Wie Ermittler Missbrauchsdarstellungen von Kindern untersuchen
Auf zwei Smartphones, zwei Laptops, einem Desktop und drei externen Festplatten fanden die Ermittler im Fall Teichtmeister rund 76.000 verfahrensgegenständliche Dateien, also Missbrauchsdarstellungen. Rund 47.000 davon sollen Darstellungen von unmündigen Minderjährigen sein, der Rest soll mündige Minderjährige, also Jugendliche im Alter zwischen 14 und 18 Jahren, zeigen.
Der Prozess gegen den ehemaligen Burgschauspieler wurde von einer breiten Öffentlichkeit verfolgt. Er gestand, pädophil zu sein und den Besitz und die Herstellung von zehntausenden Kindesmissbrauchsdarstellungen - und wurde dafür schuldig gesprochen.
Sachverständige durchsuchen Daten
Bei "Milborn" erklärte Datenforensiker Georg Jeitler, wie solche Ermittlungen ablaufen. Als Sachverständiger wird man von der Staatsanwaltschaft bestellt, um die Daten auszuwerten. Im ersten Schritt erfolge dann eine "Bestandsaufnahme". Das gehe auch mithilfe von künstlicher Intelligenz und internationalen Datenbanken. In diesen Datenbanken ist "das bereits bekannte Material" gespeichert - das spart Ermittlungsarbeit.
Zudem würden Transaktionen und der Kontakt mit anderen möglichen Tätern geprüft. "Wir untersuchen nicht nur, ob das Material da ist, sondern auch was passiert ist", sagte Jeitler. So werde geprüft, ob (meist im Darknet) Darstellungen von Kindesmissbrauch "nur" heruntergeladen wurden oder auch geteilt. Außerdem werde untersucht, ob Cyber-Grooming stattgefunden habe. Das bedeutet, dass Minderjährige im Netz direkt angesprochen wurden.
Aufpassen, "dass es nicht zur psychischen Belastung wird"
Für die Ermittler:innen ist die Arbeit an solchen Fällen schwierig. Jeitler spricht von "einer Herausforderung im Umgang mit Mitarbeitern". Man versuche deshalb, "die Fälle auf die Mitarbeiter zu verteilen". Manchmal erfolge die Untersuchung auch mit einer Schwarz-Weiß-Version der Bilder, um die mentale Belastung zu verringern.
"Wir müssen sehr aufpassen, dass das nicht zu psychischen Belastungen führt", meinte Jeitler dazu. Möglich sei etwa, die Ermittlungen unter Supervision durchzuführen.
Suche nach Ursprung der Daten
Nach den Opfern suche man als Datenforensiker aber nicht: "Das ist Polizeiarbeit", so Jeitler. Man würde aber Bilddaten abgleichen. Mit verschiedenen Tools werde untersucht, wie häufig Opfer vorkommen. Außerdem werde ermittelt, ob die Darstellungen vom Täter selbst oder im Umfeld erstellt wurden.
So würde bei Hausdurchsuchungen auch nach Kameras gesucht. Mithilfe von Metadaten könne man dann in den sichergestellten Dateien herausfinden, ob sie mit ebenjener Kamera aufgenommen wurden.
Dateimengen nur durchs Surfen?
Immer wieder fällt der Einwand, dass die Sammlung von Zehntausenden Missbrauchsdarstellungen auch allein durchs Surfen und "Drüberschauen" kommen könne. "Das kann tatsächlich schon stimmen", meinte der Datenforensiker. "Allerdings passiert das nicht ohne die Intention, das Material abzurufen irgendwo", wandte er ein.
Oft würden große Dateipakete aus dem Darknet heruntergeladen. So große Datensammlungen könnten aber durchaus auch wegen sogenannter "Vorschaudateien" entstehen.
Ermittler "personell unterbesetzt"
Im Bundeskriminalamt (BKA) sind nur sechs Beamte für die Identifizierung von Missbrauchsdarstellungen zuständig. "Es sind mehr als sechs Personen", die bei solchen Ermittlungen beteiligt sind, beteuerte Jeitler. Es sei aber auch klar, dass "sowohl Polizei als auch Justiz personell unterbesetzt sind", gerade im digitalen Raum.
Zusammenfassung
- Das Urteil im Fall Teichtmeister ließ die Emotionen hochkochen. Um Verfahren möglich zu machen, müssen Ermittler:innen teils riesige Datensätze nach strafbarem Material durchforsten.
- Bei "Milborn" erklärte Datenforensiker Georg Jeitler, wie solche Ermittlungen ablaufen.
- Im ersten Schritt erfolge eine "Bestandsaufnahme". Das gehe auch mit Hilfe von künstlicher Intelligenz und internationalen Datenbanken.
- Zudem würden Transaktionen und der Kontakt mit anderen möglichen Tätern geprüft. "Wir untersuchen nicht nur, ob das Material da ist, sondern auch was passiert ist", sagte Jeitler.
- Für die Ermittler:innen ist die Arbeit an solchen Fällen oft eine eine psychische Belastung.
- Nach den Opfern suche man als Datenforensiker aber nicht: "Das ist Polizeiarbeit", so Jeitler.