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"Nurejews Hund" an der Wiener Volksoper bejubelt

Heute, 07:15 · Lesedauer 4 min

Rudolf Nurejew gilt als Weltstar des Balletts, auch über 30 Jahre nach seinem Tod. In "Nurejews Hund" überlässt er seinem braunen Rottweiler die Bühne. Als vermenschlichte Reinkarnation durchlebt Letzterer auf humorige und ergreifende Weise die Ballettwelt, Verlust und Freundschaft, gespickt mit allerlei Musik und einigen Pirouetten. Das Familienstück von Peter te Nuyl und Keren Kagarlitsky kam am Sonntagnachmittag an der Wiener Volksoper zur Uraufführung und wurde bejubelt.

Den Rottweiler gab es tatsächlich im Leben des in der damaligen Sowjetunion geborenen und dann geflohenen Tänzers und Choreografen (1938-1993), der das klassische Ballett im 20. Jahrhundert wie kaum ein anderer prägte. Nach dem Tod Nurejews, ab 1982 österreichischer Staatsbürger, ging sein Vierbeiner an die Ballettmeisterin Marika Besobrasova. Sie war Nurejew - auch als seine ehemalige Lehrerin - zeitlebens eng verbunden. Sie forderte sogar ihre Eleven, so wird berichtet, mitunter auf, sich vor dem Hund zu verbeugen.

In den Mittelpunkt rückte der tierische Weggefährte bereits in der vor rund zwei Jahrzehnten erschienenen Novelle "Nurejews Hund oder Was Sehnsucht vermag" von Elke Heidenreich. Daran angelehnt ist nun das Tanz- und Musikstück, das Florian Hurler - er studierte selbst an der Ballettschule von Besobrasova in Monte Carlo, lernte noch Nurejews Hund kennen und hatte die Idee für das Projekt - leichtfüßig, nach der Bühnenfassung von te Nuyl und Nastasja Fischer, inszenierte und choreografierte.

Hund und Erzähler "Solor", grandios facettenreich verkörpert von dem sich nur selten auf allen Viere begebenden Schauspieler Florian Carove, eröffnet das eineinhalbstündige Familienstück. Er beobachtet verloren die vergnügt feiernden, Champagner schlürfenden Gäste, darunter zwei performende Dragqueens, auf einer New Yorker Party von Truman Capote bzw. "Streckfuß" (in Anlehnung an dessen Geburtsnamen). Und hier beginnt die Reise, die sich wie ein buntes Bilderbuch (raffiniertes Bühnenbild: Christof Hetzer) vor dem Zuseher entfaltet. "Kommst du, Hund?", fragt Nurejew (Sebastian Wendelin) das von seinen Vorbesitzern bei der Party vergessene Geschöpf.

Feine Zwischentöne, buntes Musikprogramm

Es geht von New York nach Paris, ins Tanzstudio der "strengsten Ballettmeisterin von allen" (Sopranistin Ursula Pfitzner). Hier zeigen zunächst drangsalierte Schülerinnen und Schüler Hebefiguren, Sprünge und Drehungen und Tanz, auch unter dem strengen Blick des bereits an Aids erkrankten, hustenden Nurejew. Es folgen der Abschied von ihm und das beidseits zunächst widerwillige Zusammenfinden von Solor und Marika - mit, soviel sei verraten, einem glücklichen Ende.

Das Zusammenspiel zwischen dem vor dem Tod von Krankheit, Heimweh und Sehnsucht nach seiner Mutter gequälten Nurejew und seinem ihm ergebenen, in minimalistischer Gestik von Traurigkeit genauso gequält wirkenden Hund ist der ergreifendste Moment des Stückes. An anderer Stelle hebt Solor schon einmal provokant am Klavier- das Hundebein, tollt in seiner braunen Kluft durch den Park, knurrt, sabbert. Es sind vor allem seine Gedanken, die Mensch und Hund näher bringen und gemeinsam über Freiheit sinnieren lassen.

Die von Kagarlitsky ausgesuchte Musik, darunter Ballettmusik von Jacques Offenbach, George Gershwins "Ein Amerikaner in Paris", Opernlieder, russische Wiegenlieder und tatarische Volkstänze, trägt beschwingt durch das Stück. Auch mit Eigenkompositionen, etwa eine vom Orchester eingespielte Begleitung von Nurejews Monolog kurz vor seinem Ableben, trug die Volksoper-Kapellmeisterin bei.

Unterhaltsame Tiergeschichte

Am Ende zeigt sich: Auch ein schwerer Hund kann beim Trippeln und Drehen Grazilität an den Tag legen, und die Suche nach persönlicher Erfüllung sollte man nie aufgeben. Bleibt offen: Wer ist das geheimnisvolle Mädchen, das Solor - nur von ihm wahrgenommen - immer wieder zur Seite steht? Und: Wie hätte wohl der wahre Hund Nurejews das Stück beäugt? Wie Solor gleich zu Beginn sagt: "Alle Tiergeschichten handeln eigentlich nicht von Tieren, sondern von Menschen." Das macht es wohl so unterhaltsam. Besonders in diesem Fall: Verbeugung!

(Von Lena Yadlapalli/APA)

(S E R V I C E - "Nurejews Hund" von Peter te Nuyl (Dramaturgie mit Nastasja Fischer) und Keren Kagarlitsky (musikalische Leitung) an der Volksoper, Wien 9, Währinger Gürtel 78, Regie und Choreographie: Florian Hurler, Bühnenbild und Kostüme: Christof Hetzer, Licht: Alex Brok. Mit: Solor/der Hund - Florian Carove, Nurejew - Sebastian Wendelin, Marika - Ursula Pfitzner, in weiteren Rollen: Jakob Semotan, Mila Schmidt, Maria Hegele, Aaron-Casey Gould, Szymon Komasa, Daniel Ohlenschläger, Elli Theml. Weitere Aufführungen am 2., 4., 11., 19. und 22. Mai, 13. Juni, empfohlen ab 9 Jahren, https://www.volksoper.at/produktion/nurejews-hund)

Zusammenfassung
  • Die Uraufführung des Stücks 'Nurejews Hund' an der Wiener Volksoper wurde begeistert aufgenommen. Es basiert auf der Novelle von Elke Heidenreich und thematisiert die Beziehung zwischen Rudolf Nurejew und seinem Rottweiler.
  • Florian Hurler inszenierte das Stück, das von der Musik von Keren Kagarlitsky begleitet wird. Florian Carove spielt den Hund und Erzähler 'Solor', während Sebastian Wendelin die Rolle von Nurejew übernimmt.
  • Das Stück wird an mehreren Terminen im Mai und Juni aufgeführt und verbindet humorvoll die Themen Verlust und Freundschaft mit einem bunten Musikprogramm.