Zustand europäischer Flüsse wegen Mikroplastik "alarmierend"
Das Mikroplastik gerät unter anderem durch die Nutzung von Plastikflaschen und das Waschen von Kunstfaser-Kleidung ins Wasser. "Die Verschmutzung findet sich in allen europäischen Flüssen", bilanzierte der Forschungsleiter für Ökotoxikologie für Wasserlebewesen des französischen Forschungsinstituts CNRS, Jean-François Ghiglione.
"Mikroplastikteile sind kleiner als ein Reiskorn", erläuterte die CNRS-Physikochemikerin Alexendra Ter Halle. Sie sind kleiner als fünf Millimeter, die kleinsten sind mit bloßem Auge nicht erkennbar. In den Wasserkreislauf gelangen sie etwa durch das Waschen von Kleidung aus synthetischen Materialien, durch den Abrieb von Autoreifen auf der Straße, aber auch durch Kosmetik oder die Nutzung von Plastikgranulat durch die Industrie.
Grundlage für die Studie waren Wasserproben aus neun europäischen Flüssen, die von Chemikern, Biologen und Physikern aus 19 Forschungslaboren anschließend analysiert wurden. Untersucht wurden Proben aus Elbe und Rhein, dem spanischen Fluss Ebro, den französischen Flüssen Garonne, Loire, Rhône und der Pariser Seine sowie der Themse in Großbritannien und dem Tiber in Italien.
Zwar ist die Mikroplastik-Belastung in diesen Flüssen den Studien zufolge weitaus niedriger als in den zehn am stärksten verschmutzten Flüssen der Welt wie Mekong, Nil und Ganges, wo die Verschmutzung bei 40 Mikroplastik-Partikeln pro Kubikmeter liegt. Wenn man jedoch die Durchflussmengen berücksichtige, "haben wir in Valence in der Rhône eine Durchflussmenge von 1.000 Kubikmetern pro Sekunde", sagte Ghiglione. Dies bedeute "3.000 Plastikpartikel pro Sekunde".
Besonders kleine Partikel besonders häufig und gefährlich
Die Wissenschafter stießen bei ihren Untersuchungen auf ein "überraschendes" Ergebnis: Die Masse der Kleinstpartikel sei größer als die Masse an sichtbaren Mikroplastik-Partikeln. Insbesondere diese mikroskopisch kleinen Partikel seien aber besonders gefährlich: Denn sie verteilten sich über den gesamten Flussverlauf und würden von vielen Tieren und Organismen aufgenommen.
Unerwartet war laut den Studienautoren außerdem der Befund, dass es sich bei einem Viertel des gefundenen Mikroplastiks in den französischen Flüssen nicht um Abfall, sondern um Plastikrohstoff der Industrie handle. Ermöglicht wurde dieser Befund durch ein weltweit einmaliges Forschungsprojekt namens "Plastique à la loupe" (Plastik unter der Lupe). Dabei nehmen jedes Jahr rund 15.000 Schüler von 350 französischen Schulklassen Proben an Flussufern.
Plastikverschmutzung ist ein immer drängenderes Problem. Verhandlungen über ein erstes UNO-Abkommen zur Reduzierung von Plastikmüll waren bisher nicht erfolgreich.
In Brüssel laufen derzeit Verhandlungen für ein EU-Gesetz, das Unternehmen strengere Regeln für den Umgang mit Mikroplastik vorschreiben soll. Ab einer gewissen Größe sollen sie den Entwürfen zufolge sicherstellen, dass Kunststoffgranulat aus ihrer Produktion nicht in die Natur gelangt. Passiert das doch, sollen die Firmen für die Säuberungsarbeiten zahlen. Bei den Verhandlungen zwischen dem Europaparlament und den EU-Mitgliedsländern über das Gesetz sollte am Dienstag die nächste und womöglich letzte Runde stattfinden.
Zusammenfassung
- Der Zustand europäischer Flüsse ist alarmierend, da Studien eine Belastung von durchschnittlich drei Mikroplastik-Partikeln pro Kubikmeter Wasser zeigen.
- Mikroplastik gelangt durch Plastikflaschen, Kunstfaser-Kleidung und Autoreifen in die Gewässer und ist besonders gefährlich für Tiere.
- In Brüssel laufen Verhandlungen über ein EU-Gesetz, das Unternehmen strengere Regeln für den Umgang mit Mikroplastik vorschreiben soll.