APA/APA/MAK/Kristina Wissik

Schau im MAK zeigt Vielfalt der Textil- und Keramikkunst

Instrumente aus traditionellem indigenen Gebrauchsmaterial, ungewöhnliche Wandfliesen, zusammengesetzt aus anthropomorphen Formen, ein Wandteppich in 3-D-Technik oder gar ein ganzes Zimmer aus Stoff, Wolle und Kunstfell: Die Ausstellung "Hard/Soft" im MAK zeigt die Vielfalt von Textil- und Keramikkunst. Die bis 20. Mai laufende Schau sei "ein globaler Blick auf die zwei Materialien", sagte Generaldirektorin Lilli Hollein am Dienstag bei einer Presseführung.

Der Titel verdeutliche, "es ist nicht ganz so, wie es scheint", erläuterte Hollein. "Weder sind Textilien weich, noch Keramiken hart, weder ist es Frauenkunst mit weichen Aussagen, noch sind es maskuline Zugänge, sondern es ist vieles in vielen Objekten beides zugleich." Und eine Frage sehe man mit dieser Ausstellung "eindeutig" beantwortet: "Wo hört die Angewandte Kunst auf und wo beginnt die Gegenwartskunst?" Eine mögliche Antwort gibt der Rundgang: Alles im Fluss.

"Hard/Soft" präsentiert etwa 80 Arbeiten von rund 40 Künstlerinnen und Künstlern, manches extra für die Schau gefertigt - etwa eine Arbeit der Wienerin Ingrid Wiener, die auf Grundlage einer Computertomografie "ihre Aorta gewebt hat", wie Hollein ausführte. Die von der Generaldirektorin betonte "Vielzahl von unterschiedlichen Zugängen" manifestiert sich etwa in den Arbeiten von Hana Miletić. Die Kroatin sucht ihre Inspirationen im öffentlichen Raum: Ein Absperrband und ein Verkehrszeichen aus handgewebtem bzw. gehäkeltem Textil sind im MAK vertreten.

"Textil und Keramik sind Materialien, die in der zeitgenössischen bildenden Kunst aufgegriffen wurden und viel ermöglicht haben", erklärte Kuratorin Bärbel Vischer, "nämlich auch die Bildhauerei, das Skulpturale neu zu denken und zu erweitern - und auch zu brechen. Es war uns ein Anliegen, genau das in der Ausstellung zu visualisieren." Daher gebe es zahlreiche Experimente, Installationen und großformatige Skulpturen zu sehen. Überdimensionale expressionistische Arbeiten der polnischen Bildhauerin und Textilkünstlerin Magdalena Abakanowicz etwa "orchestrieren den Raum durch ihre archaistische Präsenz", wie es in der Beschreibung zu den aus dicken Sisalseilen gewebten Gebilden heißt.

Die in Luxemburg geborene und in Wien arbeitende Ann Muller beleuchtet in ihren Projekten u.a. feministische Anliegen. Für die Arbeit "Die fleißigen Totengräberinnen und ihr Werkzeug", die sich auf die Frauen in der Wiener Werkstätte bezieht, hat sie sich die Technik des Wiener Geflechts angelernt. An samtigen Armen, angeordnet wie Glieder eines Riesenkraken, stecken übergroße Ringe aus Stoff, die auf den Schmuck der Wiener Werkstätte verweisen. Als weiteres Highlight der Schau darf eine Leihgabe aus dem Centre Pompidou in Paris bezeichnet werden: Die Amerikanerin Dorothea Tanning hat in den 70er-Jahren mit "Chambre 202, Hôtel du Pavot" aus Holz, Wolle, Tapete, Kunstfell und Glühbirne einen surrealen, klaustrophobischen Raum kreiert, aus dessen Wänden, Möbeln und Kamin Körper wachsen.

Auch globale Handelsströme und eine kritische Auseinandersetzung mit dem Kolonialismus finden in Textilen eine Ausdrucksform. Das geometrische Muster des Wandteppichs "Repository" der kanadischen Künstlerin Kapwani Kiwanga wird beispielsweise durch Farbflächen in verschiedenen Erdtönen erzeugt. Die eingenähten Reiskörner aus Glas verweisen auf die Migration bestimmter Reissorten von Afrika nach Amerika während des transatlantischen Handels mit Sklaven und Sklavinnen. Politische Motive hat auch Goshka Macuga aus Warschau in ihren 3-D-Technik-Wandteppich "Who Gave US a Sponge to Erase the Horizon?" verwebt: Entsprechende Brillen liegen zum Betrachten bereit.

(S E R V I C E - "Hard/Soft - Textil und Keramik in der zeitgenössischen Kunst" im MAK Ausstellungshalle EG, 13.12.23-20.5.24, Di 10-21 Uhr, Mi bis So 10-18 Uhr, freier Eintritt am 26.12., www.mak.at)

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  • Der Titel verdeutliche, "es ist nicht ganz so, wie es scheint", erläuterte Hollein.