APA/BARBARA GINDL

Corona-Deals: WKStA ermittelt auch gegen Rot-Kreuz-Tochter

Entscheidungsträger des Roten Kreuzes könnten dazu beigetragen haben, die Republik Österreich um mehr als 20 Millionen Euro zu schädigen - die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt. Es geht um die Beschaffung von Corona-Schutzausrüstung aus China über Südtirol.

Im Frühling 2020, zu Beginn der Corona-Pandemie in Österreich, herrschte helle Aufregung. Österreich - und auch viele andere Staaten - mussten rasch Schutzausrüstung und Masken beschaffen. 

Fündig wurde Österreich zunächst in Südtirol. Der italienische Oberalp-Konzern, der vor allem Sportbekleidung (Salewa) herstellt, hatte Kontakte nach China, wo es Masken und Schutzausrüstung gab. Der Konzern machte ein gutes Geschäft und auch die Politik feierte sich dafür. Dabei soll aber einiges schief gelaufen sein - Vorwürfe gibt es gegen eine Tochter des Roten Kreuzes, aber nicht nur. 

Gutachten warnten vor mangelhaften Masken

Aus China kamen im Rahmen des Deals Hunderttausende mangelhafte Masken ins Land. Das hätte man ahnen können, denn schon früh warnten zwei Gutachten: Das deutsche Institut Dekra und das österreichische Bundesheer hatte die Masken geprüft. 

Dieter Kandlhofer, damals Generalsekretär im Verteidigungsministerium, gab laut "Standard" gegenüber den Ermittlern der WKStA an, dass er vom kritischen Gutachten des Bundesheeres am 29. März 2020 erfahren habe. Da waren die Masken schon unterwegs zu Südtiroler Gesundheitseinrichtungen, das Rote Kreuz plante bei Oberalp den Einkauf für Österreich. 

Kandlhofer soll noch an diesem Tag mit dem Oberalp-Chef telefoniert haben, der dann in einer internen Mail geschrieben haben soll: "Nach dem Telefonat mit dem Generalsekretär des Verteidigungsministeriums: Das Gutachten (…) bleibt unter Verschluss." Kandlhofer soll laut "Standard" zu den Ermittlern gesagt haben: Er habe Oberalp mitgeteilt, dass es dem Verteidigungsministerium rechtlich nicht möglich sei, das Gutachten zu veröffentlichen. 

Rotes Kreuz wusste davon nichts

Das Rote Kreuz wiederum, das von der Republik beauftragt worden war, Corona-Schutzausrüstung zu besorgen, soll zu diesem Zeitpunkt laut aktuellem Ermittlungsstand nichts vom Gutachten der Heeresprüfer gewusst haben, berichtet der "Standard". Gegen eine Tochter des Roten Kreuzes sollen sich jedoch andere Verdachtsmomente ergeben haben.

Den Oberalp-Managern wirft die WKStA hingegen vor, die Organisation getäuscht und somit "schweren Betrug" begangen zu haben. Es sei verschwiegen worden, dass Zertifikate gefehlt hätten, dass Testberichte gefälscht und vereinbarte Qualitäts-Standards nicht eingehalten worden seien. Die Republik sei dadurch um mindestens 15,62 Millionen Euro geschädigt worden, heißt es im Ermittlungsakt, so der "Standard". 

Verdacht gegen Rot-Kreuz-Tochter

Jedoch sollen sich im Zuge der Ermittlungen auch Verdachtsmomente gegen die Rot-Kreuz-Tochter, die ÖRK Einkauf & Service GmbH (ÖRK E&S), ergeben haben, wie der "Standard" schreibt. Dabei soll es nicht um Masken, sondern um Schutzanzüge gehen. 

Vertreter des Roten Kreuzes hätten gewusst, dass man die "aseptischen Schutzanzüge" von Oberalp in Österreich nicht in Umlauf hätte bringen dürfen, so der Vorwurf. Die Verantwortlichen der Republik seien darauf nicht hingewiesen worden. Der Schaden betrage rund 24 Millionen Euro.

Anzeige wegen der beiden Deals - Masken und Schutzanzüge - hatte übrigens die Finanzprokuratur als Anwältin der Republik erstattet. Ermittelt wird laut "Standard" auch gegen einen früheren Rot-Kreuz-Manager und bislang unbekannte Verdächtige.

"Zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen"

Die Entscheidungsträger beim Roten Kreuz hätten "rechtswidrig und schuldhaft" gehandelt, die "zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen" und damit dazu beigetragen, die Republik Österreich um mehr als zwanzig Millionen Euro zu schädigen, so die Vorwürfe. 

Das Rote Kreuz teilte dem "Standard" mit: "Die Beschaffungsmaßnahmen wurden dabei im Auftrag der Republik Österreich umfangreich geprüft und der ÖRK E&S dabei ein gutes Zeugnis ausgestellt. Ein Lieferant ist in Italien und Österreich Gegenstand von Ermittlungen. Dazu leisten wir unseren Beitrag im Rahmen des rechtsstaatlichen Verfahrens." Oberalp sei nicht erreichbar gewesen. Für alle gilt die Unschuldsvermutung.

ribbon Zusammenfassung
  • Die WKStA wirft einer Rot-Kreuz-Tochter vor, dazu beigetragen zu haben, die Republik Österreich um mehr als zwanzig Millionen Euro zu schädigen.
  • Die WKStA ermittelt gegen die Einkaufstochter des Roten Kreuzes, die ÖRK Einkauf & Service GmbH (ÖRK E&S), zudem werden ein früherer Rot-Kreuz-Manager und bislang unbekannte Täter als Beschuldigte geführt.
  • Es geht um die Beschaffung von Masken und Schutzausrüstung zu Anfang der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020, als Österreich händeringend nach Schutzmaterial suchte.
  • Vertreter des Roten Kreuzes hätten gewusst, dass man die "aseptischen Schutzanzüge" von Oberalp in Österreich nicht in Umlauf hätte bringen dürfen, so der Vorwurf.
  • Es gilt die Unschuldsvermutung.