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Prozess um mutmaßlich zu Unrecht behauptete Vergewaltigung

Heute, 14:16 · Lesedauer 4 min

Weil sie einen jungen Mann fälschlicherweise der Vergewaltigung bezichtigt haben soll, hatte eine 19-Jährige am Mittwochnachmittag am Wiener Landesgericht Erklärungsbedarf. Die Staatsanwältin legte der jungen Frau Verleumdung und falsche Zeugenaussage zur Last. Für den von ihren ursprünglichen Angaben Betroffenen hatten diese gravierende Folgen: er verbrachte nach seinem 20. Geburtstag über 17 Stunden im Polizeiarrest.

Der junge Serbe war mit drei Freunden nach Wien gekommen, um hier seinen Geburtstag zu feiern. Die Gruppe mietete sich mehrere Tage in einer Airbnb-Wohnung ein. In einem Lokal lernte er am 20. Oktober die damals noch 18-Jährige kennen, die danach gemeinsam mit einer Freundin die jungen Männer in ihre Unterkunft begleitete. Dort kam es aus Sicht der Staatsanwaltschaft zu einvernehmlichem Sex. Am darauf folgenden Tag suchte die 18-Jährige mit derselben Freundin erneut die Wohnung auf und wurde mit dem 20-Jährigen erneut einvernehmlich intim. Da einer seiner Freunde - offenbar wider Erwarten - aber nicht an der Freundin der damals 18-Jährigen interessiert war, wurden die zwei jungen Frauen schließlich gebeten, die Wohnung zu verlassen.

Daraufhin erhielt der 20-Jährige von der Nummer der Angeklagten eine SMS, in der es - unterlegt mit einem blauen Herz-Emoji - hieß: "Have fun with the police." "Ich bin erschrocken", schilderte der junge Mann nun als Zeuge im Grauen Haus, "ich hatte keine Vorstellung, was passieren soll."

Klarheit hatte er kurze Zeit später erlangt, indem Polizeikräfte die Tür der Airbnb-Wohnung eintraten und den 20-Jährigen, der kein Deutsch spricht und sich mit den Beamten in gebrochenem Englisch verständigte, festnahmen. Ihm wurden vor den Augen seiner Freunde Handschellen angelegt und man brachte ihn in einem Arrestantenwagen zur nächsten Polizeiinspektion. Die 19-Jährige hatte ihn unter Angabe der Adresse, an der sie mit dem jungen Mann Sex gehabt hatte, wegen Vergewaltigung angezeigt.

Über 17 Stunden in Polizeigewahrsam

Der 20-Jährige befand sich vom 22. Oktober, 8.00 Uhr bis rund 1.00 Uhr des folgenden Tags in Polizeigewahrsam. Dann wurde die Festnahmeanordnung aufgehoben und der Unbescholtene konnte seine Zelle wieder verlassen, weil sich die junge Frau bei ihrer ausführlichen polizeilichen Einvernahme, bei der sie als Zeugin zur Wahrheit verpflichtet war, in Widersprüche verwickelt hatte. Das ließ die Polizei und die eingeschaltete Staatsanwaltschaft an der Stichhaltigkeit ihrer Angaben zweifeln. Die Festnahmeanordnung wurde aufgehoben. Der 20-Jährige durfte nach Hause reisen - er erreichte noch rechtzeitig den Flughafen, um den gebuchten Rückflug anzutreten.

Angeklagte bekannte sich "teilweise schuldig"

In weiterer Folge wurde gegen die Frau ein Ermittlungsverfahren eingeleitet und Anklage wegen Falschaussage und Verleumdung erhoben. Sie bekannte sich nun vor Gericht "teilweise schuldig". Auf die Frage der Richterin, was denn nun in der Wohnung passiert sei, behauptete sie hinsichtlich der ersten Nacht: "Ich kann mich nicht erinnern, weil wir in diesem Club viel Alkohol getrunken haben." Daraufhin wurden ihr die Aussagen ihrer Freundin vorgehalten, denen zufolge die Angeklagte ihr von einvernehmlichem Sex erzählt hatte, der "nicht so toll" gewesen sei.

An dieser Stelle erbaten Andreas Schweitzer und Sebastian Lesigang, die beiden Verteidiger der 19-Jährigen, eine Unterbrechung der Verhandlung, um sich mit ihrer Mandantin besprechen zu können. "Sie ist durcheinander. Sie ist sehr verwirrt. Sie fühlt sich geschädigt. Aber das, was in der Anklageschrift steht und erhoben worden ist, stimmt. Vor der Polizei hat sie nicht die Wahrheit gesagt. Es tut ihr leid, was passiert ist. Sie hat tatsächlich falsch ausgesagt", gab Schweitzer anschließend zu Protokoll.

"Ich entschuldige mich, es tut mir sehr leid. Ich möchte, dass mein Anwalt für mich spricht", sagte die Angeklagte im Anschluss. Um dann die Frage, ob es zu einvernehmlichem Sex gekommen sei, was sie zwischenzeitlich eingeräumt hatte, wieder zu relativieren: "Ich bin freiwillig dorthin gegangen. Ich habe ihn freiwillig geküsst. Ich habe ihn freiwillig umarmt. Aber das war nicht mein Wille, Sex mit ihm zu haben." Der Mann sei "viel größer als ich", sie habe sich "nicht wehren" können: "Ich habe ihm mehrmals gesagt, dass ich das nicht möchte. Ich hatte Panikattacken. Er wusste ganz genau, dass ich nicht mit ihm Sex haben möchte."

Das wies der 20-Jährige vehement zurück. "Ich habe nie das Gefühl gehabt, sie will das nicht", versicherte er dem Gericht. Er habe sich "absolut nicht" über den Willen der jungen Frau hinweggesetzt.

Die Verhandlung wurde zu ergänzenden Beweisaufnahmen auf unbestimmte Zeit vertagt. Beim nächsten Termin sollen die Freunde des 20-Jährigen aussagen.

Zusammenfassung
  • Eine 19-Jährige steht vor Gericht, weil sie einen 20-jährigen Mann fälschlicherweise der Vergewaltigung beschuldigt hat. Der Vorfall ereignete sich am 20. Oktober in Wien.
  • Der junge Serbe verbrachte über 17 Stunden in Polizeigewahrsam, nachdem die Angeklagte ihn bei der Polizei angezeigt hatte.
  • Die Angeklagte bekannte sich vor Gericht 'teilweise schuldig' und gab an, unter Alkoholeinfluss gestanden zu haben, was ihre Erinnerung an die Ereignisse beeinträchtigte.
  • Die Verteidigung der 19-Jährigen räumte ein, dass sie vor der Polizei falsche Aussagen gemacht hatte, und entschuldigte sich für die entstandenen Unannehmlichkeiten.
  • Der Prozess wurde vertagt, um weitere Beweise zu sammeln, insbesondere die Aussagen der Freunde des jungen Mannes, die beim nächsten Termin gehört werden sollen.