Kosten für den Linzer Westring steigen um 60 Prozent
Als Gründe werden Inflation und Teuerung, Folgen geopolitischer Entwicklungen, aber auch technische Unwägbarkeiten angegeben: Laut Asfinag seien rund 60 Prozent der Kostensteigerung auf "Wertanpassung, Indexanpassung und generelle Kostenentwicklung" zurückzuführen, 20 Prozent auf die Risikovorsorge, die unliebsame Überraschungen bei den Bauarbeiten, Lieferengpässe etc. abdecken soll, und weitere 20 Prozent auf technisch erforderliche Änderungen - etwa Anpassungen an den aktuellen Stand bei der Tunnellüftung etc.
Auch der Zeitplan verschiebt sich. Jener für den den ersten Bauabschnitt, die derzeit in Bau befindliche Donaubrücke, solle zwar halten und die Verkehrsfreigabe 2024 erfolgen. Etappe zwei werde aber erst ein bis eineinhalb Jahre später als geplant in Angriff genommen, so die Asfinag. Grund seien erschwerte Vorbereitungsarbeiten wie Baugrunderkundungen und Verzögerungen durch Corona. Der letzte Bauabschnitt des 4,7 Kilometer langen, weitgehend unterirdisch geführten Westrings soll frühestens 2035 - statt wie bisher geplant 2032 - für den Verkehr freigegeben werden.
Die Kosten des Westrings muss zu 85 Prozent die Asfinag tragen, das Land Oberösterreich zahlt zehn und die Stadt Linz fünf Prozent. Die nunmehrige Kostenexplosion bedeutet für die Stadt demnach Mehrkosten von 22 Millionen und für das Land rund 44 Millionen Euro. Von dem Projekt Abstand zu nehmen, ist für die Asfinag ungeachtet der Kostenentwicklung keine Option. "Die A26 funktioniert nur, wenn sie vollständig umgesetzt wird", meinte Asfinag-Geschäftsführer Andreas Fromm gegenüber den OÖN.
Auch das Land Oberösterreich steht weiter hinter dem Projekt. "Die nun bekanntgewordene enorme Kostensteigerung ist unerfreulich" und man werde genau prüfen, "wie sich diese massiven Mehrkosten im Detail zusammensetzen", so Finanzreferent LH Thomas Stelzer (ÖVP). "Im Sinne eines schonenden Einsatzes von Steuermitteln geht es jetzt darum, rasch Klarheit zu schaffen." Abrücken will man von dem Bauvorhaben aber nicht: "Die A26 ist eines der wichtigsten Projekte zur Verbesserung der Verkehrslage in Linz", ist Verkehrslandesrat Günther Steinkellner (FPÖ) überzeugt. Die A26 bringe "verkehrlichen Entlastung" und sei "Basis für weitere städtische Maßnahmen zur Erhöhung der Lebensqualität".
Der Grüne Klubobmann im Landtag, Severin Mayr, hingegen ist nicht wirklich überrascht: "Dass die Kosten kontinuierlich aus dem Ruder laufen, war in Echtzeit beobachtbar". Das Land Oberösterreich müsse aufhören, die Kosten für das "aus der Zeit gefallene Projekt" einfach achselzuckend zur Kenntnis zu nehmen. Es sei fahrlässig gewesen, keinen Deckel einzuziehen. "Mit den Kosten des Westrings hätte man nicht nur allen Bewohnerinnen und Bewohnern des Bezirks Rohrbach ein kostenloses Klimaticket für ihr gesamtes Erwerbsleben zur Verfügung stellen, sondern auch die Attraktivierung der Mühlkreisbahn ausfinanzieren können", so Mayr. Seine Parteikollegin, die Linzer Stadträtin Eva Schobesberger, forderte einen sofortigen Ausstieg der Stadt aus dem Projekt. "Sich mitten in der Klimakrise weiter an diesem Milliardengrab zu beteiligen, wäre an Verantwortungslosigkeit nicht mehr zu überbieten und eine klimapolitische Bankrotterklärung", so Schobesberger.
Der Linzer NEOS-Fraktionsvorsitzende Georg Redlhammer bezeichnete den Westring als "Fass ohne Boden". Mit dem Geld, das nun nachgeschossen werden müsse, hätte "im Bereich des Öffentlichen Verkehrs, bei den P+R-Anlagen und bei der Kinderbildung im ganzen Land schon viel weitergehen können". Gemeinderat Lorenz Potocnik von der Liste Linz+ forderte den Ausstieg aus dem "irren Projekt", für das horrende Summen ausgegeben werden, während der Öffentliche und der Radverkehr nicht vom Fleck kommen würden. Ähnlich KPÖ-Gemeinderat Michael Schmida: "Jeder Cent der noch immer in den Ausbau des hochrangigen Straßennetzes gesteckt wird, ist ein Cent zu viel." Man müsse "raus aus dem Milliardengrab und rein in die Mobilitätswende".
Die Linzer Freiheitlichen sind indes der Ansicht, dass der Westring wegen der verkehrsentlastenden Wirkung "unbedingt fertig gebaut werden" müsse. Nicht nur höhere Materialkosten "sondern vor allem auch die jahrzehntelang politisch motivierte Verzögerung des Jahrhundertprojekts durch seine Gegner" hätten zu der Kostensteigerung geführt, meint Sicherheitsstadtrat Michael Raml.
Die Initiatoren der - an der Unterschriftenhürde gescheiterten - Volksbefragung gegen den Westring forderten Infrastrukturministerin Leonore Gewessler (Grüne) auf, "die Reißleine zu ziehen und diesen sündteuren, klimafeindlichen und nur stauverlagernden Schildbürgerstreich zu stoppen". Das Geld sollte eher in längst überfällig Infrastrukturprojekte wie Schnellbahnen ins Mühlviertel fließen.
Zusammenfassung
- Die Kosten für den Linzer Westring (A26) explodieren: Sie sollen zum wiederholten Male deutlich steigen, diesmal gleich um rund 60 Prozent - konkret um 440 Millionen auf 1,19 Milliarden Euro.
- Die Kosten des Westrings muss zu 85 Prozent die Asfinag tragen, das Land Oberösterreich zahlt zehn und die Stadt Linz fünf Prozent.
- Seine Parteikollegin, die Linzer Stadträtin Eva Schobesberger, forderte einen sofortigen Ausstieg der Stadt aus dem Projekt.