APA/APA/Wiener Volksoper/Barbara Pálffy

Operetten-"Verschwörung" in der Volksoper: Schlafschafzählen

In Zeiten, in denen das Kino in seinem ureigenen Bereich massiv unter Beschuss gerät, erlebt es auf Wiens Bühnen gerade einen Boom. Allerorten übernehmen die Kameras zentrale Rollen in den Inszenierungen, spielt die Ästhetik der großen Leinwand in die Regiearbeiten hinein. Das gilt auch für die jüngste Musiktheaterproduktion Wiens, "Die letzte Verschwörung" von Moritz Eggert, die am Samstag in der Volksoper zum Parforceritt durch die Film- und Filmmusikgeschichte ansetzte.

Eggert hat als Komponist und Librettist eine Neo-Operette geschaffen, die im humorvollen Gestus die Verschwörungstheorien der Zeit mit deren filmhistorischer Aufarbeitung verwebt. Entstanden ist ein Hybrid aus Singspiel mit Opernmomenten und tatsächlicher Operette im Sinne einer Ironisierung des Zeitgeschehens. Im Zentrum steht der TV-Moderator Friedrich Quant (Timothy Fallon), der den beiden Flach-Erde-Gläubigen Dieter Urban (Orhan Yildiz) und Lara Lechner (Rebecca Nelsen) begegnet und in einen irrwitzigen Strudel aus Reptiloiden, FBI, Kinderfressern und Computermatrix gezogen wird.

Eggerts Stimme führt dabei höchstpersönlich als Sprachassistent aus dem Off durch die Geschichte und evoziert damit zugleich Assoziationen zu Werken wie Lars von Triers "Europa". Die Sängerpartien lässt Eggert indes meist durch das Orchester doppeln, bleibt oft im Sprachduktus und scheut auch vor Schlagermelodien wie "Im Stadtpark" oder "Immer wieder mittwochs" nicht zurück. Zugleich setzt der 57-Jährige auf ein Zitatenbombardement zwischen "Akte X" und "Star Trek", VBW-Musicalstilistik, Minimalismus und Andrew Lloyd Webber.

Hausherrin Lotte de Beer spiegelt diese Pastiche als Regisseurin auch auf der Bühne, lässt "Men in Black", "Die Körperfresser kommen" bis hin zu "Ex_Machina" und am Ende gar sich selbst aufmarschieren. "Die Truman Show" klingt ebenso an wie selbstredend der Genreklassiker "Matrix". Schnelle Wechsel mittels Drehbühne und klug eingesetzte Videoprojektionen ermöglichen dabei filmische Schnitte vom Bus ins Schlafzimmer, vom TV-Studio in die Kanzlervilla.

Das hat Energie und ist eines mit Sicherheit nicht: nostalgisch. Was sich in diesem Strudel aus Versatzstücken der Film- und Mythengeschichte bisweilen aber etwas verliert, ist die Grundhaltung der Erzählung. Friedrich Quant ist nicht der coole "Matrix"-Neo, die Reptiloiden sind beim Sex etwas überzeichnet, die Kinderfresser haben gar reichlichen Appetit. Und doch bleibt die satirische Zuspitzung des Geschehens oftmals zu milde, entscheidet sich das Geschehen nicht recht zwischen Parodie und ernsthafter Sci-Fi-Dystopie. Aber dahinter stecken sicher die Illuminaten!

(S E R V I C E - "Die letzte Verschwörung" von Moritz Eggert in der Volksoper, 9., Währinger Straße 78. Dirigent: Steven Sloane, Regie: Lotte de Beer, Bühnenbild: Christof Hetzer, Kostüme: Jorine van Beek. Mit Friedrich Quant - Timothy Fallon, Elisabeth/Natalya Ostrova - Wallis Giunta, Lara Lechner/Das System - Rebecca Nelsen, Dieter Urban/Mr. Goodman - Orhan Yildiz, Georgina von Solingen - Annelie Sophie Müller, Alois Dunkler - Jakob Semotan, Kanzler - Daniel Schmutzhard, Edgar Binder/Pressereferent/Außerirdischer - Aaron Pendleton, Sarah - Alma Sommer, Philipp - Konstantin Pichler, Angelica Boob - Tara Randell. Weitere Aufführungen am www.volksoper.at/produktion/die-letzte-verschworung-2023.de.html)

ribbon Zusammenfassung
  • Das gilt auch für die jüngste Musiktheaterproduktion Wiens, "Die letzte Verschwörung" von Moritz Eggert, die am Samstag in der Volksoper zum Parforceritt durch die Film- und Filmmusikgeschichte ansetzte.
  • Mit Friedrich Quant - Timothy Fallon, Elisabeth/Natalya Ostrova - Wallis Giunta, Lara Lechner/Das System - Rebecca Nelsen, Dieter Urban/Mr.
  • Weitere Aufführungen am www.volksoper.at/produktion/die-letzte-verschworung-2023.de.html)