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Marie NDiaye erhielt Staatspreis für Europäische Literatur

Die französische Autorin Marie NDiaye hat heute, Freitag, den Österreichischen Staatspreis für Europäische Literatur erhalten. Die Schriftstellerin zähle seit vielen Jahren zu den Größen der europäischen Gegenwartsliteratur, sagte Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne) beim Festakt im Solitär der Universität Mozarteum in Salzburg. Ihre Bücher seien komplex komponierte, in glasklarer Sprache geführte Gegenwartsanalysen.

"Wir begegnen Menschen, die nichts mehr mit der Welt verbindet, außer dem schmerzhaften Gefühl, nicht rechtmäßig dazuzugehören", sagte Mayer. Mit dem Preis würde eine "Meisterin der literarischen Verstörung" geehrt, betonte die Politikerin.

Auch Laudatorin Anne-Catherine Simon hob in ihrer Rede das Irritierende und Verstörende in den Büchern der französischen Schriftstellerin hervor. "Das Fremde als das Sonderbare nistet in ihren zwölf Romanen, in ihren Erzählungen und Theaterstücken. Es tränkt alles, durchdringt alles in ihrem Werk", sagte Simon. Manchmal habe das Gefühl der Nicht-Zugehörigkeit, das die Menschen darin charakterisiere, auch mit Geografie und Herkunft zu tun. "Doch auch wenn diese Gefühle der Nicht-Zugehörigkeit einfließen, werde sie in Marie NDiayes Texten in eine viel umfassendere Fremdheitserfahrung verwandelt." Diese Fremdheitserfahrung bemächtige sich jeder Realität, jeder Faser des Romans, und sie erfasse fast buchstäblich von der ersten Zeile an die Lesenden.

"Ihre verführerische Spannung entwickeln diese Texte nicht nur durch die Rätselhaftigkeit des Geschehens, das Gefühl von etwas Faszinierendem, das man noch nie gesehen hat. Ihre verführerische Spannung entwickeln sie vor allem durch den extremen Kontrast zwischen dem Alptraumhaften des Geschehens und der sprachlichen Schönheit, in die es gekleidet ist", konstatierte Simon. Diese Schönheit könne auf Grund des Kontrastes geradezu heimtückisch anmuten. Sie kenne keine Autorin und keinen Autor in der Gegenwartsliteratur, die die Abgründigkeit sozialer und familiärer Abhängigkeitsverhältnisse so meisterhaft zu zeichnen verstünde wie NDiaye. "Ihre Romane sind Beziehungsromane von einer Radikalität sondergleichen", meinte die Laudatorin.

Die 1967 geborene NDiaye ist als Prosaautorin bekannt geworden und gewann mit Werken wie "Die lieben Verwandten" (1993), "Alle meine Freunde" (2006), "Mein Herz in der Enge" (2008) oder zuletzt "Die Rache ist mein" (2021) auch eine deutschsprachige Leserschaft. Am Theater feierte sie mit Stücken wie "Hilda" und "Die Schlangen" Erfolge. 2009 wurde sie für "Drei starke Frauen" mit dem Prix Goncourt ausgezeichnet.

Der Österreichische Staatspreis für Europäische Literatur wird seit 1965 vergeben und ist mit 25.000 Euro dotiert. Zuletzt ging der Preis an Karl Ove Knausgard (2017), Zadie Smith (2018), Michel Houellebecq (2019), Drago Jancar (2020), Laszlo Krasznahorkai (2021) und Ali Smith (2022).

ribbon Zusammenfassung
  • Die Schriftstellerin zähle seit vielen Jahren zu den Größen der europäischen Gegenwartsliteratur, sagte Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne) beim Festakt im Solitär der Universität Mozarteum in Salzburg.
  • "Ihre Romane sind Beziehungsromane von einer Radikalität sondergleichen", meinte die Laudatorin.
  • Der Österreichische Staatspreis für Europäische Literatur wird seit 1965 vergeben und ist mit 25.000 Euro dotiert.