Bootsunglück: Küstenwache "zwang" Überlebende, Ägypter zu beschuldigen
Die griechische Küstenwache soll die Bootsinsass:innen dazu gedrängt haben, neun ägyptische Männer als Schlepper zu identifizieren. Das erklärten zwei Überlebende in einem Gespräch mit der britischen BBC. Die betroffenen Ägypter wurden bereits kurz nach dem Unglück festgenommen und angeklagt. "Sie wurden eingesperrt und von den griechischen Behörden fälschlich beschuldigt, um ihr eigenes Verbrechen zu verstecken", so einer der Überlebenden.
Falsch beschuldigte Schmuggler
Es wäre wohl nicht das erste Mal, dass die griechischen Behörden so handeln. Der Übersetzer Farzin Khavand berichtete gegenüber der BBC von einem Fall zweier unschuldiger iranischer Männer, die 2022 aufgrund von Schmuggelei angeklagt wurden. Laut Khavand seien auch damals Überlebende von den Behörden dazu gedrängt worden, die zwei Iraner zu beschuldigen. Der Fall hielt vor Gericht aber nicht Stand, die beiden Männer wurden letztendlich wieder aus der Haft entlassen.
Die griechischen Behörden äußerten sich gegenüber der BBC nicht zu den Vorfällen.
Auch im aktuellen Fall soll die griechische Küstenwache hart gegen Überlebende vorgegangen sein. Als sie kurz nach der Katastrophe eine Mitschuld Griechenlands diskutierten, forderte sie die Küstenwache dazu auf, still zu sein. "Als die Befragten antworteten, dass die griechische Küstenwache die Ursache sei, bat ein Beamter den Dolmetscher, den Befragten dazu aufzufordern, das Gespräch zu beenden", so ein Überlebender.
37 Minuten vor Gericht, 46 Jahre Gefängnis
Eine Studie der Fraktion der Grünen/ Europäische Freie Allianz im Europäischen Parlament zeigt jüngst auf, dass Gerichtsverfahren, in denen Migrant:innen Schmuggel vorgeworfen wird, nur 37 Minuten dauern. Verurteile gehen im Schnitt 46 Jahre ins Gefängnis. Oft werden diese Urteile auf Basis einer Aussage, etwa eines Polizisten, gefällt.
Zusammenfassung
- Mindestens 600 Personen sind bei einem Schiffsunglück vor der Küste Griechenlands vor wenigen Wochen gestorben.
- An der Version der griechischen Küstenwache gibt es inzwischen immer lautere Zweifel.