AFP

Geld-Stopp für UNRWA: UNO warnt von "katastrophalen" humanitären Folgen

Mehrere UN-Organisationen haben vor einem Stopp der Finanzierung des massiv in die Kritik geratenen UN-Palästinenserhilfswerks UNRWA gewarnt.

"Die Entscheidungen von mehreren Mitgliedstaaten, die Mittel für UNRWA auszusetzen, werden katastrophale Folgen für die Menschen im Gazastreifen haben", erklärten die Leiter von einer Reihe von UN-Organisationen in einer gemeinsamen Stellungnahme.

"Weitreichende" humanitäre Konsequenzen

"UNRWA Mittel zu entziehen ist gefährlich und würde zu einem Zusammenbruch des humanitären Systems im Gazastreifen führen", heißt es weiter. Dies hätte "weitreichende" humanitäre Konsequenzen und Konsequenzen mit Blick auf die Menschenrechte in den besetzten Palästinensergebieten und in der gesamten Region, heißt es in der Erklärung des sogenannten Ständigen interinstitutionellen Ausschusses der Vereinten Nationen.

"Die Welt darf die Menschen im Gazastreifen nicht im Stich lassen."

13 UNRWA-Mitarbeiter unter Verdacht

Unterzeichnet wurde die Erklärung unter anderem vom UNO-Koordinator für humanitäre Angelegenheiten, Martin Griffiths, von UNO-Menschenrechtskommissar Volker Türk, vom Chef des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen, Achim Steiner, von der Leiterin des Kinderhilfswerks UNICEF, Catherine Russell, und vom Chef der Weltgesundheitsorganisation WHO, Tedros Adhanom Ghebreyesus.

13 Mitarbeiter von UNRWA stehen im Verdacht, in den beispiellosen Angriff der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober verstrickt gewesen zu sein.

Österreich und andere Staaten - etwa Deutschland, Großbritannien, Japan, Kanada, Neuseeland und die USA - kündigten als Reaktion auf die Vorwürfe an, ihre Zahlungen an das Hilfswerk vorerst zu stoppen.

"Keine Organisation kann UNRWA ersetzen"

UNO-Generalsekretär António Guterres wollte am Dienstag in Gesprächen mit Geberstaaten für weitere Mittel für UNRWA werben. Die UNO-Beauftragte für humanitäre Hilfe und Wiederaufbau im Gazastreifen, Sigrid Kaag, sagte unterdessen in New York, keine Organisation könne UNRWA in dem Palästinensergebiet ersetzen.

Das Palästinenserhilfswerk habe "unglaubliche Fähigkeiten" und eine große Kenntnis über die Bevölkerung im Gazastreifen. Auch der Sprecher des US-Außenministeriums, Matthew Miller, betonte, keine humanitäre Organisation könne "Lebensmittel, Wasser und Medikamente" im Gazastreifen zur Verfügung stellen wie UNRWA.

"Wir wollen, dass diese Arbeit weitergeht, weswegen es so wichtig ist, dass die Vereinten Nationen diese Angelegenheit ernst nehmen, dass sie Untersuchungen vornehmen, dass diejenigen zur Rechenschaft gezogen werden, die sich ein Fehlverhalten zu Schulden haben kommen lassen."

"Verheerende Auswirkungen für Zivilgesellschaft"

Keine andere Organisation habe die Kapazitäten "für eine massive Hilfsorganisation, wie sie jetzt erforderlich ist", ohne UNRWA sei das "zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht machbar", unterstrich auch Matthias Schmale, der bis 2021 das Palästinenserhilfswerk leitete, am Mittwoch im "Ö1-Morgenjournal". Würden die Geldgeber ihre Zahlungen nicht wieder aufnehmen, müsse UNRWA die Arbeit einstellen mit "verheerenden Auswirkungen für die Zivilgesellschaft".

Schmale nannte die 13 unter Verdacht stehenden Mitarbeitern "eine sehr kleine Minderheit, 13 von 13.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern". Mindestens 95 Prozent des UNRWA-Personals vor Ort seien Palästinenserinnen und Palästinenser aus dem Gazastreifen - bei einer "solch riesigen Organisation kann man nicht ausschließen, dass es Verbindungen zur Hamas" gebe. Die UNRWA habe aber "sehr strikte Monitoringmaßnahmen", es werde genau überprüft, wie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre Arbeit machten.

Auch müsse man bei der Einstellung einen Verhaltenskodex unterschreiben, mit dem man sich "ganz klar gegenüber den UNO-Werten verpflichten". Teil dieser Werte sei es, sich nicht politisch zu engagieren und schon gar nicht an Verbrechen zu beteiligen. Halte man sich nicht an die UNO-Werte, würden Untersuchungen durchgeführt und "entsprechende Disziplinarmaßnahmen" unternommen.

Strafrechtliche Konsequenzen

Schmale sagte, er habe es nicht für möglich gehalten, dass sich Mitarbeitende an Massakern beteiligen würden. Das sei "überhaupt nicht" zu akzeptieren. Stellten sich die Anschuldigungen als wahr heraus, habe dies nicht nur disziplinarische, sondern strafrechtliche Konsequenzen.

Es sei allerdings "naiv zu glauben, dass man in einem Gebiet wie dem Gazastreifen, das von der Hamas kontrolliert wird, arbeiten kann, ohne Arbeitsbeziehungen zu haben, ohne pragmatische Absprachen zu treffen", sagte Schmale. Das heiße nicht, "mit der Ideologie übereinzustimmen oder die Taten zu rechtfertigen, sondern das bedeutet lediglich, sich die Freiräume zu schaffen, unabhängig die eigene Arbeit durchführen zu können".

ribbon Zusammenfassung
  • Mehrere UN-Organisationen haben vor einem Stopp der Finanzierung des massiv in die Kritik geratenen UN-Palästinenserhilfswerks UNRWA gewarnt.
  • "Die Entscheidungen von mehreren Mitgliedstaaten, die Mittel für UNRWA auszusetzen, werden katastrophale Folgen für die Menschen im Gazastreifen haben", erklärten die Leiter von einer Reihe von UN-Organisationen in einer gemeinsamen Stellungnahme.
  • "UNRWA Mittel zu entziehen ist gefährlich und würde zu einem Zusammenbruch des humanitären Systems im Gazastreifen führen", heißt es weiter.
  • Dies hätte "weitreichende" humanitäre Konsequenzen und Konsequenzen mit Blick auf die Menschenrechte in den besetzten Palästinensergebieten und in der gesamten Region.