Meyerhoff-Roman im Kino
Schauplatz der Verfilmung ist wie im Roman eine psychiatrische Anstalt, in deren weitläufigem Gelände nicht nur zahlreiche Patienten mit unterschiedlichsten Störungen leben, sondern auch der Anstaltsleiter Richard Meyerhoff (Devid Striesow) mit seiner Familie. Entsprechend wächst der junge Joachim, der von seiner Familie stets nur Josse genannt wird, in einer denkbar ungewöhnlichen Situation auf, in der die bürgerliche Familie mit drei Söhnen in trauter Eintracht mit Klienten lebt.
Viele der Psychiatriebewohner werden dabei zu Kindheitsgefährten des Buben, der in seinem liberalen Elternhaus samt älteren Brüdern zwar glücklich ist, aber doch immer wieder von Tobsuchtsanfällen geplagt wird, die sich nur durch das Sitzen auf der rüttelnden Waschmaschine beheben lassen. Es ist bei aller Absurdität im Kern dennoch eine typische Kindheit der 1970er, geprägt von Geschwisterliebe und -rivalität, Ausflügen ans Meer und der ersten Liebe, die für Josse eben eine Patientin sein wird. Und es ist eine Jugend, an deren Ende die Trennung der Eltern stehen wird.
Die werden interpretiert von der herausragenden Laura Tonke, die ihre Rolle der freiheits- und italienliebenden Iris geradezu verkörpert, während Devid Striesow als einziger des Ensembles klar Schauspieler bleibt. Die restlichen Darsteller, darunter Josse Camille Loup Moltzen als Bub, Arsseni Bultmann als Jugendlicher und Merlin Rose als Erwachsener, sind frappant authentisch in ihren jeweiligen Partien.
Regisseurin Heiss, die bereits in ihrem Vorgänger "Hedi Schneider steckt fest" mit Tonke als Hauptdarstellerin arbeitete, verzichtet auf Übererklärungen von Situationen und Entwicklungen. Wie Schlaglichter einer Biografie werden einzelne Szenen geschildert. So entsteht wie aus kleinen Mosaiksteinen eine schnörkellose Erzählung voller Skurrilitäten und lakonischen, norddeutschen Humors, die zugleich von den Unbilden des Lebens und seinen Absurditäten handelt. Wie Meyerhoff in seinen Erinnerungen, vereint auch "Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war" Gegensätzliches scheinbar völlig mühelos, hält die feine Balance zwischen Familienchronik, Coming-of-Age-Geschichte und humorvollen Anekdoten.
Die Patienten mit ihren verschiedenen Marotten spielen dabei wie im Buch eine große Rolle, wobei diese auch in der Verfilmung nicht lächerlich gemacht werden, sondern in ihrer sehr eigenständigen Persönlichkeit zu ihrem Recht kommen. Jeder hat eben seine eigene Form von Normal.
Die gute Nachricht ist, dass Heiss zwar Meyerhoffs zweiten Band "Amerika" in ihr Werk inkorporiert, die drei Folgewerke noch nicht. Es bliebe also genügend Stoff für eine Fortsetzung.
(S E R V I C E - www.warnerbros.de)
Zusammenfassung
- Es gibt Romane, bei denen erscheint eine Leinwandadaption nur schwerlich machbar.
- Dazu gehörten auch die Kindheitserinnerungen von Ex-Burgschauspieler Joachim Meyerhoff.
- Schauplatz der Verfilmung ist wie im Roman eine psychiatrische Anstalt, in deren weitläufigem Gelände nicht nur zahlreiche Patienten mit unterschiedlichsten Störungen leben, sondern auch der Anstaltsleiter Richard Meyerhoff mit seiner Familie.