Kommentar: Türkis-Blaue Geschichten
Seit Wochen kursieren die Gerüchte, dass Türkis einen fliegenden Koalitionswechsel von Grün zu Blau in Erwägung ziehen soll. Es soll dazu auch zu mehreren Treffen zwischen Norbert Hofer und Sebastian Kurz gekommen sein. Dass sich die beiden gut verstehen ist kein wirkliches Geheimnis, dass die Kanzlerpartei den Blauen ideologisch nähersteht als den Grünen, wird wohl auch niemanden wirklich überraschen, und dass der grüne Koalitionspartner bei vielen Türkisen noch nie gut angeschrieben gewesen war, dürfte sich auch bei weniger an der Politik Interessierten durchgesprochen haben.
Verstärkt hat sich die Aversion gegen den Juniorpartner durch die vielen Ermittlungen gegen türkises Politpersonal, die Schuldigen werden dabei im grün geführten Justizministerium verortet. Mehrheitlich weint man in der ÖVP, mit Abstrichen aus den Ländern, immer noch Türkis/Blau nach. Trotz der vielen freiheitlichen Einzelfälle, wird die Koalition immer noch als Erfolgsmodell gesehen.
Bei der FPÖ verhält es sich mittlerweile freilich umgekehrt. Hier steht Norbert Hofer in seiner offen zur Schau gestellten Zuneigung zur ÖVP alleine auf weiter Flur. Der Rest der Fraktion hat sich überwiegend dem manisch geführten Kickl-Feldzug gegen die ÖVP und im Besonderen gegen den Bundeskanzler angeschlossen. Hier wurden trotz ideologischer Nähe alle Verbindungen gekappt, eine Zusammenarbeit mit Herbert Kickl und der ÖVP scheint derzeit völlig ausgeschlossen. Das wissen auch die türkisen Strategen.
Trotz ungeliebtem Regierungspartner käme das Sprengen der dritte Koalition binnen weniger Jahre einer Selbstzerstörung gleich und das noch dazu mitten in einer Pandemie, heißt es aus dem Umfeld des Kanzlers. Der fliegende Wechsel zu den Blauen, genauso wie der vor Wochen kolportierte Absprung Richtung SPÖ, ist deshalb nur als weiteres Gerücht zu werten, das auf den ersten Blick Unruhe in die Regierung bringen soll, nach Informationen aus blauen Kreisen vor allem aber den blauen Hardlinern rund um Herbert Kickl nützen soll. Der eilig gefasste Beschluss, dass man mit der ÖVP nicht koalieren werde, ist deshalb mehr oder weniger als Frontalangriff auf Norbert Hofer zu verstehen. Seit Woche tobt innerhalb der FPÖ ein Richtungsstreit. Dem Parteiobmann wird intern schon länger ein zahnloser Kurs gegenüber der Regierung vorgeworfen, er selbst kommt mit der brachialen Oppositionspolitik von Kickl immer weniger zurecht.
Der Konflikt wird mittlerweile auf offener Bühne ausgetragen, im Maskenstreit stellt sich der blaue Parlamentsklub offen gegen Hofer und verweigert weiterhin das Tragen eines Mundschutzes. Die dritte Reihe wird bereits vorgeschickt dem Parteiobmann öffentlich auszurichten, er möge doch zur ÖVP wechseln. Das kommt schon fast einem Putsch gleich, heißt es innerhalb der Partei. Hofer wird nicht mehr lange zu halten sein, lancieren blaue Strategen bereits hinter vorgehaltener Hand, er wäre angeschlagen und überlege bereits selbst, Kickl den Vortritt zu lassen. Dabei soll sich schon längst nicht mehr die Frage ob, sondern nur mehr wann stellen.
Zusammenfassung
- Das Gerücht, dass die ÖVP einen fliegenden Wechsel zur den Freiheitlichen plant, ist in Wahrheit ein Frontalangriff auf Norbert Hofer aus der eigenen Partei.