Österreichs Grenzschutz "auf Menschenrechts-Verletzungen angelegt"

Migrationsforscher Gerald Knaus spricht im Newsroom LIVE über die Grenzschutzprobleme der EU: Man sollte sich auf die Außengrenze konzentrieren, die Schließung der Balkan-Route sei "krachend" gescheitert, die Idee, Migranten in Bosnien zu halten "absurd".

Die Migration in Italien hat sich verdreifacht, am Dienstag wurde der Ausnahmezustand verhängt. Migrationsexperte Gerald Knaus sieht aber in ganz Europa eine Migrations-Krise. Es würde zwar stimmen, dass mehr Menschen als je zuvor über das Mittelmeer in die EU einzureisen versuchen, so Knaus im Newsroom LIVE, allerdings sei das immer noch weitaus weniger als 2015 in Griechenland.

Die EU habe aktuell keine Lösungen für die Migrationsprobleme und Menschenrechtsverletzungen werden laut Knaus einkalkuliert. Auch Österreich steht in der Kritik, weil es menschenrechtswidrige Camps in Bosnien finanziere.

"Absurde" Strategie

Die NGO SOS-Balkanroute spricht von einem österreichischen "Guantanamo" in Bosnien. Österreichisch, weil dieses "Camp" von der Bundesregierung und dem Land Oberösterreich finanziert werden soll. 

"Guantanamo" sei das Lager keines, so Knaus, weil die Menschen dort jahrelang untergebracht wurden. Die Strategie hinter dem Lager sei aber klar: Es würde versucht, Menschen, die nach Kroatien kommen, zurückzustoßen und das sei "illegal". Das sei auch von mehreren Seiten, unter anderem dem Europarat, gut dokumentiert worden. Es würde versucht, Menschen am Westbalkan festzuhalten und dann von Bosnien aus abzuschieben.

"Menschen werden hier zermürbt"

Knaus findet diese Strategie absurd: "Wenn es Österreich mit seinem diplomatischen Dienst, oder Deutschland, nicht schaffen in die wichtigsten Länder zurückzubringen, wie soll es Bosnien-Herzogovina schaffen?" Dieses "Konzept" sei auf "Menschenrechtsverletzungen angelegt. Menschen werden hier zermürbt". Diese Art von Pushbacks sollte es nicht mehr geben, man müsse sich auf die EU-Außengrenze konzentrieren. "Die Idee der Schließung der Balkan-Route ist krachend gescheitert, das haben wir im letzten Jahr an den Asylantragszahlen gesehen", so Knaus.

Auch wenn die EU eine Mauer um Bosnien bauen würde, würden es die Menschen weiterhin versuchen, in die EU zu kommen. "Kein Syrer, kein Afghane, der Bosnien erreicht hat, bleibt in Bosnien - die Idee, die dahinter steht, dass von Bosnien aus Abschiebungen leichter fallen würden", sei nicht realistisch und "absurd". 

Zusammenarbeit als Präventionsarbeit

Mauern und Zäune würden nicht helfen, da die Menschen über das Meer einreisen. Es bräuchte wieder eine "aktive Migrationsdiplomatie" mit der Türkei. Pushbacks sind für den Migrationsforscher nicht akzeptabel und "nicht im Interesse des Rechtsstaats".

Rechte Rhetorik würde keine Lösungen in Migrationsfragen bringen. Aktuell sei die EU hilflos bei dem Thema. So hätte sich die Krise in Tunesien, ein Land Nordafrikas, bereits lange abgezeichnet. Seit vier Jahren gibt es massive Migration, die EU habe versagt: Es gäbe keine legalen Wege der Migration und es wurden mit Tunesien keine Vereinbarungen getroffen, dass Menschen schnell zurückgenommen werden würden. 

Tunesien ist ein wichtiges Transitland für Flüchtlinge, die über die gefährliche Mittelmeer-Route nach Europa gelangen wollen. Die italienische Insel Lampedusa liegt weniger als 150 Kilometer von der tunesischen Küste entfernt. Laut der Internationalen Organisation für Migration haben allein am Osterwochenende 3.000 Geflüchtete Italien erreicht. Seit Beginn des Jahres seien mehr als 31.000 Menschen dort angekommen.

ribbon Zusammenfassung
  • Migrationsforscher Gerald Knaus spricht im Newsroom LIVE über die Grenzschutzprobleme der EU: Man sollte sich auf die Außengrenze konzentrieren, die Schließung der Balkan-Route sei "krachend" gescheitert, die Idee, Migranten in Bosnien zu halten "absurd".