Die Konsequenzen aus dem U-Ausschuss: "Die Streitereien werden weitergehen"

Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl sieht in seinem Resümee zum Ibiza-Untersuchungsausschuss ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen FPÖ, ÖVP und der Novomatic. Im Bericht, der PULS 24 vorliegt, empfiehlt der Richter nun Reformen. Journalist Erich Vogl erwartet eine Neuauflage des Ausschusses.

Teils ist es ein scharfes, in vielen Punkten aber mildes Urteil, das Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl in seinem ersten offiziellen Resümee nach dem Ibiza-Untersuchungsausschuss abgibt. Hinweise, aber keine Beweise; ungewöhnliche Handlungsweisen, aber keine nachweisbare Einflussnahme und vor allem schlechte Zusammenarbeit zwischen Polizei und Staatsanwaltschaft, beschreibt der Richter auf 870 Seiten. 

Der Bericht liegt den Parlamentsfraktionen vor, sie haben nun zwei Wochen Zeit, ihre Sicht auf die Ergebnisse des U-Ausschusses abzugeben. Eigentlich fühlen sich durch den ersten Bericht alle Parteien bestätigt. Die ÖVP sieht sich von allen Vorwürfen entlastet. Grüne, SPÖ und NEOS sehen sich in ihrer Kritik an FPÖ und ÖVP hingegen bestärkt. Einzig für die FPÖ wurde der Bericht mit "türkis-schwarzer Brille" geschrieben. Doch was könnten nun die Lehren aus dem Bericht, der auch PULS 24 vorliegt, sein?

"Die Novomatic zahlt alle"

Inhaltlich sieht Pöschl vor allem in der Causa Casinos und der Vorstandsbestellung des Freiheitlichen Peter Sidlo ein "gegenseitiges Abhängigkeitsverhältnis" zwischen der früheren türkis-blauen Regierung und dem Novomatic-Konzern. Die Vorstandsbestellung von Sidlo sei auch mit der Vorstandsbestellung des ÖVP-nahen Thomas Schmid in der Staatsholding ÖBAG verschränkt gewesen, schreibt der Verfahrensrichter. 

Vogl zum Ende des U-Ausschusses: "Da wird noch einiges auf uns zukommen"

In der Schredder-Causa sieht Pöschl keine Anhaltspunkte, dass ein Mitarbeiter im Kanzleramt Beweismittel vernichtet haben könnte. Im Justizstreit konstatiert er den Beteiligten nicht viel mehr als ein zerrüttetes Verhältnis. Postenbesetzungen im Gegenzug für Vereinsspenden seien nur im Fall des Immobilienunternehmers Siegfried Stieglitz nachweisbar, der vor seiner Bestellung in den Aufsichtsrat der ASFINAG insgesamt 10.000 Euro an den FPÖ-Verein Austria in Motion gespendet hatte. Ein zu hohes Maß an politischer Einflussnahme ortet Pöschl immerhin bei der Reform der Finanzmarktaufsicht (FMA).

"Streitereien werden weitergehen"

Erich Vogl, Journalist bei der "Kronen Zeitung" und Beobachter des U-Ausschusses, sagt im Interview mit PULS 24, dass somit die Grundthese des Ausschusses und Aussage des ehemaligen FPÖ-Chefs Heinz-Christian Strache auf Ibiza "die Novomatic zahlt alle" vom Richter bestätigt wurde. Zumindest gab es Verbindungen aller Parteien zur Novomatic (mit Ausnahme der NEOS).

Mit dem Zitat Straches - "die Novomatic zahlt alle" - endet auch die Conclusio Pöschls Resümee. Da die Parteien den Bericht unterschiedlich interpretieren würden, werden die Streitereien um den U-Ausschuss auf politischer Ebene wohl aber weitergehen. Parallel würden aber auch die strafrechtlichen Ermittlungen weiterlaufen.

Die wichtigsten Empfehlungen

Interessant - auch im Hinblick auf einen möglichen neuen U-Ausschuss im Herbst - sind auch die Empfehlungen, die Pöschl selbst als mögliche Konsequenzen aus der Arbeit des U-Ausschusses ableitet.  In 116 durchgeführten Befragungen wurden 105 Personen befragt. Davon seien allerdings viele Anhörungen "nicht aufschlussreich" gewesen, schreibt Pöschl. Viele Auskunftspersonen hätten sich mit Verweis auf laufende Ermittlungen entschlagen. 

Reform des U-Ausschusses

Der Verfahrensrichter wünscht sich daher eine Reform des U-Ausschusses. Die Rollen von Verfahrensrichtern und Vorsitzenden sollte überdacht werden. "Die Frist zur Erstellung des Berichtsentwurfs des Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses ist mit zwei bzw. einer Woche bei vorzeitiger Beendigung der Gesetzgebungsperiode wesentlich zu kurz und der Bedeutung der Arbeit des Untersuchungsausschusses in keiner Weise angemessen", heißt es da etwa. Eine Frist von generell vier Wochen sollte in Erwägung gezogen werden. Außerdem sollten die zu untersuchenden Beweisthemen  zusammenhängend sein und "einen konkret abgegrenzten und im Prüfungsvorgang hinreichend konkretisierten Vorgang betreffen". 

Finanzministerium soll Zuständigkeiten abgeben

Das Finanzministerium solle, wie bereits geplant, Teile seiner Zuständigkeit im Glücksspielbereich abgeben, um Interessenkonflikte zu vermeiden. Das Ministerium sollte sich im Bereich Glückspiel auf die Legistik, den Spielerschutz und die Konzessionserteilung beschränken. Die Unabhängigkeit der Finanzmarktaufischt soll neben der Weisungsfreiheit auch durch die im Verfassungsrang anzuordnende Unabsetzbarkeit und Unversetzbarkeit des Vorstandes für die Dauer von dessen Bestellung gewährleistet werden.

"Cooling-off"-Phase für Beamte

Für Beamte, die in Ministerien mit Berührungspunkten zu staatsnahen Unternehmen arbeiten und sich um leitende Positionen in diesen staatsnahen Unternehmen bewerben wollen, sollte eine Wartezeit von zumindest einem Jahr in einer Abteilung ohne derartige Berührungspunkte vorgesehen werden. 

Weniger intensiver Kontakt zwischen Politik und Privatwirtschaft

Die Trennung staatlicher Verwaltung und Gesetzgebung von den Interessen privatwirtschaftlich geführter Unternehmen soll von Angehörigen der Ministerien und insbesondere den verantwortlichen zuständigen Ministern stets in einer Form wahrgenommen werden, dass dienstliche Kontakte auf das für die Arbeit des Ministeriums Notwendige beschränkt werden, heißt es im Bericht. Treffen und Gespräche mit Unternehmensrepräsentanten sollten in Akten festgehalten werden. Bei Stellenbesetzungen nach dem Stellungsbesetzungsgesetz sollte es zudem keine Absprachen mit den Bewerbern geben.

Parteispenden

Derzeit müssen Parteien Zahlungen von nahestehenden Organisationen nur im Rechenschaftsbericht ausweisen, wenn die Zusammenarbeit mit der Partei auch in der Satzung oder Rechtsgrundlage der Organisation festgeschrieben ist. Das könne zu leicht umgangen werden, schreibt Pöschl. Im Gesetz sollte es daher der Begriff "parteinahe Organisation" festgeschrieben werden.

Die Änderungen im Finanzministerium und seine Rolle im Glücksspielbereich wurden bereits auf den Weg gebracht, was aus den anderen Forderungen Pöschls wird, wird sich zeigen. Journalist Erich Vogl jedenfalls rechnet damit, dass der U-Ausschuss neu aufgenommen und um andere Bereiche erweitert werden wird.

ribbon Zusammenfassung
  • Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl sieht in seinem Resümee zum Ibiza-Untersuchungsausschuss ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen FPÖ, ÖVP und der Novomatic. Im Bericht, der PULS 24 vorliegt, empfiehlt der Richter nun Reformen. Journalist Erich Vogl erwartet eine Neuauflage des Ausschusses.