Folter-Opfer zeigen Interpol-Chef in Wien an
In Wien findet ab Dienstag die Interpol-Generalversammlung statt, an der auch der Präsident der internationalen Polizeiorganisation, Ahmed Naser al-Raisi, teilnehmen wird. Gegen ihn wurde in Wien am Montag eine Strafanzeige eingereicht.
Zwei Briten werfen al-Raisi vor, als Generalinspektor des Innenministeriums der Vereinten Arabischen Emirate für ihre willkürliche Festnahme und Folter verantwortlich gewesen zu sein. Die Anzeige werde nun geprüft, bestätigte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft gegenüber PULS 24.
Sieben Monate Isolationshaft
Bei den beiden Briten handelt es sich um Matthew Hedges und Ali Issa Ahmed. Hedges wurde 2018 bei einer Forschungsreise in den Vereinigten Arabischen Emiraten festgenommen, weil er verdächtigt wurde, ein britischer Spion zu sein. Er verbrachte beinahe sieben Monate in Einzelhaft, währenddessen seien ihm Drogencocktails verabreicht worden.
"Ich hörte Schmerzensschreie" von malträtierten Häftlingen nebenan, erzählte er in Wien. Er wurde zu einem falschen Geständnis gezwungen. Verurteilt wurde er in einem Prozess zu einer lebenslänglichen Haftstrafe. Nach großem internationalem Druck wurde er freigelassen.
Folter mit Elektroschocks
Auch Ahmed erhebt schwere Vorwürfe: Er kam 2019 als Fan für ein Fußballturnier in die Vereinigten Arabischen Emirate und wurde in seinem Auto angehalten, offenbar weil er ein T-Shirt mit der Fahne von Katar getragen hatte. Die Beziehung zwischen dem Golf-Staat und den Vereinigten Arabischen Emiraten war damals angespannt.
"Sie haben mich gefesselt auf die Rückbank gelegt und mir einen Plastiksack über den Kopf gezogen", schildert Ahmed. Zudem hätten die Beamten ihn mit einem Messer gestochen, danach sei er während seiner Haft mit Elektroschocks gequält, geschlagen und mit Feuer verletzt worden.
Schließlich wurde er dazu gezwungen, ein Geständnis zu unterschreiben, dass er Missetaten begangen habe. Auch Ahmad kam nach internationaler Intervention frei.
Strafrechtliche Verfolgung in Österreich?
Al-Raisi war damals Generalinspektor des Innenministeriums der Vereinigten Arabischen Emirate. Ahmed und Hedges erhoffen sich nun, dass die österreichischen Behörden die Vorwürfe untersuchen und strafrechtlich verfolgen.
Dass die Verbrechen nicht hierzulande passiert sein sollen, ist für eine Verfolgung nebensächlich. Österreich kann aufgrund der universellen Gerichtsbarkeit Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und Folter verhandeln, wenn die Verdächtigen sich im Land befinden.
Interpol-Generalsekretär Jürgen Stock wollte sich vor dem Auftakt der Generalversammlung in Wien unter Verweis auf laufende Verfahren zu den Vorwürfen nicht äußern.
Für Al-Raisi ist es bereits die fünfte Anzeige dieser Art. Er wurde im November 2021 an die Spitze von Interpol gewählt, obwohl Menschenrechtsorganisationen dagegen protestiert hatten.
Zusammenfassung
- Gegen den Interpol-Chef Ahmed Naser al-Raisi wird in mehreren Ländern wegen Foltervorwürfen ermittelt.
- Nun kommt eine Anzeige in Wien hinzu.
- Zwei Briten werfen al-Raisi vor, als Generalinspektor des Innenministeriums der Vereinten Arabischen Emirate für ihre willkürliche Festnahme und Folter verantwortlich gewesen zu sein.
- Hedges wurde 2018 bei einer Forschungsreise in den Vereinigten Arabischen Emiraten festgenommen, weil er verdächtigt wurde, ein britischer Spion zu sein.
- Er verbrachte beinahe sieben Monate in Einzelhaft.
- Die Anzeige werde nun geprüft, bestätigte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft gegenüber PULS 24.