise 650 Millionen Euro.