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Italienische Ermittler hörten bei Deal um fehlerhafte FFP2-Masken mit

Nicht nur in Österreich, auch in Italien wird wegen mutmaßlich fehlerhafter FFP2-Masken im Millionenwert ermittelt. Während in Österreich der Chef einer Rot-Kreuz-Tochter als Zeuge geführt wird, sehen die Italiener ihre Rolle kritischer.

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ermittelt wegen des Verdachts des schweren Betruges im Zusammenhang mit der Lieferung von Millionen fehlerhafter FFP2-Masken. Mitte Jänner kam es deshalb auch zu Hausdurchsuchungen in Salzburg bei der Südtiroler Firma Oberalp und in Wien bei einer Tochtergesellschaft des Roten Kreuzes, die für den Einkauf zuständig ist. Der Chef der Rot-Kreuz-Tochter wird in Österreich als Zeuge geführt.

Die Bozener Staatsanwaltschaft hatte laut "Standard" zu der Causa italienische Beschuldige abgehört und dabei auch heimischen Spitzenbeamten gelauscht. Die Razzien in Österreich wurden auf Bestreben der dortigen Staatsanwaltschaft umgesetzt.

Österreich zahlte laut "Standard" insgesamt 41,5 Millionen Euro an die Südtiroler Firma Oberalp, rund 15 davon für Masken. Die Finanzprokuratur zeigte den Fall bei der WKStA an. 11,7 Millionen Masken sollen nicht den Qualitätsstandards entsprochen haben und die Südtiroler soll nicht bereit gewesen sein, den Kaufpreis zurückzuzahlen. Es bestehe der Verdacht, dass Österreich getäuscht wurde. Die Beteiligten bestreiten die Vorwürfe. Oberalp wiederum gibt an, in der Sache "vermittelt und vorfinanziert" zu haben, nicht mehr. Für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung. 

Kurz organisierte Transport

Die Südtiroler Firma Oberalp soll Anfang 2020 damals schwer zu bekommende FFP2-Masken aus China importiert haben. Erst sollte nur Südtirol beliefert werden, doch als man in Rom keinen Flug organisieren konnte, arrangierte der damalige Bundeskanzler Sebastian Kurz zwei AUA-Maschinen, die die Ware nach Wien holten. Ein Teil der Masken blieb nach dem Transport in Österreich, der Rest wurde weitertransportiert. 

Mängel schon bei erster Lieferung

Das Rote Kreuz bekam laut Aussage seines Generalsekretärs Gerald Foitik ein "zum damaligen Zeitpunkt" sehr günstiges Angebot. Aber schon nach der ersten Lieferung wurden Mängel an den Masken festgestellt. Ein Beamter des Verteidigungsministeriums informierte das Wirtschaftsministerium, den Zuständigen beim Roten Kreuz und den Geschäftsführer von Oberalp. Weitere Masken sollten getestet werden. Weil die Zertifizierungsstelle Dekar und das österreichische Amt für Rüstung und Wehrtechnik (ARWT) feststellten, dass die Masken nicht für medizinische Zwecke geeignet waren, wurden keine Zertifikate ausgestellt. 

Der Geschäftsführer von Oberalp soll dem Rotkreuz-Mitarbeiter gesagt haben, dass er bereits versucht habe, das "Zertifizierungsfiasko politisch unter Kontrolle" zu bringen. Südtirols Landeshauptmann Arno Kompatscher, Tirols LH Günter Platter und Sebastian Kurz sollen sich deshalb "wohl gehört" haben. 

"Enge Beziehungen"

Die Liefervereinbarung zwischen dem Roten Kreuz und Oberalp kam trotz fehlender Zertifikate zustande. Laut "Standard", der Einsicht in italienische Justiz-Unterlagen bekam, glaubt die italienische Justiz, dass der Deal wegen der "engen Beziehungen" zwischen dem Oberalp-Geschäftsführer und hohen Vertretern des Roten Kreuzes, die ihm "vertrauliche Details preisgegeben" hätten, zustande kam. Die Argumente dafür stammen aus E-Mails und offenbar von Telefonüberwachungen.

Ende März soll der Oberalp-Chef seinen Mitarbeitern mitgeteilt haben, dass der Prüfbericht der Masken laut einem Beamten im Verteidigungsministerium unter Verschluss bleibe. Laut Ministerium werden Prüfberichte des ARWT nie öffentlich publiziert. 

20 Millionen Masken für 26,6 Millionen Euro

Österreichs Regierung schloss einen Vertrag über 20 Millionen Masken für 26,6 Millionen Euro mit Oberalp ab. Ende Mai sollen sich ein Mitarbeiter der Roten Kreuzes und der Oberalp-Chef über einen möglichen Ausstieg des Wirtschaftsministeriums aus dem Vertrag beraten haben, was mit den fehlerhaften Masken zu tun sei. Man diskutierte einen Verkauf an die Wirtschaftskammer oder Polizei, auch eine mögliche Klagsdrohung gegen die Republik, mit der Hoffnung, dass die Politik negative Presse vermeiden wollte. 

Zwei Millionen Provision? 

Italienische Ermittler nehmen an, dass zwei Millionen Euro Provision von der Regierung ans Rote Kreuz hätten fließen sollen. "Es ist korrekt, dass das Rote Kreuz 1,5 Prozent für seinen Arbeitsaufwand verrechnet hat, das ist weit unter den üblichen Marktpreisen. Es gibt noch keine Endabrechnung. Die Behörde prüft noch", heißt es laut "Standard" beim Roten Kreuz.

Weitere zehn Millionen Masken bestellt

Statt eines Vertragsaustritts wurden weitere zehn Millionen Masken bestellt. Das Rote Kreuz soll versichert haben, dass die Masken qualitativ hochwertig seien und man 1,5 Millionen weniger zahlen müsse. 25 Masken aus der ersten Tranche wurden in Folge Ende Juni 2000 vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen überprüft und für gut befunden. Die Masken wurden an die Bundesländer ausgeliefert, aber schon im Herbst wurden Mängel entdeckt und die Ware sei aus dem Verkehr gezogen worden. 

ribbon Zusammenfassung
  • Nicht nur in Österreich, auch in Italien wird wegen mutmaßlich fehlerhafter FFP2-Masken im Millionenwert ermittelt. Während in Österreich der Chef einer Rot-Kreuz-Tochter als Zeuge geführt wird, sehen die Italiener ihre Rolle kritischer.