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Tödliche Messerattacke: Prozess in Tirol gegen Mann vertagt

01. Apr. 2025 · Lesedauer 5 min

Der Mordprozess gegen einen 46-jährigen Tiroler nach einer tödlichen Messerattacke auf einen 54-Jährigen Ende Oktober 2023 im Tiroler Fieberbrunn (Bezirk Kitzbühel) ist am Dienstag am Landesgericht Innsbruck vertagt worden. Der Angeklagte bekannte sich eingangs "nicht schuldig", sein Verteidiger sprach von einem "massiven Kampf" zwischen den beiden Männern und von "Notwehr" seines Mandanten. Der Prozess soll am 12. Mai fortgesetzt werden.

Zur Vertagung war es aufgrund zahlreicher vom Verteidiger des Mannes, Franz Essl, gestellten Beweisanträgen gekommen. So wollte der Anwalt etwa ein medizinisches Gutachten einholen lassen sowie weitere Zeugen laden. "Angesichts dieser Fülle an Anträgen und der fortgeschrittenen Zeit behalten wir uns die Entscheidung über die Anträge vor und vertagen", sagte die vorsitzende Richterin Andrea Wegscheider im Namen des Richtersenats.

Zu Beginn des Prozesses verteidigte sich der 46-Jährige mit dem Argument der Notwehr. Sein späteres Opfer habe er nur "flüchtig gekannt", dieses sei vor allem ein guter Bekannter seiner damaligen Lebensgefährtin gewesen. "Der 30. Oktober 2023 ist ein schwarzer Tag in meinem Leben", berichtete der Angeklagte: "Wie diese Tragödie zustande kam, ist mir nach wie vor unbegreiflich."

In seiner Wohnung sei es im Zuge eines heftigen Streits, der sich unter anderem um Beziehungsdinge drehte und unter Einfluss von Kokain und Medikamenten stattfand, aber um nicht weniger als um Leben und Tod gegangen. Vorangegangen sei diesem Konsum bei ihm zuhause der zweitägige gemeinsame "Genuss von Rauschmitteln" im Zillertal, bei dem man sich auch zum Teil "spätpubertär verhielt und Spaß hatte", gab der Angeklagte zu Protokoll.

Doch die Stimmung sei schließlich später in den eigenen vier Wänden massiv gekippt. "Ich wurde nach ein paar Stunden Schlaf nach unserem Drogenrausch unvermittelt von ihm, als ich auf der Couch schlief, angegriffen und gewürgt", erinnerte sich der 46-Jährige. "Mit einem Verteidigungsgriff und Nasenbissen konnte ich mich aber schließlich befreien." Danach sei es zu einer Rauferei gekommen und in der Nähe ein Messer von einem Tisch gefallen. Beide hätten im Anschluss zum Messer gegriffen. "Ich war aber schneller", führte der Tiroler aus. Danach habe er das Messer "mit voller Wucht irgendwohin gestochen": "Es war eine rein intuitive und instinktive Handlung."

Kastner: "Kein Hinweis auf eine tiefgreifende Bewusstseinsstörung"

Gerichtspsychiaterin Adelheid Kastner attestierte ihm jedenfalls "Zurechnungsfähigkeit". "Es gibt absolut keinen Hinweis auf eine tiefgreifende Bewusstseinsstörung oder eine psychische Erkrankung", referierte sie ihr Gutachten. Zudem handelte der Mann "blitzschnell und gerichtet und war orientiert", was eine Unzurechnungsfähigkeit und auch eine Einschränkung der Zurechnungsfähigkeit faktisch ausschließe. Beleg dafür sei auch die Art und Weise, wie er die Vorfälle schildere: "Er hat im Wesentlichen alles seit jeher chronologisch richtig schildern können."

Die Gerichtsmedizinerin Elke Doberentz, die ein von Walter Rabl erstelltes Gutachten vortrug, gab ausgehend von der Obduktion der Leiche Einblicke in das mögliche Tatgeschehen. "Es hat zweifellos eine sehr starke Gewalteinwirkung gegeben", sagte sie. Der 54-jährige Mann sei aufgrund einer tiefen Einstichverletzung und seines anschließenden Verblutens verstorben. Dass der Angeklagte sein Opfer gewürgt habe, sei zudem unstrittig. "Es waren wohl so 20 bis 30 Sekunden", erklärte sie. Man könne jedoch nicht zweifelsfrei auf eine Bewusstlosigkeit des Mannes schließen, bevor es zum tödlichen Stich kam. "Normalerweise tritt eine Bewusstlosigkeit erst nach einer bis zwei Minuten ein", hielt die Expertin fest.

Staatsanwalt: Tödlicher Stich nach Bewusstlosigkeit des Opfers

Zuvor hatte Staatsanwalt Hannes Wandl die Umstände, die aus Sicht der Anklagebehörde schließlich zur Tötung des 54-jährigen Mannes führten, geschildert. Nach dem gemeinsamen Drogenkonsum sei es wohl nach einer Auseinandersetzung zunächst zu einem Würgen bis zur Bewusstlosigkeit und schließlich zum "tödlichen Stich in die rechte Halsseite" gekommen. "Dass es zu dem tödlichen Stich kam, streitet der Angeklagte auch gar nicht ab", erklärte der Staatsanwalt weiter. Mittlerweile verantworte er sich aber so, dass es "aus Notwehr" geschehen sei, da ihn sein späteres Opfer massiv zu attackieren und zu verletzen versucht habe. "Er oder ich" sei dann das Motto gewesen, nach dem der 46-Jährige gehandelt haben will, skizzierte der Staatsanwalt dessen Verantwortung. Doch dem sei definitiv nicht so: "Sein Opfer war nach dem Würgen bereits bewusstlos und somit war es ganz klar Mord."

Verteidiger ortete "Todesangst" bei seinem Mandanten

Der Verteidiger des beschuldigten Unternehmers schilderte die Situation und die Umstände gänzlich anders. "Mein Mandant hat eine Attacke von seinem mutmaßlichen Opfer abgewehrt und hatte Todesangst", führte der Anwalt aus. Er habe sich beispielsweise mit einer E-Zigarette "vehement gewehrt", was körperlich beim Leichnam auch sichtbar sei. "Man begeht in der eigenen Wohnung einfach kein Tötungsdelikt", argumentierte der Verteidiger und bezeichnete den Getöteten unter anderem als "Zuhälter und Drogenhändler", der mit der Lebensgefährtin des Angeklagten unter einer Decke gesteckt habe. "Seine Lebensgefährtin wollte meinem Mandanten gemeinsam mit ihm noch mehr Geld herauspressen", meinte der Rechtsanwalt und spielte damit auf den vermeintlichen Kontext an, der zum Streit der beiden Männer geführt habe.

Im Vorfeld der Verhandlung war das Motiv unbekannt geblieben. Die polizeiliche Einvernahme war nach der Festnahme des Verdächtigen abgebrochen worden. Ende Oktober 2023 war der 54-Jährige in der Wohnung des Angeklagten mit Stichverletzungen am Hals aufgefunden worden. Zur Tat soll es im Zuge eines Streits mit einem Küchenmesser gekommen sein, die beiden Männer kannten einander. Der 46-Jährige stand laut Polizei unter dem Einfluss von Rauschmitteln. Mutmaßlich wollte das spätere Opfer zwischen dem Beschuldigten und seiner Lebensgefährtin in einer Beziehungskrise "vermitteln", damit es im Beziehungsstreit zu einer "außergerichtlichen Einigung" kommen könne. Im Falle einer Verurteilung drohte dem Angeklagten eine bis zu lebenslange Haft.

Zusammenfassung
  • Der Mordprozess gegen einen 46-jährigen Tiroler wurde am Landesgericht Innsbruck vertagt und soll am 12. Mai fortgesetzt werden.
  • Der Angeklagte bekannte sich 'nicht schuldig' und beruft sich auf Notwehr, während der Staatsanwalt von einem Mord nach Bewusstlosigkeit des Opfers spricht.
  • Eine Gerichtspsychiaterin attestierte dem Angeklagten Zurechnungsfähigkeit, was eine tiefgreifende Bewusstseinsstörung ausschließt.
  • Der Verteidiger des Angeklagten stellte zahlreiche Beweisanträge, darunter ein medizinisches Gutachten und das Laden weiterer Zeugen.
  • Der tödliche Vorfall ereignete sich nach einem Streit unter Drogeneinfluss, bei dem das Opfer eine Stichverletzung am Hals erlitt.