Orpheus als Roter Faden der Salzburger Pfingstfestspiele
Knapp drei Wochen vor der Premiere am 26. Mai gaben Regisseur Christof Loy und Gianluca Capuano als musikalischer Leiter am Dienstag Einblick in die bisherige Probenarbeit. In der Rolle des Orfeo wird Cecilia Bartoli, die künstlerische Leiterin der Pfingstfestspiele, zu hören sein. Es sei das erste Mal, dass sie den Orfeo singe, freut sich Bartoli auf dieses Debüt. Diese Rolle sei eine große Herausforderung, auch weil sie emotional so berührend sei. In der Parma-Fassung sei die Partie des Orfeo ein Sopran und damit wie maßgeschneidert für die Stimme von Bartoli, meinte Capuano.
"Es ist ein Stück um eine sehr einsame Figur", beschrieb Loy die Inszenierung. In mehreren Szenen ist Orfeo allein mit den zwölf Tänzern auf der Bühne, ihre Körper drückten aus, was Orfeo noch nicht in Worte fassen könne. Für Loy ist der Mythos des Orpheus nicht nur das Künstlerdrama schlechthin. Es geht um die Frage, ob Orpheus sein künstlerisches Talent hilft, die Trauer um Eurydike zu verarbeitet. "Es ist aber eigentlich auch das Drama jedes einzelnen: Wir müssen jeden Tag entscheiden, was wir mit unserem Leben machen", sagte Loy: Die Frage, wo die Grenze zwischen Tod und Leben ist, bewege alle.
Die Parma-Fassung von Glucks Oper - ein Akt mit sieben Szenen - haben Loy und Capuano um Elemente aus der Wiener und der Pariser Fassung ergänzt. "Wir haben den Furientanz eingefügt", berichtete Capuano. Auf andere Elemente verzichtet diese Inszenierung. So wird nicht mit der fröhlichen Ouvertüre begonnen, sondern gleich in die Totenklage eingestiegen. "Das hat schon Herbert von Karajan so gemacht", sagte Loy: "In der Werkgeschichte waren Ouvertüre und Schluss immer die Angriffspunkte. Wir wollen Gluck nicht weiter attackiert wissen und haben diese Teile weggelassen."
Die Neuinszenierung von Glucks Oper ist nur ein Werk, das bei dem unter dem Motto "Les Passions de l'âme" stehenden Festival dem Mythos von Orpheus nachspürt. Bartoli hat als künstlerische Leiterin den Choreografen John Neumeier mit der Pariser Fassung von Glucks "Orphee et Eurydice" ebenso eingeladen wie das Marionettenensemble Carlo Colla & Figli, die Monteverdis "L'Orfeo" zeigen. Mit einer Schubertiade und einer Benefizgala widmet Bartoli außerdem ihrem Mentor Daniel Barenboim anlässlich dessen 80. Geburtstags einen ganzen Festivaltag, bei dem neben Bartoli Künstler wie Martha Argerich, Zubin Metha, Lang Lang, Placido Domingo, Sonya Yoncheva oder Rolando Villazón auftreten werden.
(S E R V I C E - Salzburger Pfingstfestspiele "Les Passions de l'âme" von 26. bis 29. Mai 2023. www.salzburgerfestspiele.at)
Zusammenfassung
- Rund um den Mythos des Orpheus zeigen die Salzburger Pfingstfestspiele heuer mehrere Werke, die sich mit der trauernden Klage des Sängers und seinem Gang in die Unterwelt, um Eurydike zu retten, auseinandersetzen.
- Im Zentrum steht dabei die Neuinszenierung von Christoph Willibald Glucks "Orfeo ed Euridice" in der selten gespielten Fassung von Parma aus dem Jahr 1769.
- Für Loy ist der Mythos des Orpheus nicht nur das Künstlerdrama schlechthin.