Das Lachen als Lebenselixier: Liselotte Pulver ist 95
"Viele sagen, ich hätte so eine Donnerlache", sagte sie in jungen Jahren spitzbübisch in einem Fernsehinterview. "Aber da kann ich nichts dafür!" Pulver galt Jahrzehnte als personifizierte gute Laune. Dabei habe sie in ihren Anfangszeiten ganz andere Pläne gehabt: "Ich wollte Tragödin sein. Ich wollte ganz ernste Rollen spielen und die Menschen zum Weinen bringen", sagte sie in einem anderen Interview.
Wie gut für das Publikum, dass sie einen anderen Weg einschlug. Pulver hat in zahlreichen Filmen in den 1950er- und 1960er-Jahren ihre Wandelbarkeit gezeigt. Sie stand zum Beispiel als liebreizende Ungarin in "Ich denke oft an Piroschka" (1955) vor der Kamera oder als verkleideter Handwerksbursche Felix in "Das Wirtshaus im Spessart" (1958).
Und dann kam Billy Wilders "Eins, zwei drei" (1961), für viele Menschen der beste Lilo-Pulver-Film, in dem die Bernerin als "Fräulein Ingeborg" in Marilyn Monroe-Manier im Pünktchen-Kleid aufreizend auf dem Tisch tanzt. Die Berlin-Komödie wurde vom Mauerbau überschattet, als niemand nach Lachen zumute war, und floppte zunächst. Erst, als der Film 25 Jahre später wieder hervorgeholt wurde, bekam er Kultstatus.
Ihre ernste Seite zeigte Pulver in Literaturverfilmungen. Als Zaza war sie in "Die Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull" 1957 zu sehen, in den "Buddenbrooks" (1959) spielte sie Tochter Antonie, und in der französischen Diderot-Verfilmung "Die Nonne" (1966) war sie als unglückliche Klosterbewohnerin, die flieht und scheitert, zu sehen.
Pulver lebt seit vielen Jahren zurückgezogen in einer Seniorenresidenz in Bern. In der Schweiz war sie zuletzt 2021 im Fernsehen zu sehen, als sie bei der Verleihung der Filmpreise geehrt wurde. Der Sender SRF besuchte sie dazu in Bern. Sie freue sich natürlich, sagte sie damals, lachend, natürlich. "Das ist der Beweis, dass ich noch da bin."
Ein Boulevardmagazin, das seine Spalten mit allerhand Geschichten über Promis und Adelige füllt, schrieb vor Kurzem, Pulver sei fröhlich und zufrieden, wolle über 100 Jahre alt werden und träume gar von einem neuen Partner: "Er müsste schön, reich und lustig sein", wird sie zitiert. Passen würde das zu ihr.
Vor der Kamera stand Pulver mit Film-Größen wie Hans Albers, Gustaf Gründgens, Heinz Rühmann, Curd Jürgens, O. W. Fischer und Hardy Krüger, und in französischen Produktionen unter anderem mit Jean Gabin.
Pulver träumte von einer Weltkarriere und drehte Ende der 50er-Jahre auch in Hollywood. Aber um ihrem deutschsprachigen Publikum treu zu bleiben, schlug sie wegen bereits vereinbarter Dreharbeiten Rollen etwa an der Seite von Charlton Heston in "Ben Hur" oder in "El Cid" aus. Die Filme wurden zu Welterfolgen.
Den Film "El Cid" - besetzt dann mit Sophia Loren - abzusagen, bezeichnete Pulver später als ihren größten Fehler, aber er brachte ihr privat Glück. Stattdessen drehte sie nämlich in Deutschland den Film "Gustav Adolfs Page" (1960), bei dem sie ihren späteren Mann, den deutschen Schauspieler und Regisseur Helmut Schmid kennenlernte. Mit ihm drehte sie auch 1962 "Kohlhiesels Töchter". Darin ist sie in der Doppelrolle von Zwillingsschwestern zu sehen, eine simpel und meist wütend, die andere umwerfend charmant.
Mit Schmid war Pulver mehr als 30 Jahre verheiratet, ihr größtes Glück, wie sie immer betonte. Sohn Marc-Tell (62) lebt mit seiner Familie noch im Haus der Familie am Genfersee. Tochter Mélisande beging 1989 Suizid. Schmid starb 1992. Wie hat sie die Schicksalsschläge verkraftet? "Man hat keine andere Wahl", sagte sie dem Schweizer Fernsehen. "Man muss einfach weiterleben und das Beste draus machen." "Dem Leben ins Gesicht gelacht" hieß eines ihrer Bücher, das 2016 auf den Markt kam.
Als in der deutschen Filmbranche mehr Gesellschaftskritik als Unterhaltung angesagt war, wurde es schwer für Pulver. "Für mich brachen schwierige Zeiten an. Ich war bei den Machern des Neuen Deutschen Films nicht die erste Wahl", schrieb sie 2019 unverblümt in einem Buch, in dem sie Fotos und Briefe aus ihrem Privatarchiv veröffentlichte. Ihr letzter Film war "Das Superweib" 1996 mit Veronica Ferres.
Zusammenfassung
- Liselotte Pulver, bekannt für ihr ansteckendes Lachen, feiert am 11. Oktober ihren 95. Geburtstag. Sie wurde als Komödiantin berühmt, obwohl sie ursprünglich ernste Rollen spielen wollte.
- In den 1950er- und 1960er-Jahren brillierte Pulver in Filmen wie 'Ich denke oft an Piroschka' und 'Das Wirtshaus im Spessart'. Der Film 'Eins, zwei, drei' erlangte 25 Jahre nach seiner Veröffentlichung Kultstatus.
- Pulver lebt heute zurückgezogen in Bern und wurde zuletzt 2021 im Fernsehen geehrt. Trotz der Absage von Hollywood-Rollen fand sie persönliches Glück und war über 30 Jahre mit Helmut Schmid verheiratet.